Business à la Benko: So funktionierte das System Signa
Kaum ein Name hat die letzten Jahre so viel Aufsehen erregt wie René Benko. Zuerst, weil er als Rising Star der österreichischen Wirtschaft das Titelblatt des Trend zierte – heute, weil er die Schlagzeilen rund um Korruptionsvorwürfe, U-Ausschüsse und die größte Pleite der Zweiten Republik dominiert.
Die Geschichte von René Benko ist eine vielseitige. Da geht es um seine Tiroler Luxusvilla, die er als Teil des Unternehmens führen will. Ein Privatjet, den er zur Steuerschonung nutzen wollte. Um gute Kontakte in die Politik, die bei Finanzprüfungen gerne helfen. Und eine umstrittene Verschiebung des Steuersitzes von Wien nach Innsbruck.
Ein Imperium auf Pump
Wie René Benko Geld macht, das geht – oder ging – vereinfacht gesagt so: Zuerst kauft er neue Immobilien, um sie zu „entwickeln“. Das Geld dafür bekommt er von Banken auf Kredit – er ist also de facto im Minus. Bis die Immobilien allerdings „entwickelt“, also mehr wert sind, ist das Betongold nur für die Banken eine Sicherheit: Sollte Benko scheitern, kann er immer noch die Immobilien veräußern.
Dass der Wert der Immobilien steigt, ist klar. Denn die große Zeit des René Benko ist auch die sogenannte Nullzinsphase: eine Zeit, in der der sogenannte Leitzins, mit dem die EZB das Zinsniveau in der Eurozone vorgibt, gegen null geht. Das heißt: Schulden sind unglaublich billig, man zahlt kaum Zinsen. Und in einem Klima, in dem sich auch viele Österreicherinnen und Österreicher mit variablen Immo-Krediten verschuldet haben, heißt das für René Benko: Geld gibt es de facto gratis, solange Immobilien im Hintergrund sind.
Dazu kommt, dass Benko nicht alleine antanzt, wenn er frisches Geld will: Prominente aus der Politik wie Alfred Gusenbauer und Sebastian Kurz öffnen ihm Türen, wenn es um neue Investoren geht. Sie wollen von ihm profitieren, und mit ihren bekannten Namen geben sie Benko Glaubwürdigkeit.
Bis dahin klingt das nach etwas, was viele Immobilienentwickler tun: kaufen, wenn es günstig ist, und dann aufwerten, wenn man fette Profite machen kann. Das ist an sich noch nicht falsch. Das Verwerfliche folgt erst später.
Wie viel Geld Benko hat? Kommt drauf an, wer fragt
Zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, wie viel Benkos Immobilien wert sind. Die Antwort darauf schwankt nämlich je nachdem, wer fragt – und wann. Fragt das Finanzamt, hat Benko quasi nichts, er bekommt sogar eher Rückzahlungen. Fragen aber Banken und Investoren, ist er stinkreich.
Und das funktioniert im Wesentlichen durch Stückelung. Die Signa ist ein Konzern aus Hunderten von Unternehmen, in denen Benko nicht nur seine Immobilien, sondern auch seine Gewinne und Schulden hin und her schiebt. Um je nach Stichtag die Antwort vorlegen zu können, die ihm mehr Geld bringt: Steuerrückzahlungen und frisches Geld.
Der Trick mit der Umschichtung
Sagen wir also, es ist der 30. Juni, und die Signa stellt sich Investoren und Banken, weil sie mehr Geld braucht – immerhin will sie weiter wachsen. Das Unternehmen Signa A wird also eine Vielzahl an Immobilien und Gewinnen haben, ein topliquides Unternehmen. Eines, das definitiv mehr bekommen wird.
Und gleichzeitig steht im Hause Signa B der Steuerausgleich an. Gut, dass von dort mittlerweile die besten Immobilien abgezogen sind – die Signa B ist momentan hauptsächlich Kreditnehmer und schreibt Verluste. Daher zahlt die Signa B kaum Steuern. Bis die Signa A zahlen soll: Dann wird das bequem umgeschichtet. Und diese Geschichte multipliziert sich im unendlich langen Signa-Unternehmensstammbaum öfter, als wir zählen können.
Die Zinswende: Game over für Benko
Wir fassen also zusammen: Das „System Benko“ basiert auf guten Kontakten in die Politik, billigem Geld durch die Banken, der Sicherheit von Betongold – und strategischer Umschichtung in einem undurchsichtigen Konzern.
Überprüft wird heute vor allem der letzte Punkt: Immerhin geht es um Steuerhinterziehung und sogar Rückzahlungen an Benko, die nie gerechtfertigt gewesen wären. Gescheitert ist das System Benko aber an etwas anderem: am Ende des billigen Geldes.
Denn 2023 passiert vieles gleichzeitig, was Benko schadet. Der russische Überfall auf die Ukraine führt zu hohen Lebensmittel- und Energiepreisen, die Inflation steigt vor allem dort, wo man vom russischen Gas abhängig ist: Österreich und Deutschland. Dort, wo Benko seine Immobilien hat. Jetzt muss die EZB reagieren: und erhöht die Zinsen.
Das tut die Zentralbank, um Anreize zum Sparen zu geben. Schulden sind jetzt extrem teuer – und sogar die Immobilienpreise sinken. Das System René Benko bricht zusammen.