Koste es, was es wolle?
„Koste es, was es wolle“ – diese Worte sprach der frühere Bundeskanzler Sebastian Kurz. Das Zitat, eine Anleihe von Mario Draghi aus Zeiten der Eurokrise, war ein Versprechen aus den frühen Tagen der Pandemie, Unternehmen zu helfen, und das „rasch und effizient, transparent und nachvollziehbar“.
So heißt es zumindest auf der Website der Cofag. Hinter der Abkürzung verbirgt sich die „Covid-19 Finanzierungsagentur“. Sie wurde im März 2020 durch das COVID-19-Gesetz gegründet, um mehr als 18 Milliarden Euro an Unternehmenshilfen zu verteilen, und ist ein Tochterunternehmen der Bankenabbaugesellschaft Abbag. 1,3 Millionen Anträge von Unternehmen wurden von ihr abgewickelt, z.B. für Umsatz- oder Verlustersatz oder Fixkostenzuschüsse. 14 Milliarden Euro wurden mittlerweile ausbezahlt.
Dass es wichtig war, in der Pandemie schnell und effektiv Unternehmenshilfen auszahlen zu können, werden nur wenige bestreiten. Aber dass der Staat zu diesem Zweck eine GmbH gründet, kann schon einmal grundsätzlich hinterfragt werden. Der Rechnungshof hat das getan und stellt der Cofag in seinem Bericht ein schlechtes Zeugnis aus.
Viele Berater, wenig Transparenz
Da wäre zum einen die starke – und teure – Rolle von Externen: 800.000 Euro flossen in eine PR-Agentur, 125.000 in einen „Protokollführer“, der bis Anfang September 2021 in 30 Sitzungen anwesend war. Externe Berater kosteten die Cofag bis zum Sommer letzten Jahres rund 21 Millionen Euro – erst im Juni 2021 wurden 16 Vollzeit-Äquivalente in der Cofag besetzt, die beiden Geschäftsführer schon inkludiert.
Apropos Geschäftsführer: Wie diese bestellt wurden, ist ebenfalls Gegenstand der Rechnungshof-Kritik. Geschäftsführer der Cofag ist Bernhard Perner, ein früherer Kabinettsmitarbeiter im Finanzministerium und Geschäftsführer der Abbag. Gleichzeitig war er auch eine Zeitlang in der staatlichen Beteiligungsholding ÖBAG beschäftigt – ein Mann, drei Funktionen also. Und ein Gesamtbezug von über 700.000 Euro im Jahr. (80.000 wurden nach Perners Abgang laut einem Bericht der Presse zurückgezahlt.)
Der Rechnungshof kritisiert, dass es bei der Besetzung des Aufsichtsrats zu „personellen und institutionellen Vermischungen der Sphären“ gekommen sei. Außerdem sei der Ausschreibungstext für Perners Position vage gewesen, es wurde keine Erfahrung im Bereich Abwicklung von Garantien oder Zuschüssen verlangt.
Eine Alternative zur intransparenten GmbH wäre gewesen, die Hilfsgelder über die Finanzämter auszuzahlen. Damit einher ginge auch das Interpellationsrecht des Nationalrats – und damit die Möglichkeit der parlamentarischen Kontrolle. Im Parlament wurde bereits der Verdacht geäußert, die Bundesregierung habe absichtlich eine „Blackbox“ geschaffen, um diese Möglichkeit zu umgehen.
Mangelnde Treffsicherheit
Warum also eine eigene GmbH, um die Unternehmenshilfen abzuwickeln? Aus der Bundesregierung hieß es, die Finanzämter hätten die Last nach eigenen Angaben nicht stemmen können. Darum wurden die Anträge stattdessen von 148 Vollzeit-Äquivalenten geprüft – 39.000 Tage lang wurden dafür Ressourcen des Finanzministeriums wahrgenommen. „Rasch und effizient, transparent und nachvollziehbar“ – hat die Cofag diesen Auftrag erfüllt?
Diese Frage kann man damit beantworten, wer gefördert wird. Während jedes fünfte Unternehmen, das einen Antrag eingebracht hatte, mit unter 2.500 Euro abgespeist wurde, kam der Handelskonzern Spar auf 800.000 Euro – als Ersatz für die Schließung seiner Interspar-Restaurants. Und sieht man sich die Top 10 der größten Hilfsempfänger an, befinden sich darunter vier Bergbahngesellschaften.
Währenddessen klagten KMUs oft, auf der Strecke zu bleiben: Die Hilfe brauchte viel zu lang, um anzukommen. Da im Lauf der Pandemie immer mehr Förderinstrumente dazukamen, durch die wirtschaftlich angespannte Situation aber auch die Zahl der Anträge anstieg, kam es laut Rechnungshof zu einem „beträchtlichen Rückstau“.
Um dieses Problem anzugehen, versprach die Bundesregierung im Herbst 2020 Besserung – was zu einer „Überförderung“ vieler Bereiche führte. Umsätze wurden unabhängig davon ersetzt, ob sie wirklich ausgefallen waren: Kriterium war nur, ob eine „Schließung der Kundenbereiche“ angeordnet war, was im vom Lockdown geprägten Winter 2020/21 durchaus oft vorkam. Und auch Unternehmen, die ein gutes Wirtschaftsjahr hatten, wurden gefördert, z.B. Ceconomy, der Mutterkonzern von Media Markt, der durch Online-Bestellungen 2020 sogar ein Umsatzplus erzielen konnte.
Wie geht es weiter mit der Cofag?
Der Verdacht liegt also nahe, dass bei der Cofag nicht alles optimal gelaufen ist. Dabei ist gerade im Umgang mit Steuergeld ein kostenschonender, verantwortungsvoller Umgang geboten. Um zu untersuchen, ob die Cofag diesen Test bestanden hat, könnte sich der Nationalrat im Herbst auf eine Art „kleinen U-Ausschuss“ zur Causa Cofag einigen. Darunter versteht man Ausschüsse, die sich mit Rechnungshofberichten auseinandersetzen. Unterschied zu einem echten U-Ausschuss: Sie sind für Medien nicht zugänglich, und Befragte stehen nicht unter Wahrheitspflicht.
Der Rechnungshof hat jedenfalls eine klare Empfehlung: Das Finanzministerium soll prüfen, welche Aufgaben die Cofag noch sinnvoll erfüllen kann – und sie danach auflösen.