Indiens monumentaler Wahlprozess: Eine Anleitung
Die größte Demokratie der Welt schreitet zur Wahl – und das sechs Wochen lang. Geopolitik-Expertin Velina Tchakarova gibt einen Überblick über die Themen, den Ablauf und die internationale Bedeutung der Wahlen in Indien.
Indien, die größte Demokratie der Welt nach Wählerzahl, steht vor einem bemerkenswerten Ereignis in seiner politischen Geschichte: Seit 19. April begeben sich 969 Millionen Wahlberechtigte auf eine fast sechswöchige Wahlreise, bis 1. Juni, um die nächste Zusammensetzung des Unterhauses des Parlaments zu bestimmen: In der „Lok Sabha“ geht es um 543 Sitze in einem Land mit mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern. Diese Wahlen sind nicht nur aufgrund ihrer Größe und Dauer bedeutend, sondern auch wegen der tiefgreifenden Auswirkungen, die sie auf die innenpolitische Lage Indiens und seine internationale Stellung haben werden.
Die Größe dieser Wahl ist auch beispiellos und übertrifft die kombinierte Bevölkerung der Vereinigten Staaten, der Europäischen Union und Russlands. Das macht die indische Wahl nicht nur zur größten demokratischen Übung weltweit, sondern unterstreicht auch die logistische und organisatorische Meisterleistung, die erforderlich ist, um sie durchzuführen: Seit der Unabhängigkeit hat sich das Wahlverfahren in Indien stetig weiterentwickelt, um den logistischen Herausforderungen eines derart umfangreichen und vielfältigen Elektorats gerecht zu werden. Die Wahl 2024 wird auch die zweitlängste nach der ersten Wahl von 1951 sein.
1. Indiens politische Landschaft
Die beiden Hauptakteure dieser Wahl sind die National Democratic Alliance (NDA), angeführt von Premierminister Narendra Modi und seiner Bharatiya Janata Party (BJP), sowie die Indian National Developmental Inclusive Alliance (INDIA), eine Koalition aus 28 Parteien unter der Führung des Indian National Congress. Die NDA strebt eine weitere Amtszeit unter Modis Führung an, während die INDIA-Koalition das Ziel hat, die BJP von der Macht zu verdrängen und eine Veränderung in der politischen Ausrichtung Indiens herbeizuführen.
Die Regierungspartei: Bharatiya Janata Party
Premierminister Narendra Modi, der die BJP anführt, strebt eine dritte Amtszeit an. Unter seiner Führung hat Indien bedeutende wirtschaftliche Wachstumsraten und eine verstärkte internationale Präsenz erlebt. Doch seine Amtszeit war auch von Kontroversen geprägt, insbesondere in Bezug auf Fragen der religiösen Toleranz und der Pressefreiheit.
Modis persönliches Charisma und seine politische Zuversicht resonieren stark mit der Hindu-Mehrheitsbevölkerung Indiens. Diese Verbindung hat nicht nur die BJP zu wiederholten Wahlsiegen geführt, sondern auch die Art und Weise verändert, wie Politik in Indien wahrgenommen wird. Modi wird oft als eine transformative Figur gesehen, die entschlossen ist, sowohl die wirtschaftliche als auch die soziale Landschaft Indiens zu reformieren. Die Erfolge in der Wirtschaft, die Fortschritte in der Außenpolitik und die Schritte zur Digitalisierung des Landes haben ihm eine weitreichende Popularität gesichert, die über traditionellen Populismus hinausgeht.
Die Opposition: Der Indische National Congress
Auf der anderen Seite steht die Koalition INDIA, angeführt vom Indischen Nationalkongress Indian National Congress, der größten gegenwärtigen Oppositionspartei. Die Opposition wirft Modi vor, die demokratischen Grundwerte Indiens zu untergraben und warnt vor einem weiteren Abbau der Bürgerrechte und Freiheiten bei seiner Wiederwahl.
