Auftakt der Legislaturperiode: Von Rosenkränzen und Hail Marys
Am Donnerstag tritt der Nationalrat der 28. Gesetzgebungsperiode erstmalig zusammen. 183 Abgeordnete müssen angelobt werden – für die FPÖ ziehen 31 neue Mandatare und Mandatarinnen in den Nationalrat ein, aber auch bei der SPÖ sind einige neue Gesichter dabei. Bei ÖVP und Grünen wird man aufgrund von starken Verlusten vor allem bekannte Gesichter auf den Bänken sehen. Für NEOS steigen 7 neue Abgeordnete in den parlamentarischen Halbring unter der Glaskuppel. Gerade dieser Halbring wird übrigens auch farblich durchgemischt – laut neuer Sitzordnung soll statt der ÖVP künftig die FPÖ ganz rechts sitzen.
Neben den Angelobungen werden die Wahlen der drei Nationalratspräsident:innen die Tagesordnung dominieren. Als stärkste Fraktion obliegt es der FPÖ, einen Kandidaten für die Funktion des Nationalratspräsidenten vorzuschlagen. Die Wahl ist auf Walter Rosenkranz gefallen, langjähriger Abgeordneter zum Nationalrat, übergangsweise Klubobmann und zuletzt Volksanwalt. Ein Vorschlag, der kontroverser ausfallen hätte können – die Wahl eines Freiheitlichen ins „zweithöchste Amt im Staat“ muss aber jedenfalls wohlüberlegt sein. NEOS haben Rosenkranz darum am Mittwochnachmittag zum Gespräch geladen, um seine Einstellung zum Parlamentarismus und seine überparteiliche Haltung auf Herz und Nieren zu prüfen.
Für das Amt des Zweiten Nationalratspräsidenten schlägt die zweitplatzierte ÖVP Peter Haubner vor. Doris Bures wird auf Vorschlag der SPÖ wohl in Zukunft weiterhin im Präsidium vertreten sein, allerdings künftig als Dritte Nationalratspräsidentin.
Die Vorschläge der drei größten Parteien beruhen übrigens lediglich auf Usancen und sind nicht bindend – prinzipiell könnten die Abgeordneten bei der geheimen Wahl im Rahmen der Sitzung ihre Stimme auch jeder oder jedem anderen Abgeordneten geben. Ein Bruch mit parlamentarischen Gepflogenheiten sollte allerdings wohlüberlegt sein – schließlich profitieren gerade Oppositionsparteien von einigen parlamentarischen Traditionen, die ausschließlich auf Usancen beruhen, wie die Verteilung der Ausschussvorsitze nach Stimmenstärke.
Nach den Nationalratspräsident:innen geht es weiter mit Wahlen. Nach Schriftführer:innen (die den Nationalratspräsidenten beispielsweise bei Stimmzählungen unterstützen) und Ordner:innen (sie unterstützen bei der Leitung der Verhandlungen und bei der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Sitzungssaal) werden Hauptausschuss, Unvereinbarkeitsausschuss, Immunitätsausschuss, Budgetausschuss und Geschäftsordnungsausschuss gewählt. Diese Ausschüsse müssen laut Geschäftsordnung konstituiert werden und dienen für die kommende Zeit als Auffangbecken für alle Gesetzesvorhaben, die nicht warten können.
Viele werden das nicht sein, aber so ganz arbeitslos ist das Parlament in den nächsten Wochen nicht: Einzelne Vorhaben, wie das Paket rund um das Sanktionengesetz, das zurzeit als Ministerialentwurf vorliegt, könnten bereits im November in den Ausschuss kommen – ein Hail Mary in letzter Sekunde, um Österreich bei der nächsten Geldwäscheprüfung den Platz auf der grauen Liste inklusive verheerender Folgen für die österreichische Wirtschaft zu ersparen. Langweilig wird’s auch in der Übergangszeit nicht im Parlament.