Kampf um die Demokratie im Niger
Der Niger war eines der letzten demokratischen Länder der Sahelzone, doch nun ist auch dessen demokratisch gewählter Präsident Mohamed Bazoum durch einen Militärputsch abgesetzt worden.
Der Westen blickte während seiner Amtszeit voller Hoffnung nach Niger, war er doch der erste Präsident der Staatsgeschichte, der sein Amt durch eine verfassungsmäßige Übergabe der Macht durch den Ex-Präsidenten erlangt hat. Bazoum gewann die Wahlen 2021 mit einer Mehrheit von 56 Prozent und war fortan Staatschef des Niger. Ausgerechnet ein Verbündeter des Ex-Präsidenten, General Abourahamane Tchiani, der Befehlshaber der Präsidentengarde, hat nun genau jenen Mann gestürzt, den er eigentlich schützen sollte.
Der Putsch verläuft nach einem altbekannten Muster: Ein Teil des Militärs putscht und erklärt sich zu den neuen Machthabern im Land. Man wollte das natürlich nicht – aber man sah sich gezwungen einzugreifen, da der Präsident das Land an die Wand fahre und korrupt sei. Daher hätten die Putschisten nach langen und selbstlosen Überlegungen entschieden, das zu tun, was nötig wäre, um das Land wieder auf die richtige Bahn zu bringen. Jede Person, die dies kritisiere oder leugne, sei selbstverständlich ein Verräter oder ein ausländischer Agent. So liest man es auf Twitter-Profilen, die sonst gerne Russland-Propaganda verbreiten.
Putsch-Serie in der Sahelzone
Für Europa und die USA ist dieser Putsch ein herber Rückschlag, rund um die Bemühungen zur Stabilisierung der Sahelzone. Der Niger hätte ein Beispiel für einen gelungenen Übergang in die Demokratie werden können. Doch nun befindet sich der Staat am Rande eines (Bürger-)Kriegs. Trotz der Forderungen von EU, USA und Russland wurde Präsident Bazoum nicht freigelassen und wird weiterhin im Präsidentenpalast festgehalten.
Die ECOWAS (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) fand noch deutlichere Worte: Man erwarte, dass sich das Militär zurückziehe und die zivile Regierung wieder eingesetzt werde, sonst sei man zu allem, dezidiert auch einer militärischen Intervention, bereit. Mali, Guinea und Burkina Faso – allesamt Militärregierungen, die durch einen Putsch an die Macht kamen – sagten den Putschisten im Niger ihre Unterstützung im Falle einer Intervention durch die ECOWAS zu. Das Ultimatum der ECOWAS ließ die nigrische Militärregierung verstreichen. Bisher ohne Konsequenzen.
Die EU, allen voran Frankreich, unterstützt die ECOWAS in deren Vorgehen. Aber Europa sieht viel zu oft ohnmächtig zu, wie Demokratien zu Grunde gehen, ohne einzugreifen. Zu groß ist die Angst, als Kolonialisten dargestellt zu werden. Noch dazu, da Frankreich der größte Importeur des Urans aus dem Niger ist. Doch der Niger exportiert nur 5 Prozent des weltweit am Markt verfügbaren Rohstoffs – Frankreich könnte es auch aus anderen Ländern, etwa Kasachstan, kaufen.
Die EU darf nicht weiter zuschauen
Die Demokratie ist es wert, sie zu verteidigen. Wir sehen in Westafrika zu, wie ein Land nach dem anderen vom Militär übernommen wird. Kurz danach wird die Gruppe Wagner engagiert und beutet die Ressourcen der Länder aus. So war es in Burkina Faso, der Zentralafrikanischen Republik, Guinea und Mali. Und jedes Mal kommt der Vorwurf, wir würden ja nur aus wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen eingreifen – man solle sich in die Politik in Afrika nicht einmischen.
Dabei ist nichts falsch daran, ein Interesse an politisch stabilen Ländern zu haben, mit denen wir handeln können und die unsere Partner sind. Wenn wir, gemeint als die EU, keinen Einfluss ausüben, dann tun es China und Russland. Aber die machen das im Narrativ so mancher Propaganda-Gläubigen natürlich aus Liebe zu den Menschen vor Ort. Und würden nie auf die Idee kommen, Länder auszubeuten und mit Krediten in den Ruin zu treiben.
Mein Plädoyer an die EU ist daher: Lassen wir es nicht einfach geschehen, sondern handeln wir. Unterstützen wir die ECOWAS bei deren Vorhaben und kämpfen um die Demokratie.