Zölle: Trumps populistische Wunderwaffe?
Das Jahr 2025 wird viele neue Herausforderungen bringen, aber auch altbekannte Themen werden wieder auf der politischen Agenda stehen. Mit der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten rückt erneut eines seiner Lieblingsthemen in den Fokus: Zölle. Trumps protektionistische „America First“-Politik manifestiert sich für Menschen außerhalb der USA – neben unterschiedlichen anderen Drohungen – vor allem darin. Trump will damit die heimische Wirtschaft stärker vor internationaler Konkurrenz schützen, zusätzliche Einnahmen generieren und ausländische Unternehmen zur Ansiedlung in den USA bewegen. Doch wie realistisch ist dieses Ziel, und sind Zölle das richtige Mittel?
Status quo: die Handelsbilanz der USA
Ein Blick auf die Zahlen zeigt klar, dass die USA eine negative Handelsbilanz aufweisen: Im Jahr 2023 betrug das Defizit bei Waren und Dienstleistungen 773,4 Milliarden Dollar – ein Rückgang um 177,8 Milliarden Dollar im Vergleich zu 2022. Konkret sank das Defizit im Warenhandel um 121,3 Milliarden Dollar oder 10,3 Prozent auf 1.061,7 Milliarden Dollar, während der Überschuss bei Dienstleistungen um 56,4 Milliarden Dollar oder 24,3 Prozent auf 288,2 Milliarden Dollar anstieg. Damit entsprach das Defizit bei Waren und Dienstleistungen 2023 nur noch 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – deutlich weniger als die 3,7 Prozent im Jahr 2022.
Dem muss aber auch entgegengehalten werden, dass die USA seit über 40 Jahren mehr importieren, als sie exportieren. Dazu sind die USA ein Magnet für ausländische Direktinvestitionen, womit die im Handel abfließenden Dollar wieder zurückkommen. Durch Auslandsinvestitionen lukriertes Geld schafft in China, Europa und weiteren Staaten Anreize, eine starke US-Wirtschaft zu fördern, wenn dort beispielsweise chinesisches und europäisches Geld investiert ist. Trump führt die negative Handelsbilanz auf unlauteren Wettbewerb zurück und propagiert Protektionismus als Lösung. Handelsbeschränkungen verschieben das Problem jedoch lediglich und schaffen neue Ungleichgewichte. Zudem fehlt der US-Wirtschaft die Kraft, das Defizit allein durch erhöhte Exporte auszugleichen – dafür wären sehr viele neue Arbeitsplätze nötig.
EU und USA: Ziemlich beste Handelspartner
Die Statistik zeigt auch, dass trotz protektionistischer und populistischer Rhetorik die EU und die USA die wichtigsten Handelspartner füreinander bleiben. Im Jahr 2023 erreichte das Handelsvolumen zwischen beiden Regionen beeindruckende 1,5 Billionen Euro. Im Warenhandel erzielte die EU einen Überschuss: Während die EU Waren im Wert von 503,8 Milliarden Euro in die USA exportierte, beliefen sich die Importe auf 347,2 Milliarden Euro. Insgesamt lag der Warenhandel bei 851 Milliarden Euro. Auch im Dienstleistungssektor sind die beiden Wirtschaftsräume eng verflochten. Hier importierte die EU Dienstleistungen im Wert von 396,4 Milliarden Euro aus den USA, während sie Dienstleistungen im Wert von 292,4 Milliarden Euro exportierte. Insgesamt lag das Handelsvolumen im Dienstleistungsbereich bei 688,8 Milliarden Euro.
Diese wirtschaftliche Partnerschaft schafft Arbeitsplätze und Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks. Rund 10 Millionen Menschen sind in Tochterunternehmen von US- und EU-Unternehmen beschäftigt – eine Zahl, die größer ist als die Bevölkerung von Österreich oder New York City. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Handel zwischen der EU und den USA mehr als verdoppelt, was die enge wirtschaftliche Verflechtung und die Bedeutung dieser Partnerschaft unterstreichen.
Wunderwaffe Zölle: Was sind sie? Wer zahlt sie? Wie wirken sie?
