Frühjahrsputz im Förder-Dschungel: In 7 Schritten zu einem schlanken Förderwesen
Der Frühling ist da – und ganz Österreich sagt dem winterlichen Ballast in Wohnung, Kleiderschrank und Bauch den Kampf an. Nur an Österreichs Fördersystem geht dieser Trend zur schlanken Linie und minimalistischen Schränken spurlos vorüber: und zwar jedes Jahr.
Wie Jahresringe gesellen sich mit jeder Regierung neue Förder-Speckgürtel zu den bereits bestehenden. Insgesamt 37,9 Milliarden Euro gab allein der Bund im Jahr 2022 für Förderungen aus. Seit 2013 verdoppelten sich somit die Ausgaben nahezu: +98,8 Prozent. Die Inflation stieg im Vergleichszeitraum nur um 30,1 Prozent.
Ein Teil des Anstiegs ist natürlich krisenbedingt – Stichwort Covid- und Teuerungskrise –, allerdings zeigt der Trend für 2023 und 2024 bereits, dass sich die Förderausgaben nach der Krise auf deutlich höherem Niveau einpendeln als davor. So fließen 2023 und 2024 im Schnitt 6,5 Prozent des BIP in Förderungen, in den Jahren 2008–2019 waren es im Schnitt nur 5,4 Prozent. Dieser extra Prozentpunkt kostet rund 4,5 Milliarden Euro im Jahr.
Förderungen: Zahlreich, intransparent und teuer
2022 wurden österreichweit insgesamt 3.099 Förderprogramme in die Transparenzdatenbank eingemeldet, davon 3,6 Prozent von den Gemeinden, 26,6 Prozent vom Bund und 70 Prozent von den Ländern. Zum Vergleich: 2020 waren es noch 2.682 gemeldete Förderungen. Allein im Zusammenhang mit der Covid-Krise wurden von Bund, Ländern und Gemeinden insgesamt über 600 (!) Covid-Hilfsinstrumente aufgelegt. Österreichs Krisenpolitik war nicht nur extrem teuer, sondern auch – Föderalismus sei Dank – besonders komplex.
Einen vollständigen Überblick über alle in Österreich bestehenden Förderungen hat derzeit niemand. Denn es werden bei weitem nicht alle bestehenden Förderungen in die Transparenzdatenbank eingemeldet: Eine gesetzliche Einmeldeverpflichtung aller Förderungen gab es bisher nur für den Bund. Mit dem neuen Finanzausgleich ab 2024 wurde sie auf die Bundesländer ausgeweitet, eine verpflichtende Meldung der Gemeindeförderungen fehlt nach wie vor. Die Transparenzdatenbank ist daher alles andere als vollständig – und wirklich transparent ist sie nur für jene, die sie vollumfänglich abfragen können. Das sind derzeit nur die Förderabwickler selbst. Nur Covid- und Energiekrisenhilfen können derzeit von allen auch personenbezogen abgefragt werden.
Doppel- und Mehrfachförderungen durch Bund, Länder und Gemeinden gehören daher zum Alltag. Das bedeutet in der Praxis etwa, dass sich Hausbesitzer in Tirol durch eine Kombination von Bundes- und Landesförderungen 93 Prozent ihrer Sanierungskosten vom Staat übernehmen lassen können. Im Burgenland immer noch 61 Prozent. Ein effizienter Einsatz von Steuergeldern schaut anders aus. Das Problem ist: Förderpolitik erfolgt in Österreich nach wie vor im Blindflug. Im Zweifelsfall fördert der Staat einfach alle – und alles.
Das Kernproblem dabei ist noch nicht mal die Intransparenz – sondern dass dieses System extrem teuer ist. Finanziert wird diese Förderparty über eine Steuer- und Abgabenquote von derzeit 43,1 Prozent und saftige Budgetdefizite, auch 2024 noch bei 2,7 Prozent des BIP liegen.
Österreich hat in den letzten Jahren Krisenmodus einen schweren Schuldenrucksack aufgebaut: Steigende Zinszahlungen üben somit zusätzlichen Druck auf das Budget aus. Ein naheliegender Schritt, um die öffentliche Ausgabendynamik in den Griff zu bekommen, ist eine Entrümpelung des Förderwesens.