Zu den bemerkenswerten Führungspersönlichkeiten dieser Koalition gehören der Kongresspräsident Mallikarjun Kharge und die Geschwister Rahul und Priyanka Gandhi. Ihre Mutter, Sonia Gandhi, bleibt eine zentrale Figur in der Opposition, obwohl ihre aktive Rolle im Wahlkampf im Vergleich zu 2019 möglicherweise zurückgehen könnte. Die Koalition umfasst auch die in Delhi regierende regierende Aam Aadmi Party (AAP) sowie mehrere wichtige regionale Parteien, was auf eine breite Bündelung verschiedener politischer Kräfte hindeutet.
Die Opposition, angeführt von der Kongresspartei und einer Koalition aus regionalen Parteien, wirft Modi vor, die demokratischen Grundwerte Indiens zu untergraben, und warnt vor einem weiteren Abbau der Bürgerrechte und Freiheiten bei seiner Wiederwahl.
Die Ausgangslage
Die Fähigkeit der Opposition, eine einheitliche Front zu präsentieren und die Unzufriedenheit über bestimmte Regierungspolitiken zu kanalisieren, könnte einen eher geringen Einfluss auf den Ausgang der Wahlen ausüben – denn das Phänomen Narendra Modi und seine Auswirkung auf das politische Klima in Indien sind beispiellos. Modis Führungsstil und seine Politik haben das politische System Indiens in einer Weise verändert, die noch vor einem Jahrzehnt als unwahrscheinlich galt.
Die BJP unter der Führung von Premierminister Narendra Modi tritt mit der Erwartung an, dass ihre bisherige Leistung sie erneut an die Macht bringen könnte. 2019 sicherte sich die BJP beeindruckende 303 Sitze, während ihre Koalition insgesamt 352 Sitze gewann. Diese Zahlen spiegeln eine starke Basis der Unterstützung und eine erfolgreiche Konsolidierung der Macht wider.
2. Die Themen und Programme
Die Wahlen sind nicht nur ein Kampf um politische Macht, sondern auch ein Ausdruck der verschiedenen sozialen, wirtschaftlichen und geopolitischen Spannungen, die das Land prägen. Zu den vorrangigen Themen gehören die Wirtschaftspolitik, Beschäftigung, Minderheitenrechte, die nationale Sicherheit und Indiens Stellung auf der globalen Bühne. Die Wahl wird hauptsächlich von Schlüsselthemen wie Wirtschaftspolitik, Arbeitslosigkeit, sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz dominiert. Die jüngsten Bauernproteste und die Reaktion der Regierung darauf haben auch das politische Bewusstsein für landwirtschaftliche und ländliche Belange geschärft.
Die BJP setzt auf ihre bisherigen Erfolge in der Wirtschafts- und Außenpolitik, während die INDIA-Koalition Modis Regierung kritisiert und eine inklusivere und transparentere Regierungsführung fordert. Darüber hinaus hat Modi kürzlich eine Reihe großzügiger Wohlfahrtsprogramme ins Leben gerufen, darunter die kostenlose Abgabe von Getreide an 800 Millionen der ärmsten Bürgerinnen und ein monatliches Stipendium für Frauen aus einkommensschwachen Familien. Diese Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, die Unterstützung unter den ärmeren Schichten der Gesellschaft zu stärken und gleichzeitig die Wirtschaftsdynamik anzukurbeln.
Modi als Markenkern der BJP
Das 75-seitige Wahlmanifest von der BJP, das stark auf Modi zugeschnitten ist, zeigt deutlich, wie zentral Modi für die Partei und ihre Strategie ist: Seine Präsenz auf fast jeder Seite des Manifests ist nicht nur ein Zeichen seiner Popularität, sondern auch ein strategischer Zug, um die Wählerbasis zu mobilisieren. Dieses Manifest, obwohl kritisiert für seinen Mangel an Detailtiefe, spiegelt die Prioritäten und Versprechungen wider, die Modi und die BJP für eine weitere Amtszeit definieren. Die Opposition warnt jedoch davor, dass eine dominante BJP-Mehrheit die säkularen Wurzeln Indiens gefährden könnte, insbesondere wenn Modi die notwendige Zweidrittelmehrheit erreichen sollte, um Verfassungsänderungen durchzuführen. Modi selbst hat diese Bedenken als „bedeutungslos“ abgetan, was die polarisierte Stimmung innerhalb des politischen Diskurses Indiens weiter anheizt. Die Frage lautet nicht nur, wer die Wahlen gewinnen wird – sondern auch in welche Richtung Modi Indien in seiner möglichen nächsten Amtszeit führen wird.
