Diese Inserate zeigen ein Sittenbild der Medienkorruption
„Mission Vorwärts: Schraub an deiner Zukunft“. Mit diesen Worten wirbt das Bundesheer für die „Lehre beim Heer“ – mit Inseraten.
An und für sich klingt das nach einer langweiligen Geschichte. Das Heer darf immerhin, genau wie alles andere im öffentlichen Bereich, auf eigene Leistungen und Karrieremöglichkeiten hinweisen. In einem gesunden Medienmix, der in der Öffentlichkeitsarbeit gefragt ist, kommen da neben Werbung in Radio, TV und sozialen Medien eben auch Inserate hinzu – also Werbeschaltungen in Printprodukten.
Das Problem ist nur: Wir sind in Österreich. Und da dienen Inserate eben nicht immer der Information, sondern erfüllen auch politische Ziele. Das Stichwort „Inseratenkorruption“ fällt nicht umsonst immer wieder in Korruptionsaffären, Ermittlungsakten und Gerichtsverfahren: Politikerinnen und Politiker versuchen, über Werbegelder Einfluss auf Medien zu nehmen oder der eigenen Partei etwas zuzustecken.
Und darum muss man eben genau hinschauen, wenn es um Inserate geht. Wer bekommt wie viel? Warum? Und ist das wirklich gerechtfertigt? So kann man z.B. kritisch hinterfragen, warum Boulevardmedien so viel mehr bekommen als gewisse andere Medien. Klar, die Reichweite ist ein Argument, und es ist nur logisch, dass Ministerien und Co. unter anderem auf die reichweitenstärksten Medien abzielen. Aber ob die Medienlandschaft wirklich nur anhand von sachlichen Kriterien für Inserate vorgesehen ist? Daran gibt es Zweifel.
Brainstorming: Wo würdest du inserieren, wenn du entscheiden müsstest, wo man für eine Lehre beim Heer wirbt? Auf der einen Seite auf Social Media, sicher – immerhin nutzen junge Menschen soziale Medien mehr als Printprodukte. Aber wenn du etwas Gedrucktes im Medienmix dabei haben willst, wohin gehst du? Welches Medium spricht die Jungen am besten an?
Wenn es nach dem Bundesheer geht, ist die Antwort: das Magazin ab 5zig. Oder: Das Magazin des ÖVP-Seniorenbundes.
Auf dem Cover der aktuellen Ausgabe dieses Magazins – praktischerweise eingefärbt in der Corporate Identity der Österreichischen Volkspartei – sieht man die Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec, neben ihr wird die Titelgeschichte über „Traditionen und Bräuche“ angekündigt. Im Heft geht es um Trickbetrüger, Krankenhausaufenthalte und die Erfolge des ÖVP-Seniorenbundes. Das Magazin ist also vieles. Aber nichts, was Junge interessieren dürfte.
Der Transparenz halber: Hier teilt gerade ein Parteimedium gegen ein anderes aus, nur dass Materie als Medium des NEOS Parlamentsklubs keine Inserate nimmt. Es ist nicht mal überraschend, dass in diesem Medium inseriert wird – auf Seite 2 findet sich ein ganzseitiges Inserat der Bestattung Wien mit dem Titel „Was wünschen Sie sich für Ihren letzten Weg?“. Etwas makaber, aber das ist zumindest ein Thema, das wirklich für ältere Menschen interessant und damit grundsätzlich nicht ungeeignet für dieses Medium ist.
Das Problem dahinter ist ein viel größeres: Hier wandert Steuergeld aus dem ÖVP-geführten Verteidigungsministerium in den ÖVP-Seniorenbund. Und ob Seniorinnen und Senioren wirklich die „Influencer der Generation Z“ sind, darf bezweifelt werden. Diese Stellungnahme zitiert zumindest der Falter, der zuerst über die fragwürdigen Inserate berichtet hat. Dessen Chefredakteur Florian Klenk fasst die Causa so zusammen:
„Der Staat finanziert also freihändig ÖVP-Broschüren mit Inseraten, die dort keiner braucht. Kann das sein?“
Eine berechtigte Frage, und die Antwort ist: Er kann. Solange es keine transparenten und nachvollziehbaren Kriterien für Inserate gibt, kann der Staat – und das sind nicht nur Ministerien, sondern auch z.B. die Länder – freihändig Steuergeld vergeben. Und es ist nicht das erste Mal, dass damit fragwürdige Projekte finanziert werden: Das ebenfalls ÖVP-geführte Innenministerium etwa inserierte bereits in rechten Medien, die der FPÖ nahestehen. So auch die schwarz-blaue Landesregierung in Oberösterreich: Dort fließt Steuergeld ganz offiziell in Parteimedien.
Für Parteien kann das Mediengeschäft generell lukrativ sein. Aus dem Wirtschaftsbund Vorarlberg etwa, also dem ÖVP-Bund im Wirtschaftskammer-Parlament, sollen etwa Inseratengelder an die Partei geflossen sein. Der Bauernbund wiederum soll, vertreten durch den damaligen Direktor und heutigen Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, im schwarz eingefärbten Finanzministerium Inserate „gekeilt“ haben.
Aber man kann auch nicht über Inseratenkorruption sprechen, ohne die SPÖ zu erwähnen – die Inseratenaffäre um Werner Faymann und fragwürdige Werbeflüsse durch die ÖBB etwa legte dafür den handwerklichen Grundstein. Und auch die Stadt Wien ist für ihr Anzeigenvolumen berüchtigt – das durch die aktuelle Stadtregierung zumindest transparenter wurde. Auch das Inserieren in Parteimedien ist in Wien mittlerweile verboten.
Um versteckte Parteienfinanzierung zu verhindern, wäre so ein Verbot unbedingt notwendig, begleitet von transparenten Kriterien für die Inseratenpolitik des Staates. Bis dahin wird weiter so getan werden, als wären Seniorinnen und Senioren die „Influencer der Generation Z“ – und wir werden für dumm verkauft.