Dieses Gesetz blockiert Transparenz – potenziell für immer
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach vor einigen Jahren von der „Schönheit und Eleganz“ der Verfassung. Zwar lässt sich über Schönheit bekanntlich streiten, aber eines ist sicher: Über das neue Informationsfreiheitsgesetz wird das niemand sagen. Ganz im Gegenteil: Hans Kelsen würde sich wohl im Grab umdrehen.
Grundsätzlich wird das Amtsgeheimnis dem Namen nach abgeschafft. Stattdessen sollen die Bürgerinnen und Bürger ein Recht auf Informationen haben und nur in Ausnahmefällen, wie „zwingende integrations- und außenpolitische Gründe, im Interesse der nationalen Sicherheit, der Umfassenden Landesverteidigung oder Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“, keine erhalten.
Diese Informationen sollen auf data.gv.at proaktiv veröffentlicht werden. Dazu gehört, wie viel das neue Rathaus gekostet hat, welche Berater:innenverträge der Bürgermeister hat, welche Studien und Gutachten das Ministerium in Auftrag gibt etc. Umfasst davon sind Bund, Länder, Gemeinden sowie deren Unternehmen.
Klingt gut – aber der Teufel liegt wie immer im Detail.
Die große Ausnahme im Informationsfreiheitsgesetz
Denn Gemeinden unter 5.000 Einwohner:innen müssen Informationen nicht proaktiv veröffentlichen. Von 2.093 Gemeinden in Österreich müssen 1.834 nichts proaktiv veröffentlichen – ab Mitte 2025. Im Burgenland bedeutet das z.B., dass nur sechs von 171 Gemeinden die Informationsfreiheit einführen müssen.
Will man in einer der 1.834 Gemeinden eine Information haben, muss man dort einen formlosen Antrag stellen. Die Amtsleitung entscheidet dann, ob einer der oben genannten Gründe vorliegt oder nicht. Wird einem die Information verweigert, muss man als Bürger:in wiederum einen Antrag auf einen negativen Bescheid stellen. Einen automatischen Bescheid bekommt man nicht. Gegen diesen Bescheid legt man dann eine Bescheidbeschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht ein, das dann entscheidet, ob man die Information bekommt oder nicht.
Nun sind nicht alle Bürgerinnen und Bürger juristisch geschult oder auf Verwaltungsrecht spezialisiert. Die meisten Menschen haben Besseres zu tun, als wegen fehlender Informationserteilung vor Gericht zu ziehen. Dafür hätte es eine:n Informationsbeauftragte:n geben müssen, der oder die sich genau darum kümmert. Nur: So jemanden gibt es eben nicht. Wer in kleinen Gemeinden lebt, hat niemanden, an den man sich wenden kann. Niemand, der ihnen hilft, Einschätzungen gibt und in weiterer Folge das Informationsrecht für einen erstreitet.
Das Gesetz kann einfach ausgehebelt werden
Im Informationsfreiheitsgesetz ist normiert, dass das Gesetz Nachrang gegenüber anderen Informationszugangsregelungen hat – egal ob Bundes- oder Landesgesetz. Das bedeutet: Wenn ein Landesgesetz sagt, dass es zu einem gewissen Thema keine Auskunft gibt, ist das Gesetz nicht mehr anwendbar.
Als engagiertes Gemeindemitglied müsste man dann vor dem Verfassungsgerichtshof Recht bekommen, nur damit man die Informationen bekommt, die laut Informationsfreiheitsgesetz „frei zugänglich“ werden sollen. Intransparente Konstruktionen wie die COFAG – die Covid-Finanzierungsagentur – wären mit diesem Gesetz nach wie vor möglich.
Das Informationsfreiheitsgesetz zeigt, wer die Hosen anhat
Wer gedacht hätte, dass durch das Informationsfreiheitsgesetz nun endlich Transparenz in die Kammern und Sozialversicherungen kommt, irrt. Diese wurden explizit ausgenommen. Auch interessant ist, dass Landtage im Gegensatz zum Nationalrat oder Bundesrat nichts proaktiv veröffentlichen müssen.
Nun wird jeder sagen, dass kein Gesetz von Anfang an perfekt ist. Das ist ja auch der Grund, warum man Gesetze ändern kann. Das stimmt vielleicht grundsätzlich, aber bestimmt nicht für dieses Gesetz. Es gilt hier nämlich die sogenannte Ewigkeitsklausel: Alle neun Bundesländer müssen bei zukünftigen Änderungen dieses Gesetzes zustimmen. Und wer Österreich kennt, weiß, was das heißt: dass es das war. Ein für alle Mal.
Das neue Informationsfreiheitsgesetz verbessert zwar den Status quo – nur ist dieser so schlecht, dass es nur besser werden kann. Wenn volle Transparenz ein 100-Meter-Sprint wäre, wäre diese Ewigkeitsklausel der Beton, der uns nach 20 Metern zum Stehen bringt.