It’s the Economy, Stupid!
Indien leidet unter einer Jugendarbeitslosenquote, die dreimal so hoch ist wie die allgemeine Arbeitslosenquote des Landes. Insofern ist der Schwerpunkt der Wahlkampagnen klar: Das Wahlmanifest der BJP verspricht vor allem neue Arbeitsplätze, den Ausbau der Infrastruktur und Unterstützung für die ärmsten Bevölkerungsschichten.
Der National Congress stellt dieses Thema ebenfalls in den Mittelpunkt und kritisiert die aktuelle Regierung für zu wenig Fortschritt in der Schaffung von Arbeitsplätzen. Er verspricht eine umfassende Agenda zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit mit dem Versprechen, jährlich 5.000 Kilometer neuer Zugstrecken zu bauen und die Energieunabhängigkeit durch den Umstieg auf Atomkraft und erneuerbare Energien zu fördern. Die Fortsetzung des Programms für kostenlose Rationen, das den ärmsten Menschen des Landes bis zu fünf Kilo Getreide pro Monat zur Verfügung stellt und um weitere fünf Jahre verlängert wird, zeigt das Engagement der Partei für soziale Wohlfahrt und Armutsbekämpfung.
Das Wahlmanifest behandelt auch sensible Themen, die für Diskussionen im Land sorgen. Die Idee, ein einheitliches Zivilgesetzbuch einzuführen, das für alle Bürgerinnen gilt und persönliche Angelegenheiten wie Heirat, Scheidung und Erbschaft standardisiert, ruft gemischte Reaktionen hervor. Während dies auf den ersten Blick nach Vereinheitlichung und Vereinfachung der Rechtsprechung klingt, befürchten einige Minderheitengruppen, dass ihre kulturellen und religiösen Besonderheiten dadurch untergraben werden könnten.
Opposition kritisiert gesellschaftliche Polarisierung
Ein weiteres zentrales Thema, das die Wahlen prägt, sind die Bedenken von Minderheitengruppen. Berichte über Diskriminierung und Übergriffe gegen Minderheiten haben in den letzten Jahren zugenommen – was zu Befürchtungen geführt hat, dass diese Gruppen unter der BJP-geführten Regierung als Bürger:innen „zweiter Klasse“ behandelt werden. Die Opposition nutzt diese Situation, um die Regierung herauszufordern und fordert stärkere Schutzmaßnahmen und Gleichberechtigung für alle Bürgerinnen. Die BJP weist diese Vorwürfe zurück und betont ihre Politik der inklusiven Entwicklung und Sicherheit für alle Gemeinschaften.
3. Der Ablauf
Am 19. April starteten die allgemeinen Wahlen in Indien mit der ersten Phase, in der in 102 Wahlkreisen in 21 Bundesstaaten abgestimmt wurde. Diese Phase markierte den Beginn eines umfassenden und mehrstufigen Wahlprozesses, der die vielfältige politische Landschaft Indiens widerspiegelt. Besonders in Tamil Nadu sowie in den Bundesstaaten und Unionsterritorien wie Meghalaya, Mizoram, Nagaland, Sikkim, den Andamanen und Nikobaren, Lakshadweep und Puducherry sind die Wahlen bereits abgeschlossen.
In Manipur, einem unruhigen nordöstlichen Bundesstaat Indiens, fand am 22. April eine Wiederholung der Wahlen in Wahlwiederholung in elf Wahllokalen statt, nachdem frühere Abstimmungen von gewalttätigen Übergriffen durch bewaffnete Gruppen überschattet wurden. Trotz der angespannten Sicherheitslage und der andauernden Konflikte zwischen der Kuki-Zo-Minderheit und der Meitei-Mehrheit verlief die Wahl diesmal friedlich und erreichte eine beeindruckende Wahlbeteiligung von fast 82 Prozent. Diese Entwicklung wird als ein positiver Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Wahlprozess in einer Region gesehen, die durch jüngste ethnische Spannungen schwer getroffen wurde.
