Woran der Breitbandausbau scheitert
Trotz der verschiedensten Strategien der vergangenen und aktuellen Minister:innen, Österreich in Sachen Internetgeschwindigkeit besser dastehen zu lassen, ist Österreich weiterhin in der unteren Hälfte. Wieso bei uns beim Thema Breitbandausbau nichts weitergeht und wieso dieses Problem in Zukunft sogar noch schlimmer werden könnte.
Liest man internationale Vergleiche zur Internetgeschwindigkeit für mobiles und stationäres Internet, liest man wenig Positives über Österreich. Im internationalen Vergleich liegt Österreich auf Platz 63 von 182 – hinter Ländern wie Vietnam, Jordanien, Rumänien oder Trinidad und Tobago. „Ookla“, ein US-Anbieter für die Messung der Internetgeschwindigkeit, bildet einen Median aus den Speedtests der User pro Land: Im Juli 2023 lag die Internetgeschwindigkeit für Festnetzanschlüsse bei 71,65 Mbit/s im Download und bei 18,54 Mbit/s im Upload.
Internetgeschwindigkeit in Österreich
Zumindest beim mobilen Internet steht Österreich im internationalen Vergleich etwas besser da: Mit 77,50 Mbit/s im Download und 14,62 Mbit/s im Upload belegt Österreich Platz 21 von 143. Jedoch liegt auch hier Österreich hinter Ländern wie Bulgarien, Saudi-Arabien oder Brunei.
Man sieht also, dass Österreich in Sachen Internet nicht gerade ein Musterschüler ist. Besonders interessant ist, dass so viele Länder eine bessere Internet-Infrastruktur haben, obwohl deren BIP niedriger als jenes von Österreich ist. Das hat einerseits mit Schlüsseltechnologien zu tun – andererseits mit dem Verhalten von Politik und Wirtschaft.
Schlüsseltechnologie 1: Glasfaser
Um schnelles Internet zu bekommen, muss auch die entsprechende Technologie dafür vorhanden sein: also Glasfaser und 5G.
Glasfaser ist, wie der Name schon sagt, ein Leiter aus Glas bzw. hochreinem Quarzglas. Konkret handelt es sich um einen optischen Leiter bzw. Lichtwellenleiter (LWL) – für die Übertragung werden also nicht (wie beim klassischen Kupferkabel) elektrische Signale über die Leitung gesendet, sondern stark gebündelte Lichtsignale. Die Daten können je nach verwendetem Glasfaserkabel mit einer Geschwindigkeit von mehreren Terabit pro Sekunde (1.000 Gbit/s) reisen. Das sind Geschwindigkeiten, die sich viele gar nicht vorstellen können.
In der österreichischen Praxis werden in Privathaushalten durch Glasfaser Geschwindigkeiten von 1 Gbit/s angeboten. Ein Problem von LWL ist, dass durch Biegungen und Steckverbindungen die erreichbare Geschwindigkeit reduziert wird. Zusätzlich besteht bei Glasfaserkabeln die Gefahr, dass durch zu starke Biegung die sehr fragile Glasfaser bricht.
Schlüsseltechnologie 2: 5G
5G steht konkret für die 5. Generation der Mobilfunktechnologie. Damit bezeichnet man die Frequenzbereiche im Mobilfunk zwischen 3,3 GHz und 4,2 GHz. In den USA werden auch Frequenzen im Bereich von 26 GHz bis 60 GHz verwendet, welche auch als Millimeterwellen bezeichnet werden.
Durch 5G wird die Internetgeschwindigkeit zwar besser – aber oft werden nicht die Werte erreicht, die medial vom Provider versprochen werden. Denn 5G bedeutet nicht immer gleich 5G.
Grund ist die Tatsache, dass es zwei primäre Arten von 5G gibt: 5G-NonStandalone und 5G-Standalone. Zugegeben: Die Unterschiede zu erklären wäre sehr technisch, darum braucht es praxisnahe Beispiele.
- 5G-NonStandalone (5G-NSA): Bei der Technologie wird primär auf dir Vorgängergeneration 4G zurückgegriffen. Man kann es sich so vorstellen, als würde man einen Porsche-Motor in einen Opel Astra einbauen: Die Geschwindigkeit ist zwar höher als bei der Vorgängertechnologie, jedoch kann 5G-NSA viele Funktionen von 5G nicht bereitstellen. Außerdem kommt diese Art ähnlich schnell an seine Kapazitätsgrenzen wie 4G. Der Vorteil ist dafür, dass die Bereitstellung schneller erfolgen kann als bei 5G-SA – und dass dafür oft keine neue Mobilfunkmasten installiert werden müssen.
- 5G-Standalone (5G-SA): Die Technologie ist 5G in seiner „Reinform“. Hier können Funktionalitäten wie z.B. niedrige Latenz oder mehr Geräte pro Funkzelle bereitgestellt werden. Der Nachteil dabei ist, dass je nach verwendetem Frequenzbereich neue Mobilfunkmasten gebaut werden müssen. Ein weiteres Problem von 5G-SA ist, dass die schnellsten Frequenzbänder eine sehr geringe Reichweite haben und daher nur in Städten oder in Ortszentren installiert werden und zusätzlich nur sehr schlecht in Gebäuden empfangen werden können.
Zwei primäre Arten von 5G
Die Gründe für den stockenden Breitbandausbau
1. Provider setzen auf das falsche 5G
Die „ausgebaute“ Version von 5G ist also nicht gerade gut darin, hohe Auslastungen zu verwalten und gute Geschwindigkeiten zu gewährleisten. Wieso bauen die Anbieter dann dennoch diese Technologie?
