Was hinter der „Festung Österreich“ steckt
Die FPÖ wirbt mit dem Versprechen einer „Festung Österreich“. Dabei verschweigt sie aber, dass auch diese Festung international vernetzt wäre – mit autoritären Staaten, die Kickl gefallen.
„Festung Österreich“ – politisch aufmerksame Beobachter haben den Slogan wohl schon mitbekommen. In der Vergangenheit ragte er von blauen Wahlplakaten, auf Facebook sponsert die Freiheitliche Partei ihr neues Schlagwort in sämtliche News-Feeds des Landes.
Ein abgeschlossenes Österreich, ganz ohne fremden Einfluss, wie in der „guten alten Zeit“ – wann immer die gewesen sein soll. Das ist das wesentliche Versprechen von FPÖ-Chef Kickl, der wohl auch mit einer dementsprechenden Ansage in die nächste Wahl ziehen wird. Eine Ansage, die nicht nur wirtschaftlich unsinnig ist: Sie soll auch von einer Entwicklung ablenken, die der FPÖ wirklich wichtig ist. Und zwar einer außenpolitischen Ansage, die es in sich hat.
In die richtige Richtung geht der frühere Bundeskanzler Franz Vranitzky, wenn er im Interview mit dem Kurier festhält, dass er Kickls Ansage in Richtung einer Festung Österreich international sieht.
Da zu sagen, wir geben die Europäische Union auf und wir schließen uns ein, machen eine Festung Europa, wie es Kickl und andere Leute in die Bierzelte brüllen, muss ja dem Arbeiter, dem Angestellten, dem Forscher, dem Lehrer, dem Altersbetreuer ein Alarmsignal geben und sagen, wenn wir die Kräfte der 27 europäischen Staaten nicht zusammenführen, kommen die BRICS-Staaten daher und bestimmen in Zukunft alles weltwirtschaftlich Bedeutende. Die Rohstoffe, die Absatzmärkte, die Energielieferung, usw. Also müssen wir gemeinsam stark sein. Das hat aber auch nur einen Nutzen, wenn ich es nach außen bin. Welchen Sinn hat es, weltwirtschaftlich innerhalb einer Festung stark sein zu wollen?
Franz Vranitzky, Ex-Bundeskanzler (SPÖ)
Worum es wirklich geht
Vranitzky hat recht: Wirtschaftlich betrachtet, ergibt eine abgeschottete Volkswirtschaft keinen Sinn. Auch wenn viele gerne an den Schilling zurückdenken und mit dem nicht inflationsbereinigten Wert von 13,76 pro Euro errechnen, dass alles teurer geworden ist: Gerade da war die Europäische Union ein absolutes Erfolgsprojekt. Durch den Beitritt genießen österreichische Unternehmen einfachen Zugang in 26 andere Staaten, exportieren mehr als zuvor und sichern dadurch Arbeitsplätze, die wir uns ohne EU kaum erträumen könnten.
Symbolbild, produziert mit Adobe Firefly AI
Aber bei Kickls Entwurf einer „Festung“ geht es nicht wirklich um nationale Abschottung. Zumindest nicht, wenn man das „Big Picture“ ansieht. Würde sich Österreich mehr Feinde auf EU-Ebene machen und wäre weniger konstruktiv? Davon ist auszugehen. Würde es weniger Migration aller Art zulassen? Möglich, wenn es nicht bei der Umbenennung eines Erstaufnahmezentrums in „Ausreisezentrum“ bleibt. Aber im Wesentlichen geht es um etwas ganz anderes: um die Abkehr von westlichen Werten.
Die autoritäre Internationale
Denn nicht nur Kickl wirbt mit der Vision einer „Festung“. Das tun Autoritäre quer durch Europa, neulich auch in Staaten, die von ihrer westlichen Offenheit bis jetzt profitiert haben. Das kann man z.B. in Ungarn beobachten: Direkt nach dem Wahlsieg, gestützt durch Versprechen einer „Festung“ gegen Migration, höhlte dort Viktor Orbán demokratische Institutionen wie Justiz und Medien aus. Und seine Freunde quer durch Europa versprechen das Gleiche: Die deutsche AfD, der französische Rassemblement National und auch die FPÖ in Österreich sagen unisono: „Machen wir es wie der Orbán“.
Auch wenn sie so tun, als würden sie ihre Staaten zur hermetisch abgeschlossenen Festung umbauen: Die Rechten sind genauso international wie alle anderen in der Politik. Der entscheidende Unterschied ist, wo sie ihre Freunde in der Weltpolitik sehen. Nicht in der Europäischen Union, die für freies Wirtschaften und demokratische Standards steht – sondern in der Hitlist der internationalen Autoritären. Bei Ungarn fängt es nur an: Hinter einer autoritären Machtübernahme steckt ein Kuschelkurs mit Staaten wie Russland und China, die sich nicht mit der Demokratie beschäftigen wollen.
Festung Österreich: Eine gefährliche Drohung
Jetzt mag man einwenden, dass das alles nur eine Annahme ist. Vielleicht wird es ja wirklich ein hermetisch abgeschlossener Staat, wie Kickl es in seiner Rhetorik verspricht. Aber auch das wäre schon Drohung genug: Denn gerade in Zeiten des Personalmangels braucht Österreich dringend qualifizierte Zuwanderung. In Bereichen wie der Pflege ist die Republik jetzt schon auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Ein Bundeskanzler, der die Ablehnung alles Fremden zur obersten Maxime erhebt, wäre nicht nur für den Wirtschaftsstandort eine gefährliche Drohung.
Aber man muss dem FPÖ-Chef nur zuhören, um herauszufinden, was wirklich dahintersteckt: „Machen wir es wie der Orbán“ heißt, die demokratischen Institutionen des Landes schrittweise auszuhöhlen und die Wirtschaft zu ruinieren. Und dann wäre da noch der Freundschaftsvertrag zwischen den Freiheitlichen und der Putin-Partei „Einiges Russland“, der automatisch verlängert wurde – der gegenteilige Beweis wird nach wie vor nicht erhoben.
Wenn Kickl im nächsten Wahlkampfjahr also von einer „Festung Österreich“ spricht, meint er damit hauptsächlich eine Ansage gegen Migration – ob legal oder illegal, qualifiziert oder unqualifiziert. Aber auch unter einer blauen Kanzlerschaft gäbe es gute internationale Beziehungen. Nur eben zu Diktatoren und Despoten statt zur Europäischen Union.