Klimaschutz global denken: Tiefseebergbau geht auch Österreich etwas an!
Es ist mittlerweile hinreichend bekannt, dass die Tiefsee aus diversen Gründen ein aufregender Ort ist. Nicht nur tummelt sich dort Leben – auch mineralische Ressourcen, die für verschiedenste Industriezweige interessant sind, findet man. Rohstoffabbau am Meeresboden ist aber ein zweischneidiges Schwert. Der Schutz dieses Ökosystems sollte auch im Interesse Österreichs sein.
Früher dachte man, die Tiefsee sei ein derart lebensfeindlicher Ort, dass sie zur Gänze unbewohnt sein muss. Aber mit der Zeit, dem technologischen Fortschritt und dem menschlichen Forschungsdrang hat sich herausgestellt: Auch die finstersten, entlegensten Orte unserer Ozeane sind Biotope, an denen Leben auf verschiedenste Art gedeiht. Mehr noch, die Lebewesen der Tiefsee sind perfekt angepasst an die ewige Dunkelheit, die Eiseskälte sowie den enormen Wasserdruck und unterscheiden sich somit dramatisch von der Fauna des restlichen Ozeans.
Doch auch nichtlebende Schätze liegen auf dem Grund der Meere. Diverse Mineralien sind dort zu finden, an denen die Industrie mehr und mehr Interesse zeigt – beispielsweise Kupfer und Nickel. Bergbau in der Tiefsee bringt aber eine Reihe von Problemen mit sich, die ihn von konventionellem Abbau an der Erdoberfläche unterscheidet. Durch die extremen Verhältnisse ist er äußerst kostspielig, durch die Dunkelheit und die mangelnde Kartographie sind Expeditionen außerdem mit einem erhöhten Risiko verbunden. Aber das Wichtigste: Es ist derzeit nicht klar, inwieweit Ressourcenabbau das Ökosystem in der Tiefsee aus dem Gleichgewicht bringt oder sogar zerstört.
Mehr Ressourcen oder echter Klimaschutz?
Bereits in den 1980er Jahren wusste man um die Mineralien in der Tiefsee und hat folgerichtig bei der Ausgestaltung der United Nations Convention on the Law of the Sea (UNCLOS), der „Verfassung der Ozeane“, festgeschrieben, wie mit diesen zu verfahren ist. Kapitel XI von UNCLOS legt fest, dass die Ressourcen auf dem Meeresgrund als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ gelten. Die International Seabed Authority (ISA) regelt und verwaltet die dortigen Bodenschätze seit dem Inkrafttreten von UNCLOS im Jahr 1994. Wenn also der Zugang zu diesen Ressourcen vertraglich geregelt und eingeschränkt ist und sogar unter der Aufsicht einer eigens dafür eingerichteten Behörde steht, müsste man sich eigentlich keine Sorgen um den Schutz dieses Lebensraums machen. Oder doch? Die Situation ist deshalb kompliziert, weil die ISA Verträge zur Exploration mineralischer Ressourcen mit insgesamt 22 privaten und staatlichen Akteuren abgeschlossen hat. Nun könnte man darüber diskutieren, inwiefern zum jetzigen Zeitpunkt bereits von einer Kommerzialisierung gesprochen werden kann und ob Exploration zwingend Exploitation nach sich zieht – oder ob es sich hier weiterhin „nur“ um Abbau zu Forschungszwecken handelt, welcher explizit unter Artikel 143 von UNCLOS vorgesehen ist. Allerdings spricht die ISA selbst von der Geburt einer neuen Industrie, seit private Akteure mit Verträgen ausgestattet wurden.
Das kann deshalb problematisch sein, da das Tiefsee-Ökosystem besonders sensibel ist. Zu viel Licht könnte beispielsweise die Orientierung, Fortpflanzung und Kommunikation der Lebewesen am Meeresgrund beeinträchtigen. Auch zu viel Lärm kann gravierende Folgen für die Lebewesen im Ozean haben. Da die Folgen von extensivem Ressourcenabbau derzeit noch nicht seriös abgeschätzt werden können, wurde eine Initiative für ein Tiefsee-Moratorium ins Leben gerufen, an dem sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier der ganzen Welt beteiligt haben. Auch führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des European Academies Science Advisory Council sprechen sich für ein solches Moratorium aus. Wie ernst die Lage ist, zeigt ein Blick nach Norwegen. Die dortige Regierung plant, rund 281.200 km² an Fläche für Tiefseebergbau zur Verfügung zu stellen – das entspricht in etwa der Größe Italiens. Nun rufen Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus aller Welt die norwegischen Abgeordneten zu einem Stopp dieser Pläne auf. Darunter auch NEOS-Abgeordneter und Umweltsprecher Michael Bernhard:
„Umwelt und Wirtschaft verbinden, bedeutet auch einen verantwortungsvollen Umgang bei der Gewinnung von Ressourcen. Gerade beim Meeresschutz und insbesondere beim Tiefseebergbau befinden wir uns aber noch im Blindflug. Das muss sich ändern!“
Aus einer NEOS-Anfragebeantwortung geht hervor, dass Österreich sich aufgrund mangelnder Folgeabschätzungen derzeit zwar gegen Tiefseebergbau ausspricht, bei der ISA-Sitzung im Herbst 2023 aber nicht anwesend war, da man kein Mitglied dieses Rates sei. Das sind viele andere Staaten allerdings auch nicht, die dennoch vor Ort waren und sich mit einem klaren Umweltmandat aktiv gegen Tiefseebergbau einbrachten. Zwar wurden bei der vergangenen Sitzung keine weiteren Maßnahmen zum kommerziellen Tiefseebergbau gesetzt, dieses Damoklesschwert wird aber auch über der kommenden Sitzung 2024 schweben. Im Anschluss daran plant Nauru Ocean Resources Inc. (NORI), einen Antrag auf Genehmigung zum Tiefseebergbau zu stellen und nach einjähriger Prüfung 2025 mit der Exploitation zu beginnen.
Meeresschutz geht auch ohne Meereszugang
Österreich hat als Binnenland zwar keinen direkten Zugang zum Meer, kann sich aber dennoch innerhalb der EU sowie bei den ISA-Sitzungen gegen kommerziellen Tiefseebergbau aussprechen. Schließlich sollte man den Klimaschutz auch global denken, denn ein geschädigtes marines Ökosystem betrifft in letzter Konsequenz alle Lebensräume unseres Planeten.