Zölle sind Abgaben, die auf importierte Waren erhoben werden. Sie können je nach Wert oder Gewicht eines Produkts berechnet werden. Ihr Ziel ist es, die heimische Produktion vor ausländischer Konkurrenz zu schützen und staatliche Einnahmen zu erhöhen. Die Zollbehörde eines Landes erhebt diese Abgaben, die direkt in die Staatskasse fließen. In der Europäischen Union fließen die Einnahmen in den EU-Haushalt. Zölle dienen somit als Einnahmequelle und Steuerinstrument für Regierungen. Da letztlich aber Importeur:innen die Zölle zahlen müssen, steigen damit die Kosten für Verbraucher:innen im importierenden Land, da die höheren Abgaben in Form von Preissteigerungen weitergegeben werden.
Zölle beeinflussen die heimische Wirtschaft auf unterschiedliche Weise. Sie machen importierte Waren teurer, was die heimische Produktion stärkt und vor ausländischer Konkurrenz schützt (Protektionseffekt). Gleichzeitig kaufen Verbraucher:innen dadurch weniger, da die Preise steigen (Absorptionseffekt). Dies kann wiederum zu einem Wohlstandsverlust führen, wenn die Kaufkraft der Verbraucher:innen stärker sinkt, als die Produzenten von der Maßnahme profitieren.
Trump 1.0 vs. Trump 2.0: Was war und was kommt
Schon in seiner ersten Amtszeit wollte Trump durch Zölle das Handelsdefizit verringern und Arbeitsplätze zurückholen – doch das Gegenteil war der Fall. Das Handelsdefizit stieg von 513 auf 679 Milliarden Dollar, und Strafzölle belasteten US-Haushalte mit rund 1.000 Dollar pro Jahr. Die Maßnahmen schadeten dem Vertrauen in die USA und dem globalen Handelssystem, ohne nennenswerte wirtschaftliche Vorteile zu bringen.
Die neue Trump-Administration plant, auf Exporte aus Ländern ohne bilaterales Freihandelsabkommen einen zusätzlichen Zoll von 10 Prozent zu erheben – ein Wert, der etwa viermal so hoch ist wie die durchschnittlichen US-Zollsätze gemäß WTO-Regeln. Auch die EU wäre von dieser protektionistischen Maßnahme betroffen.
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung hat berechnet, dass ein Anstieg der US-Importzölle auf 10 Prozent das US-Gesamteinkommen (BIP) nur leicht erhöhen würde (+0,08 Prozent), während die Realeinkommen der Menschen um 0,14 Prozent sinken würden, da Importe teurer werden. Bei einer weiteren Erhöhung der Zölle auf 60 Prozent für Importe aus China würde das Realeinkommen in den USA sogar um 0,33 Prozent zurückgehen. Auch die Handelspartner:innen wären betroffen, mit Einkommensverlusten von 0,05 Prozent in der EU und 0,15 Prozent in China. Die geplanten Zollerhöhungen auf US-Importe würden somit vor allem die Realeinkommen in den USA selbst schmälern, während die Auswirkungen auf die Handelspartner:innen wie die EU oder China vergleichsweise gering wären. Diese Schätzungen berücksichtigen jedoch keine möglichen Vergeltungsmaßnahmen oder die Unsicherheiten, die durch einen Rückgang des globalen Handels entstehen könnten. Solche Entwicklungen könnten die negativen Effekte erheblich verschärfen.
Zölle sind kein Zauberstab
Einseitige Handelsmaßnahmen wie die Erhöhung von Zöllen destabilisieren das internationale Handelssystem und fügen ihm langfristigen Schaden zu. Zwar können Zölle ein legitimes wirtschaftspolitisches Instrument sein, doch sind sie kein Zauberstab, um die Globalisierung der letzten Jahrzehnte rückgängig zu machen, das eigene Budget zu sanieren oder sich als Sieger über alle anderen zu stilisieren. Populistische Versprechen dieser Art ignorieren die komplexen Verflechtungen globaler Wertschöpfungsketten und die Vielfalt der Gründe, warum Waren und Dienstleistungen in unterschiedlichen Ländern produziert werden. Wer an der Spitze stehen will, sollte zuerst an sich selbst arbeiten, anstatt andere auszusperren.