Plenarvorschau: Kinder, COVID, Klimabonus
Am Mittwoch findet sich der Nationalrat ein vorletztes Mal vor der Sommerpause zusammen. Parlamentarisch ist die Zeit vor dem Sommerloch normalerweise sehr ereignisreich – der Sturm vor der Ruhe, wenn man so will.
Dieses Jahr lässt die Tagesordnung aber aus: Statt an zwei Plenartagen wird im Hohen Haus in diesem Juni nur an einem Tag regulär verhandelt. Insgesamt gibt es 18 Tagesordnungspunkte, 12 weniger als noch 2022 – ein Trend, der sich durchzieht.
Erschwerend kommt hinzu, dass sechs der 18 Tagesordnungspunkte Oppositionsanträge sind, die die Regierung in Ausschüssen abgelehnt hat. Zieht man auch den Bericht der Volksanwaltschaft von der Summe ab, wird am Mittwoch über elf Regierungsvorhaben bzw. von der Regierung mitgetragene Initiativen abgestimmt. Im Juniplenum 2022 ging es noch um 17 solcher Vorhaben.
Aber was wird konkret abgestimmt?
Covid-19 soll mit einem Paket aus dem Gesundheitsausschuss endgültig in die ewigen Jagdgründe der regulären Infektionskrankheiten geschickt werden. Um Gesundheit wird es bereits in der Aktuellen Stunde zu Beginn der Sitzung gehen. Die Grünen haben sich das Thema „Gemeinsam gesund: Maßnahmen für eine bessere Gesundheitsversorgung“ ausgesucht. Man darf gespannt sein, welche Maßnahmen der grüne Gesundheitsminister damit genau meint. Die To-do-Liste gegen die akuten Probleme wäre lang und urgent, die bereits gesetzten Initiativen sind unzureichend.
Zudem ist der Umbau vom Mutter-Kind-Pass zum elektronischen Eltern-Kind-Pass fix – Ausbau und Digitalisierung sollen aber erst ab 2026 erfolgen. Bis dahin ist noch Konkretisierungsbedarf. So werden im jetzigen Entwurf auch alle Schwangerschaftsabbrüche erfasst; eine Löschung der Daten auf Verlangen der betroffenen Person ist nicht vorgesehen. Und auch bei der konkreten Ausgestaltung der verpflichtenden Familienberatung, der Speicherdauer der Daten und Kürzungen des Kinderbetreuungsgelds, falls ein Elternteil seinen Pflichten als solcher nicht nachkommt, muss noch nachgebessert werden.
Apropos Kinderbetreuungsgeld
Auch aus dem Familienausschuss kommen einige Oppositionsanträge zum Kinderbetreuungsgeld ins Plenum – drei von vier mit negativem Ausschussbericht, sie wurden im Ausschuss also mehrheitlich abgelehnt.
Bei einem Antrag passierte den Regierungsparteien ein Hoppala: Der Vertagungsantrag der ÖVP-Abgeordneten erfasste statt TOP 3 bis 7 nur TOP 3 bis 6. Dieser Umstand fiel allerdings erst nach Debattenschluss auf, weswegen ein SPÖ-Antrag mit dem technischen Namen Erweiterter Beobachtungszeitraum für das Erfordernis der Erwerbstätigkeit beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld im Ausschuss abgestimmt werden musste. Die Regierungsparteien entschlossen sich nach kurzer Beratung dazu, den Antrag abzulehnen.
Beschlossen werden soll im Plenum im Mittwoch aber jedenfalls eine Härtefallregelung beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld, falls die verpflichtende Aufteilung der Betreuungspflichten aus unvorhergesehenen Umständen doch nicht möglich ist.
Gegen Kinderarmut vorgehen ist kein Kinderspiel
Ein Plenum später als ursprünglich angepeilt steht am Mittwoch auch Teil 2 des Kinderarmutspakets zur Abstimmung: Alleinerzieher:innen und -verdiener:innen, Arbeitslose, Bezieher:innen von Notstandshilfe und Mindestpensionist:innen sollen, sofern ihr Einkommen unter einer gewissen Grenze bleibt, ebenso wie Mindestsicherungsbezieher:innen das Recht auf monatlich 60 Euro Teuerungsausgleich pro Kind haben. Noch sind einige Fragen offen – zum Beispiel, ob die Regelung auch greift, wenn ein Partner arbeitslos, der andere Partner allerdings Gutverdiener:in ist.
Kleinvieh macht auch Mist?
Zu guter Letzt soll auch der Klimabonus nachgebessert werden: Der Sockelbetrag für 2023 wird auf 110 Euro festgesetzt, der Teuerungsbonus aus dem Jahr 2022 entfällt. Außerdem gibt es Änderungen bei den Anspruchsberechtigten: Häftlinge werden 2023 ausgeschlossen, Obdachlose dagegen einbezogen.
Wer auf der Tagesordnung große Würfe vermisst, ist nicht allein. Viele dringend notwendige Gesetze wurden bereits mehrmals angekündigt, und ihr Beschluss läge so nahe: Oft sind sie fertig auf der Begutachtungsseite des Parlaments zu finden, oder sie hängen als ausformulierte Gesetzestexte im Nirvana der Abstimmung zwischen den Ministerien.
Das Informationsfreiheitsgesetz, das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, die Kindschaftsrechtsreform, das Klimaschutzgesetz, das Verbot von Konversionstherapien zur angeblichen „Homo-Heilung“ bei Minderjährigen, … Die Liste an beschlussfähigen Vorhaben ist lang. Ein parlamentarisches Jahr bleibt der Regierung bis zum regulären Wahltermin noch, um zu verhindern, dass diese Vorschläge zu Papierleichen werden.