In der zweiten Phase der indischen Parlamentswahlen 2024 werden Wähler aus 89 Wahlkreisen in 13 Bundesstaaten und Unionsterritorien ihre Stimmen abgeben. Diese umfassen wichtige Staaten wie Kerala, Karnataka, Rajasthan und Uttar Pradesh sowie das Unionsterritorium Jammu und Kaschmir. In Kerala wird über alle 20 Sitze abgestimmt, während in Rajasthan 13 der 25 Sitze und in Karnataka 14 der 28 Sitze zur Wahl stehen. Uttar Pradesh, der bevölkerungsreichste Staat Indiens, wird acht seiner 80 Sitze wählen, und in Madhya Pradesh stehen sechs der 29 Sitze zur Abstimmung. Diese Phase umfasst auch Wahlkreise in den Staaten Assam, Bihar, Maharashtra, Westbengalen, Chhattisgarh und Tripura sowie in Manipur, wo in Teilen eines der beiden Sitze gewählt wird.
Die politische Zusammensetzung in diesen Bundesstaaten variiert, was die Wahlen besonders interessant macht. Kerala etwa wird von einem Linksbündnis unter der Führung der Kommunistischen Partei Indiens regiert, die Teil der INDIA-Koalition ist, in Karnataka dagegen hält der Kongress die Regierungsmacht. Die BJP hat eine starke Präsenz in mehreren der in Phase zwei wählenden Bundesstaaten, darunter Assam, Manipur, Tripura, Uttar Pradesh, Rajasthan, Madhya Pradesh und Chhattisgarh, und regiert über Koalitionen in Bihar und Maharashtra. Westbengalen wird von der All India Trinamool Congress Party geleitet, die ebenfalls zur INDIA-Koalition gehört. Diese diversifizierte politische Landschaft verspricht eine spannende und entscheidende Abstimmung in dieser Phase der Wahlen.
Insgesamt reflektieren die erste und die zweite Phase der Wahlen bereits die komplexe und dynamische Natur der indischen Demokratie, die durch regionale Vielfalt und politische Leidenschaft charakterisiert ist. Die Welt schaut gespannt auf die nächsten Phasen in diesem bedeutenden demokratischen Prozess. Ein interessantes Element dieser Wahl ist das höchstgelegene Wahllokal der Welt im Himalaya sowie die große Zahl neuer Wähler: Etwa 45 Millionen junge Inder:innen, die seit der letzten Wahl 2019 volljährig geworden sind, bringen potenziell frische Perspektiven und Prioritäten in den Wahlprozess ein.
4. Globale Auswirkungen
Mehr „Soft Power“ für Indien
Premierminister Narendra Modi hat im Wahlmanifest seiner BJP auch umfassende außenpolitische Ziele festgelegt. Eines der herausragenden Versprechen ist die Schärfung von Indiens internationalem Profil, insbesondere durch die Förderung von „Soft Power“. Die geplante Eröffnung von Yoga- und Ayurveda-Instituten weltweit soll nicht nur die kulturelle Ausstrahlung Indiens stärken, sondern auch seine diplomatische und kulturelle Vernetzung fördern.
Ein Sitz im UN-Sicherheitsrat
Ein weiteres bedeutendes Ziel ist Indiens Bestreben, ein ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat zu werden. Ein schwieriges Vorhaben, vor allem aufgrund des Widerstands des lokalen Rivalen China. Die Aufnahme als ständiges Mitglied würde Indiens Einfluss in internationalen Angelegenheiten signifikant erhöhen und ist ein langfristiges Ziel indischer Außenpolitik.
Positionierung gegenüber Nachbarstaaten
Die Pläne zum Ausbau der Infrastruktur entlang der volatilen Grenzen zu Pakistan, Myanmar und China sowie die Verstärkung des „defensiven Fußabdrucks“ Indiens in der südasiatischen Region sind Reaktionen auf die geopolitischen Spannungen in Asien, insbesondere die zunehmende Präsenz Chinas im Indischen Ozean und im Indopazifischen Raum.
