Fight Club COFAG-Beirat
Die erste Regel des COFAG-Beirats lautet: Ihr verliert KEIN WORT über den COFAG-Beirat.
Der Plan der Bundesregierung, Milliarden an COVID-Wirtschaftshilfen über eine neue Förderstelle laufen zu lassen, ließ wohl schon in der Vorbereitung Kritik erahnen. Etwa dass das Parlament keine Kontrolle oder Einsicht hatte. Um einen gewissen Grad an Kontrolle behaupten zu können, bekam die COFAG also ein zusätzliches Organ: den COFAG-Beirat.
Dieses Gremium wurde nach gewohntem Muster besetzt: Vom Finanzministerium wurden zwei Professoren nominiert, und sonst hatten Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer und Industriellenvereinigung je einen Sitz. Sehr österreichisch also. Die parlamentarische Kontrolle sollte dadurch gewährleistet sein, dass alle Parlamentsparteien ein Mitglied entsenden durften. Über diesen Punkt gingen die Meinungen jedoch stark auseinander.
Was der COFAG-Beirat hätte sein sollen
Der Beirat kam alle zwei Wochen zusammen, um gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und der Geschäftsführung wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der COFAG zu erörtern. Dabei hatte jedes Mitglied des Beirats einen Zugang zu einem elektronischen Datenraum, der es ihm ermöglichte, jederzeit Einblick in sämtliche von der COFAG bearbeiteten Anträge zu nehmen. Mit dieser Form der Zusammenarbeit sollten Leistungen und Services der COFAG verbessert werden.
Der COFAG-Beirat hatte aber nicht nur die Befugnis, einzelne Anträge zu kontrollieren – er hatte in gewissen Fällen auch ein „suspensives Veto“. Bedeutet: Für Entscheidungen über Garantien über 25 Millionen Euro und Zuschüsse über 800.000 Euro war die Genehmigung des Beirats erforderlich. Sollte vom Vetorecht Gebrauch gemacht werden, musste der betreffende Antrag erneut vom Aufsichtsrat geprüft und behandelt werden, bevor eine abschließende Entscheidung getroffen würde.
Es gab aber auch Ausnahmen bei der Einbindung der COFAG-Organe, wie der Rechnungshof feststellte. Bei der Förder-Bazooka Umsatzersatz beispielsweise – über die 3,3 Milliarden Euro ausbezahlt wurden – konnten weder der Aufsichtsrat noch der Beirat mitreden. Ein perfekter Zufall: Gerade für jenes Instrument, das wegen der ziellosen Überförderung am meisten in der Kritik stand, wurde also noch weniger Kontrolle sichergestellt.
Ein Gremium mit Schweigepflicht
Der Plan, durch Einbindung aller politischen Parteien kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, scheiterte aufgrund einer sehr restriktiven Verschwiegenheitspflicht. Die Opposition befürchtete, dass die Beiratsmitglieder selbst bei berechtigten Bedenken zur Vorgehensweise innerhalb der COFAG keine öffentliche Debatte darüber führen würden – weil sie nicht könnten bzw. dürften. Nicht einmal mit Parteikollegen dürften diese sich dann über Missstände unterhalten.
Andererseits würde in der politischen Auseinandersetzung auch jede Kritik an den einzelnen Hilfsinstrumenten oder der Abwicklung durch die COFAG vonseiten der Regierungsparteien mit einfachem Verweis auf den Sitz im COFAG-Beirat jede Legitimität im öffentlichen Diskurs genommen werden. Die Opposition sah die parlamentarische Kontrolle durch den Beirat in dieser Ausgestaltung somit nicht als gegeben, bezeichnete diesen als „Maulkorb“ und lehnte eine Teilnahme ab. Vonseiten der Bundesregierung wurde seitdem darauf hingewiesen, dass Möglichkeiten der parlamentarischen Kontrolle geschaffen, aber grundlos ausgeschlagen wurden, um politisches Kleingeld zu machen.
Symbolbild, produziert mit Midjourney AI
Der Rechnungshof übt deutliche Kritik
Der Rechnungshof fand in seinem Bericht klare Worte zum COFAG-Beirat: Aus seiner Sicht entstand für politische Mandatar:innen durch eine Tätigkeit im Beirat „ein Spannungsverhältnis zu ihrer Verpflichtung gegenüber dem öffentlichen Interesse, im Sinne von Information und Transparenz sowie politischer Kontrolle im Nationalrat.“
Das Finanzministerium sowie die COFAG versuchten zwar die Kritikpunkte zu entkräften. Nichtsdestotrotz hielt der Rechnungshof fest, dass die Vertraulichkeit von Informationen sehr weitreichend definiert wurde. Ausgenommen waren ja nur Informationen, die dem Beiratsmitglied nachweislich bereits vor seiner Beiratsfunktion bekannt oder öffentlich zugänglich waren. Der Rechnungshof blieb daher bei seiner Feststellung, dass der Beirat „wenig Spielraum hatte, die Transparenz von Entscheidungen sicherzustellen“.
Selbstverständlich mussten die zahlreichen Informationen, die Unternehmen in ihren Anträgen preisgaben, vor Missbrauch geschützt werden. Kritische Stimmen sahen sich jedoch in ihrer Einschätzung bestätigt, dass keine ordnungsgemäße parlamentarische Kontrolle gewährleistet war, und erwarteten sich entsprechende Reaktionen. Transparenz soll ja dem öffentlichen Diskurs dienen – mit Maulkorb bleibt dieser im Ansatz stecken. Die klaren wie kritischen Worte verhallten jedoch im Finanzministerium, und noch immer hört man von den Regierungsparteien die gleichen Rechtfertigungen. Ganz als ob nichts gewesen wäre.
Ein Beirat ohne Kampfbereitschaft
Alles, was wir über die Aktivitäten des strittigen COFAG-Beirats wissen, verdanken wir also dem Rechnungshof. In einigen Fällen haben einzelne Beiratsmitglieder laut Rechnungshofbericht angeboten, sich bei politischen Angelegenheiten gezielt für finanzielle Maßnahmen zugunsten von Unternehmen einzusetzen. Ihr Ziel war es, politische Entscheidungsträger:innen zu sensibilisieren – sei es durch die Optimierung bestehender Instrumente oder die Schaffung neuer Instrumente, um die Attraktivität für Unternehmen zu steigern. Eine Feststellung, die sehr viel bedeuten kann. Wegen der erwähnten „ersten Regel“ des COFAG-Beirats wissen wir leider auch dazu nicht mehr.
Dank des Rechnungshofs wissen wir auch, dass der Beirat von seinem Vetorecht in keinem Fall Gebrauch machte, während sich im Aufsichtsrat in vier Fällen einzelne Aufsichtsratsmitglieder laut Sitzungsprotokoll zumindest der Stimme enthielten. Im Nachhinein wirkt dieses „Kontrollorgan“ also streichelweich – um diesen Geheimclub wurde viel mehr gekämpft als darin. Bis auf die strengen Verschwiegenheitsregeln scheint der COFAG-Beirat also wenig mit dem Fight Club aus dem 90er-Jahre-Film mit Brad Pitt gemein zu haben.