Glas statt Beton: Mehr Transparenz bei Umsetzungsständen der Regierung
Das Parlament bietet die Möglichkeit, die Regierung per Entschließungsantrag zu einer Handlung aufzufordern. Findet ein solcher Antrag im Plenum eine Mehrheit, bekommt ein Mitglied der Bundesregierung einen Auftrag zur Umsetzung einer Policy. Rechtlich bindend ist dieser nicht, es obliegt der Ministerin oder dem Minister, wie sie oder er mit diesem Wunsch aus dem Hohen Haus umgeht. Es handelt sich hierbei also um eine rein politische Verbindlichkeit, nicht aber um eine rechtliche.
Zum Ende einer Legislaturperiode bietet es sich an, eine Reihe von Anfragen an die Regierungsbank zu stellen, um herauszufinden, welche Vorhaben, die aus dem Parlament kamen, umgesetzt wurden. Der NEOS-Parlamentsklub hat sich die Mühe gemacht und an jedes Bundesministerium eine solche Anfrage gestellt, um abzuklopfen, welchen Status die angenommenen Anträge am Ende der Gesetzgebungsperiode haben.
Positiv hervorzuheben sind die Anfragebeantwortungen aus dem Justizministerium und dem Landwirtschaftsministerium. Diese Minister:innen haben sich selbst die Mühe gemacht, nicht namentlich genannte Entschließungsanträge aufzulisten und den Umsetzungsstand zu beschreiben.
Diese Positivbeispiele werfen ein besonders schlechtes Licht auf die restliche Bundesregierung: ein bloßes Wegwischen mit dem Verweis, dass Entschließungen nicht rechtlich bindend sind, ohne die Anfragen aber inhaltlich zu beantworten – so geschehen in den Beantwortungen vom Bundeskanzler, der Verfassungsministerin, dem Außenminister und dem Bildungsminister – zeigt, wie viel diese Ressorts von den Willensbekundungen des Parlaments halten. Die Note Nicht genügend bekäme zweifelsfrei das Bildungsministerium: Hier wurden 23 Anträge abgefragt, beantwortet: 0. Auch hier die Begründung:
Gemäß Art. 52 Abs. 1 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 sind der Nationalrat und der Bundesrat befugt, ihren Wünschen über die Ausübung der Vollziehung in Entschließungen Ausdruck zu geben. Entschließungen kommt keine rechtliche Bindungswirkung zu, sie sind politische Willensäußerungen.
Entschließungsanträge – nur heiße Luft?
Für die Opposition sind Entschließungsanträge ein Mittel, eine Maßnahme zu fordern, ohne direkt einen konkreten Gesetzestext vorlegen zu müssen bzw. Reformen in Materien zu fordern, die das Parlament gesetzlich nicht (alleine) regeln kann. Sie sind naturgemäß ein Mittel der Opposition. Die Regierungsparteien müssen ihre Minister:innen nicht per Parlamentsentschluss dazu auffordern, etwas zu tun, schließlich stellen sie die Minister:innen (auch wenn sie das nicht davon abhält, gelegentlich über das Parlament Arbeitsaufforderungen an die Bundesregierung zu beschließen).
Gerade für kleine Oppositionsparteien sind angenommene Entschließungsanträge ein großer Erfolg, schließlich fordert man eine Ministerin oder einen Minister zu etwas auf, das von der Mehrheit des Parlaments für sinnvoll befunden wird. Umso frustrierender ist es, wenn die Umsetzung ausbleibt – wie zum Beispiel beim Verbot der Konversionstherapien oder bei der Umsetzung von Climate Budgeting im Parlament. Die Mittel der Opposition sind in solchen Fällen begrenzt. Sie können weitere Entschließungsanträge einbringen, die aber nicht bindender sind als der erste, bereits angenommene, oder eine Anfrage stellen.
Mittels Anfrage können Oppositionsparteien außerdem abfragen, inwieweit im Ministerium Handlungen gesetzt wurden und werden, um ein Ziel zu erreichen. Ob dieses Ziel im Regierungsprogramm vereinbart, in einer Pressekonferenz angekündigt oder im Parlament mittels Entschließungsantrag beschlossen wurde, sollte für die Herausgabe zu Informationen bezüglich des Umsetzungsstands keinen Unterschied machen. Die Opposition befragt Ministerien auch öfter zum Umsetzungsstand bestimmter Punkte im Regierungsprogramm – und hat noch nie „Dem Regierungsprogramm kommt keine rechtliche Bindungswirkung zu, es enthält politische Willensäußerungen“ als Erklärung für eine sonst leere Anfragebeantwortung bekommen.
Zugänglich machen, was ohnehin existiert
Es ist ein bekanntes Problem, dass die Qualität von Anfragebeantwortung in den letzten Jahren allgemein gesunken ist und es an Mitteln fehlt, Beschwerde gegen unzureichende Beantwortungen einzulegen. Aber auch im Umgang mit Entschließungsanträgen könnten Änderungen dem Informationsungleichgewicht Abhilfe schaffen. Denkbar wäre beispielsweise, Entschließungsanträge zur Umsetzung eine Frist bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode zu geben. Sind sie bis dahin nicht umgesetzt, könnte das Ministerium dazu verpflichtet werden, eine Erklärung für die Nichtumsetzung abzugeben.
Diese Idee würde sich außerdem mit einer Transparenzseite des Ministeriums kombinieren lassen, auf der angenommene Entschließungsanträge und deren Umsetzungsstand aufgelistet sind. Dass interne Listen existieren, wissen wir aus den vorliegenden Anfragebeantwortungen:
Selbstverständlich werden alle übermittelten Entschließungen aktenmäßig dokumentiert und von den jeweils zuständigen Fachabteilungen sondiert.
Würde man diese Listen (pro Ministerium) öffentlich zugänglich machen, könnten Bürgerinnen und Bürger unkompliziert einsehen, was die Regierung bisher umgesetzt hat – und was noch offen ist. Das würde für Transparenz sorgen, wovon am Ende alle profitieren würden. Das Parlament und die Opposition würden aus dieser Neuerung ebenfalls gestärkt hervorgehen. Sollten Entschließungsanträge bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode nicht umgesetzt werden, könnten auf derselben Seite die oben genannten Erklärungen für den Grund veröffentlicht werden. Eine solche Verpflichtung gibt es zurzeit nicht, geht unter anderem aus der Anfragebeantwortung des Bundeskanzlers hervor:
Eine Veröffentlichung des Umsetzungsstands ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.
Genau hier könnte die kommende Bundesregierung ansetzen. Es wäre wenig Aufwand, würde gleichzeitig aber mehr Nachvollziehbarkeit und Transparenz bringen.