Die Kritik der Opposition an Modis Wahlmanifest spiegelt jedoch auch die Bedenken hinsichtlich der behandelten und ignorierten Themen wider. Die Opposition wirft Modi vor, in seinem Manifest „sanftmütig“ gegenüber China zu sein und den anhaltenden Grenzstreit, der 2020 zum Tod von 20 indischen Soldaten führte, nicht ausreichend zu adressieren. Diese Kritikpunkt deutet auf eine wahrgenommene Zurückhaltung der BJP hin, sich direkt mit den härtesten Aspekten der chinesischen Bedrohung auseinanderzusetzen.
Wirtschaft und Klima
Die Wahl 2024 wird auch erhebliche internationale Konsequenzen haben: Indien spielt eine immer wichtigere Rolle auf der globalen Bühne, sei es im Bereich des Klimawandels, bei der Förderung der digitalen Wirtschaft oder als Gegengewicht zu China in der asiatischen Geopolitik. Darüber hinaus hat Indiens Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres wieder ein beeindruckendes Wachstum von etwa 8 Prozent verzeichnet und sich damit als schnellstwachsende unter den großen Volkswirtschaften positioniert. Premierminister Narendra Modi, der dieses Wachstum zum zentralen Thema seines Wahlkampfs gemacht hat, verspricht, dass Indien bei einem weiteren Wahlsieg seiner Regierung zum drittwichtigsten globalen Wirtschaftsakteur aufsteigen wird.
Aufstieg zur regionalen Macht
Die infrastrukturellen Entwicklungen, die unter seiner Führung stattgefunden haben – darunter glänzende neue Straßen und Brücken in und um die Metropolen Neu-Delhi und Mumbai –, sind sichtbare Zeichen seines Engagements. Modi plant weiterhin den Ausbau der Infrastruktur und die Förderung neuer Industrien, wie etwa der Halbleiterbranche und der Entwicklung von Transportkorridoren, die Indien besser mit der Welt verbinden sollen.
Diese Wachstumsstrategie wird durch Indiens zunehmendes globales Ansehen unterstützt, das auch durch die erfolgreiche Ausrichtung des G20-Gipfels und diplomatische Erfolge wie die Evakuierung indischer Staatsbürger aus der Ukraine unterstrichen wird. Modi sieht Indien auf dem Weg, eine eigenständige geopolitische und geoökonomische Supermacht zu werden, die sich als Brückenbauer zwischen dem Westen und dem Drachenbären (China und Russland) positioniert.
Fazit
Die Wahlen in Indien sind nicht nur eine Entscheidung über die innen- und außenpolitische Positionierung Indiens. Es geht auch darum, ob die indische Demokratie in der Lage ist, ihre vielfältigen gesellschaftlichen Gruppen zu integrieren und eine gerechte und inklusive Politik zu fördern. Die Wahlbeteiligung, die Entscheidungen der zig Millionen jungen Wählerinnen und die Dynamik der verschiedenen Bundesstaaten und Regionen Indiens – all das wird die Welt genau beobachten.
Für den Rest der Welt geht es aber vor allem um langfristige Auswirkungen – einerseits auf die regionale Stabilität in Südasien, andererseits auf Indiens Rolle in der Welt. Die Wahl wird höchstwahrscheinlich zeigen, dass Modi seine Politik der letzten zehn Jahre fortsetzen kann. Fest steht bis dahin nur: Indiens Wahlzyklus 2024 bietet eine außergewöhnliche Perspektive auf die Dynamik der Demokratie im bevölkerungsreichsten und kulturell vielfältigsten Land der Welt.
VELINA TCHAKAROVA ist Gründerin des Forschungs- und Beratungsunternehmens FACE (For A Conscious Experience e.U.) und Visiting Fellow an der Observer Research Foundation in Indien. Als geopolitische Expertin gibt sie ihre Einschätzung zu Entwicklungen der internationalen Beziehungen ab.