Der Grund dafür ist sehr einfach: Marketing. Bis auf Drei, wobei es hier auch Ausnahmen gibt, bauen alle anderen österreichischen Provider zuerst ihr 5G-NSA Netz flächendeckend aus, bevor sie – beginnend mit Städten – das „echte“ 5G ausbauen. Denn die Kund:innen wissen auf den ersten Blick nicht, welche Technologie sie gerade verwenden. Jedoch erkennt man oft an der maximalen Geschwindigkeit von z.B. 300 Mbit/s, dass die Provider genau wissen, dass ihre Netze nicht die Geschwindigkeiten von 5G-SA schaffen.
2. Die Geografie macht den Ausbau schwierig
Da die Landschaft von Österreich mehrheitlich aus Bergen besteht, ist es für die Anbieter teuer, an entlegene Orte Glasfaserkabel zu verlegen oder einen neuen Mobilfunkmast zu bauen – gerade im ländlichen Bereich wird also eher die bestehende Infrastruktur benutzt.
Denn einen Meter Glasfaserkabel zu verlegen, kostet außerhalb von Ortschaften zwischen 20 und 100 Euro. Kosten für Mitarbeiter exklusive. Darum setzen die Anbieter besonders im ländlichen Raum auf 5G, um die teuren Grabungskosten zu reduzieren – aber eben um 5G-NSA. Denn ein 5G-SA Mast kann (besonders am Land) wegen der niedrigen Reichweite nur wenige Haushalte in seiner Umgebung versorgen und muss für den benötigen Datendurchsatz an das Glasfasernetz angeschlossen werden.
3. Anbieter kooperieren kaum
Ein weiteres Problem ist die schlechte Koordination und Kooperation der Anbieter. Viele Glasfaseranschlüsse werden in Neubauten verlegt, wo ein Provider bereits durch Verteiler eine Infrastruktur hat.
Besonders deutlich sieht man das im Burgenland, wo die Firma „Kabelplus“ der primäre Anbieter für schnelles Internet über Kabel bzw. DOCSIS ist. Anbieter wie A1 oder Magenta können auf die Infrastruktur von Kabelplus nicht zugreifen, wodurch z.B. Magenta mit seiner Kabelinfrastruktur nur in wenigen Gemeinden im Burgenland erreichbar ist und A1 auf die alte DSL-Technik zurückgreifen muss.
Auch in anderen Bundesländern und Städten gibt es diese Situation. Doch auch in Wien kann es leicht passieren, dass ein Anbieter in einem Wohnhaus seine Infrastruktur gleich zu Beginn installiert hat und danach keinem neuen Anbieter erlaubt, seine Infrastruktur zu mieten.
4. Oligopol der Anbieter
Mit Ausnahme der kleinen regionalen Anbieter dominieren nur drei große Anbieter den Mobilfunk- und Internetmarkt: A1, Magenta und Drei.
Da sie nur wenig Konkurrenz fürchten müssen – und insbesondere Drei sich primär auf die Städte in Österreich fokussiert –, sind die Preise und die Angebote beim Festnetzinternet bei den Anbietern relativ ähnlich. Durch die virtuellen Provider bzw. Mobilfunk-Discounter wurde der Markt zwar etwas belebt, doch durch die Konkurrenz beim stationären Internet bleiben die Preise weiterhin hoch und die Qualität ungenügend.
In Ländern wie z.B. Thailand gibt es neben den großen drei Providern AIS, True und dTac viele kleine Internetprovider mit ihrer eigenen Infrastruktur. So ist es in Thailand möglich, Glasfaserinternet mit einer Geschwindigkeit von 1 Gbit/s für umgerechnet ca. 10 Euro zu beziehen. Ein Preis, der auch in Thailand sehr günstig ist.
Fairerweise muss man sagen, dass die Installation von Glasfaserkabeln in südostasiatischen Ländern wie Thailand primär oberirdisch durchgeführt wird, wodurch Kosten und Genehmigungen für Grabungsarbeiten entfallen. Doch sorgt der große Druck der verschiedensten Anbieter dafür, dass auch am Land große Anstrengungen unternommen werden, um die beste Versorgung für wenig Geld zur Verfügung zu stellen.
5. Zu wenig politisches Commitment
Auch wenn die Anbieter am Ende des Tages dafür verantwortlich sind, gutes Internet zu den Kunden zu bringen, braucht es – insbesondere bei den vielen Regularien in Österreich – den Willen der Politik, den Glasfaserausbau voranzubringen.
Möglichkeiten gäbe es dafür viele. Neben den nötigen Mitteln braucht es vor allem eine einfachere und zentrale Planung für den Glasfaserausbau. Des Weiteren wäre es sinnvoll, bei jeder Grabungsarbeit für beispielsweise Wasser, Abwasser oder Strom zu prüfen, ob noch Kupferkabel verlegt sind oder nicht. Sollte das der Fall sein, so sollte den Anbietern direkt die Möglichkeit geboten werden, an der Stelle Glasfaserkabel zu verlegen.
Ein größeres Problem ist aber, dass Infrastruktur nicht von heute auf morgen besser wird. Selbst wenn die aktuelle Bundesregierung Milliarden Euro in den Ausbau stecken würde, so würde man den Effekt erst in vielen Jahren bemerken. Insbesondere der Fachkräftemangel sorgt dafür, dass die Provider teilweise in Verzug geraten, weil es nicht genügend Techniker:innen gibt, die die nötige Installation vornehmen. Ein Problem, das gerade in der MINT-Branche nichts Neues ist.
Trotzdem sollte die Politik nicht so egoistisch sein und auch das Thema Infrastruktur in Angriff nehmen. Denn auch wenn der Effekt erst mit der Zeit kommt: Vielleicht kann man sich das Thema in ein paar Jahren auf die Fahne schreiben. Für eine gute PR wäre es nämlich ideal.