In 7 Schritten zu einem aufgeräumten und schlanken Fördersystem
1. Ende des Blindflugs: Wir brauchen eine vollständige Transparenzdatenbank und Förderungsberichte. Die Transparenzdatenbank ist nach wie vor unvollständig, weil bisher nur der Bund zur Einmeldung seiner Förderungen verpflichtet war. Mit dem neuen Finanzausgleich wurde diese Förderverpflichtungen auf die Länder ausgeweitet – selbst Gemeinden müssen jetzt Förderungen einmelden, die sie fürs Land abwickeln. Wichtig wäre auch, dass die Gemeindeförderungen eingemeldet werden. Es braucht zudem jährliche Förderungsberichte: nicht nur wie bereits jetzt vom Bund, sondern auch von den Ländern und Gemeinden.
2. Ehrliche Bestandsaufnahme: endlich echte Fördertransparenz. Es muss für Bürgerinnen und Bürger ersichtlich sein, welcher Verein, welche Unternehmen und welche Privatpersonen Förderungen beziehen. Wir haben ein Recht zu erfahren, wohin unsere Steuern fließen. Umgekehrt ist es auch völlig legitim, Förderungen zu beziehen – wenn man die Förderkriterien erfüllt. Daher sollten alle bezogenen Förderungen auch personenbezogen abgefragt werden können, insbesondere sollte das für Förderungen an Unternehmen und Vereine gelten. Transparenz fördert erwiesenermaßen einen sachgemäßen und effektiven Einsatz öffentlicher Mittel.
3. Ziele setzen: Vorlage einer Förderstrategie. Ideologisch neutrale Experten wie der Rechnungshof oder der Budgetdienst empfehlen seit Jahren die Einführung einer Förderstrategie, die für alle Gebietskörperschaften gilt. Jede Bundes- und Landesregierung sollte in Zukunft – parallel zum Regierungsprogramm – auch eine Förderstrategie für die Legislaturperiode vorlegen müssen. Politische Ziele und Förderziele müssen in Zukunft aufeinander abgestimmt werden.
4. Mit Automatisierung den inneren Schweinehund überlisten: Befristung von Förderungen und Förderprogrammen. Alle Förderungen sollten auf höchstens fünf Jahre begrenzt werden – eine sogenannte Sunset Clause. Bei Bedarf und nach einer Evaluierung werden die Förderungen per Gesetz um fünf Jahre verlängert oder laufen automatisch aus.
5. Brauch ich das eigentlich, und kann ich mir das leisten? Neue Förderungen nur nach Begutachtung und wirtschaftlicher Folgeabschätzung. Die Covid- und Anti-Teuerungsförderungen der letzten Jahre wurden nahezu ausnahmslos ohne Begutachtung und ohne Abschätzung der Kosten, wirtschaftlichen Folgen und Wirkung beschlossen. Begründet wurde das von der Regierung mit Zeitdruck. Der politische Grund ist, dass man sich damit weniger angreifbar macht: Wer keine Ziele und Zahlen bei seinen Maßnahmen vorlegt, muss auch nicht erklären, warum er sie nicht erreicht. Wir brauchen dringend mehr Kostenbewusstsein und politische Rechenschaftspflicht. Nicht jedes politische Ziel muss zudem mittels besonders viel Förderung/Geld erreicht werden – manchmal helfen auch Reformen oder innovative Ideen.
6. Ran an die Speckgürtel: Weg mit kontraproduktiven Förderungen. Förderungen, die wichtigen gesellschaftlichen Zielen entgegenarbeiten, gehören einfach weg. Besonders offensichtlich wird das bei den unzähligen klimaschädlichen Förderungen, die sich Österreich jährlich mehr als 5,7 Milliarden Euro kosten lässt. Konkret heißt das, dass wir schädliche Dinge und Verhalten mit Milliarden an Euro fördern – und auf der anderen Seite wiederum die Kosten für die Folgen übernehmen. Klingt absurd und ist es auch. Diese Förderungen gehören nach Möglichkeit ökologisiert – oder eben weg.
7. Erfolge feiern: Die finanziellen Spielräume für Zukunftsinvestitionen und budgetäre Nachhaltigkeit nutzen. Der Weg zum schlanken Fördersystem ist mit Sicherheit kein Spaziergang. Rückschläge, Widerstand und Hindernisse sind vorprogrammiert. Umso wichtiger ist es, sich für Erfolg zu belohnen. Die durch ein effektiveres, zielgerichteteres und potenziell schlankeres Fördersystem freigewordenen Mittel sollten gezielt in Zukunftsinvestitionen und -ausgaben fließen – in den Bereichen Bildung, Forschung und Technologietransformation.