Vertrauen in die Demokratie bleibt niedrig
Der Demokratiemonitor untersucht das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System. Die Ergebnisse waren schon mal besser – aber eine teilweise Verbesserung nach Jahren der Krisen und Korruptionsaffären gibt Hoffnung.
Um das Vertrauen in die Demokratie war es schon mal besser bestellt. Was nach gefühlter Wahrheit klingt, wird einmal pro Jahr vom Demokratiemonitor in Zahlen erfasst. Das Meinungsforschungsinstitut SORA untersucht seit 2018, wie die Menschen in Österreich ihr politisches System beurteilen. 2023 wurden dafür 2.081 Bürgerinnen und Bürger ab 16 Jahren befragt. Und die Resultate zeigen einen ähnlichen Trend wie schon in den letzten Jahren: Großer Enthusiasmus sieht anders aus.
Dazu aber eine gute Nachricht zuerst: Die Zufriedenheit mit der Demokratie ist leicht gestiegen, wenn auch auf nach wie vor niedrigem Niveau. 2022 gaben noch 34 Prozent der Befragten an, das politische System funktioniere „sehr“ oder „ziemlich gut“, 2023 sind es wieder 39 Prozent.
Der größte Teil davon entfällt aber auf die „ziemlich gut“-Angaben: Nur 5 Prozent finden es „sehr gut“. Und um die Verbesserung der Werte noch weiter zu relativieren: Sie beschränken sich vor allem auf die „oberen Teile“ der Gesellschaft. Denn der Demokratiemonitor teilt seine Befragung in ökonomische Drittel ein, also Menschen mit überdurchschnittlichem, durchschnittlichem und unterdurchschnittlichem Einkommen. Im untersten Drittel hat sich die Zufriedenheit mit dem politischen System nicht erholt.
Besonders frustrierend ist der Trend dahinter: Noch im Jahr 2018, bei der ersten Befragung des Demokratiemonitors, waren fast zwei Drittel (64 Prozent) der Meinung, das politische System funktioniere sehr oder ziemlich gut. Eingebrochen ist dieses Vertrauen zuerst in der Pandemie und danach rund um die Korruptionsaffären der letzten Jahre. 2021 stellte SORA die Fragen in zwei Wellen – einmal vor und einmal nach den Veröffentlichungen rund um die Chatprotokolle von Thomas Schmid. Der Effekt war deutlich:
Mittlerweile ist die Pandemie in der öffentlichen Wahrnehmung vorbei und auf der Wichtigkeitsskala mit einer Grippe vergleichbar, die Korruptionsaffären werden weiter aufgearbeitet. Die leicht verbesserte Stimmung zeigt sich aber hauptsächlich im oberen Drittel: Dort sind zumindest wieder mehr als die Hälfte der Meinung, dass das politische System sehr oder ziemlich gut funktioniere. Im untersten Drittel liegt dieser Wert nicht einmal bei einem Viertel und auf einem Allzeit-Tief.
Dieses Sentiment zeigt sich auch, wenn man auf die spezifischen Fragen zur Demokratiequalität schaut: Fast 80 Prozent des oberen Drittels geben an, dass es eine Partei gebe, die auf sie schaut, aber weniger als 50 Prozent des unteren Drittels teilen diese Meinung. Nur 16 Prozent von ihnen geben an, dass das Parlament auf Menschen wie sie schaue. Es entsteht der Eindruck einer „politischen Kaste“, die den Anschluss an einen Teil der Gesellschaft verloren hat, der in Zeiten hoher Lebenserhaltungskosten und multipler Krisen vor Problemen steht.
Auch die Parteipräferenz spielt eine Rolle
Zu diesen Trends kommt eine eigentlich wenig überraschende Erkenntnis: Wie man das politische System sieht, basiert unter anderem darauf, welche Parteien es gerade „führen“. Wer die Regierungsparteien gewählt hat, ist zufriedener als Fans der Oppositionsparteien. Unter diesen haben NEOS-Anhänger:innen die höchsten Zufriedenheitswerte mit dem politischen System.
Eine etwas andere Frage ist die, wie zufrieden man mit der Demokratie an sich ist. Es geht also nicht darum, wie das politische System Österreichs im Moment, in der aktuellen Konstellation, arbeitet – sondern damit, wie gut man das System der Demokratie an sich findet. Und auch da zeigen sich Unterschiede in der Parteienlandschaft: Wer die FPÖ wählt, ist deutlich unzufriedener mit der Staatsform der Demokratie.
Demokratisches Zentrum, radikalisierter Rand
Langfristig würden die jährlich erhobenen Daten zeigen, dass es in Österreich etwa 10 Prozent der Bevölkerung gebe, die Demokratie ablehnen. Dieser harte Kern verfestige sich in seinen Meinungen: Mittlerweile ist ein Viertel dieser Gruppe etwa der Ansicht, dass man demokratische Grundrechte wie die Presse- und Meinungsfreiheit, die Rechte des Parlaments oder die Unabhängigkeit der Gerichte einschränken solle.
Trotz dieser Entwicklung sollte man aber nicht das Positive aus den Augen verlieren, schreibt Studienautorin Martina Zandonella. Denn nach wie vor denken 86 Prozent der Menschen, dass Demokratie die beste Staatsform ist – und das, obwohl in den letzten Jahren viele Krisen weltweit dafür gesorgt haben, dass Autoritäre Momentum entwickeln. Das sei auch ein Grund zur Hoffnung.
„Der sich radikalisierende Rand ist eine besorgniserregende Entwicklung. Sich allein darauf zu konzentrieren, verdeckt jedoch eine zweite zentrale Erkenntnis: Auch in stürmischen Zeiten kann sich die Demokratie auf den Großteil ihrer Bürger:innen verlassen.“
Martina Zandonella, Studienautorin