Land der Nichtschwimmer
Viele Menschen in Österreich können nicht schwimmen. Das ist nicht nur ein Trend im Verhalten der Jungen – sondern eine Frage der Infrastruktur.
Es gibt wenige Fähigkeiten, die im Leben so essenziell sind wie das Schwimmen – es zu können, dient im wahrsten Sinne des Wortes dem Überleben. Nicht umsonst können sich viele von uns nicht nur an glückliche Tage im Schwimmbad, sondern vor allem an Kurse in der Schule erinnern. Schwimmen zu lernen, das gehört einfach zum Leben dazu.
Dieser Trend ist aber rückläufig. Wie das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in einer repräsentativen Umfrage feststellt, können viele junge Menschen in Österreich nicht schwimmen – was auch dazu führt, dass bis Ende Juli in diesem Jahr schon 32 Menschen ertrunken sind, die meisten davon (7) in Oberösterreich. Zum Vergleich: Letztes Jahr waren es insgesamt 37, in Österreich trifft es jedes Jahr zwischen 22 und 47 Menschen.
Land der Nichtschwimmer:innen
Laut dem Bericht „So schwimmt Österreich 2022“ – dem aktuellsten Bericht auf der Website des KFV – können rund 600.000 Menschen in Österreich nicht schwimmen. Das entspricht etwa 7 Prozent der Bevölkerung. 24 Prozent schätzen ihre Schwimmkenntnisse als „(sehr) unsicher bis mittelmäßig“ ein, können also eher schlecht schwimmen. Einzig gute Nachricht: Die Anzahl der Nichtschwimmer:innen unter Kindern und Jugendlichen ist 2022 im Jahresvergleich um 14.000 gesunken.
Grund zur großen Freude ist das aber noch ist: Es sind immerhin noch fast 150.000. Schon zum Beginn der Badesaison hatte das KFV davor gewarnt, dass jede:r Zehnte zwischen 5 und 19 nicht schwimmen kann. Die Gründe dafür sieht das Kuratorium vor allem in der Zeit der Pandemie, in der wichtige Schwimmstunden in den Schulen ausfielen. Viele junge Menschen haben es also einfach „verpasst“, Schwimmen zu lernen.
Dazu kommt, dass der Anteil der Personen, die angeben, nie schwimmen zu gehen, während der Corona-Pandemie ebenfalls stark gestiegen ist. Dieser Trend sei mittlerweile zwar wieder rückläufig, aber bei älteren Menschen noch teilweise bemerkbar.
Schwimmen: Eine Frage der Infrastruktur
Dass Schwimmbäder in diesem Sinne auch kritische Infrastruktur sind, zeigt das Beispiel Klagenfurt: Dort wurde 2021 das Hallenbad wegen Statikproblemen geschlossen, das neue wird wohl erst 2024 aufsperren. In der Zwischenzeit gibt es in Klagenfurt kein Hallenbad – immerhin einer Landeshauptstadt.
Klagenfurt ist nicht das einzige Beispiel. In Wörgl etwa sprachen sich in einer Volksbefragung 70 Prozent für den Erhalt des Schwimmbades „Wave“ aus – der Gemeinderat schloss es trotzdem.
„Nach 18 gemeinsamen Jahren mit unseren Mitarbeitern und Kunden, stellte WAVE am 31.08.2021 den Betrieb ein. Der Gemeinderat der Stadt Wörgl hat dies in der Sitzung am 29.04.2021 mehrheitlich beschlossen, das Grundstück wird anderweitig verwertet und die Einrichtung wurde von einem professionellen Verwertungsunternehmen versteigert.“
Letzter Eintrag auf der Website des „Wave“-Betreibers Wörgler Wasserwelt
Wichtig ist aber nicht nur, dass man schwimmen gehen kann – sondern auch, dass man es lernt. Und dafür sind in vielen Fällen die Schulen die wichtigste Institution. Jedes 20. Kind lernt ausschließlich durch die Schule, wie man schwimmt, gerade Kinder aus einkommensschwachen Familien kommen außerhalb des Schulsports nicht mit dem Thema in Berührung. Aufgrund der pandemiebedingten Ausfälle fehlen mindestens 9.000 Schwimmkurse, so der KFV.
Tipps für mehr Sicherheit beim Schwimmen
Wie also mit diesem Problem umgehen? Das KFV gibt einige praktische Tipps, um das Ertrinken von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden. Gartenteiche oder Pools etwa sollten abgesichert werden, Kinder auffällige Farben tragen, und gerade bei größeren Feiern sei es wichtig, dass sich immer jemand für die Beaufsichtigung der Kinder zuständig fühle. Aber auch Erwachsene sollten ihre eigenen Fähigkeiten nicht überschätzen und zur Not auch Schwimmbojen-Pausen machen, wenn sie zu weit vom Ufer entfernt sind.
Aber „besser aufpassen“ alleine ist noch nicht die Lösung: Vor allem geht es darum, dass junge Menschen wieder schwimmen lernen. Und dafür braucht es ein flächendeckendes Angebot an Schwimmkursen und Bädern.