Übergewinne in den Kammern
Während die Bevölkerung mit stark steigenden Preisen konfrontiert ist, verzeichnen viele öffentliche Organisationen inflationsbedingt Rekordeinnahmen. Allen voran der Finanzminister, die Landespolitik und die öffentlichen Energieversorger.
Wenig beachtet bleiben allerdings die Kammern, die nicht nur Rekordeinnahmen verbuchen, sondern auch Rekordüberschüsse – trotz massiver Ineffizienz in den Kammerapparaten, üppigster Pensionsprivilegien und zunehmender Aktivitäten bezüglich Überschuss- & Rücklagenverschleierungen. Die Kammern wissen schlichtweg nicht mehr, wohin mit dem vielen überschüssigen Beitragsgeld und welchen Unfug sie sonst noch damit finanzieren sollen, um nur ja nicht die Beiträge senken zu müssen.
Gründe für die Übergewinne in den Kammern
Der Geldregen in den Kammern hat mehrere Gründe, die Inflation ist nur der Zuckerguss. So verstoßen die Kammern seit jeher gegen die gesetzlichen Gebarungsgrundsätze, die den Kammern regelmäßige Überschüsse verbieten, und verlangen von ihren Zwangsmitgliedern mehr Beiträge als nötig.
Symbolbild, produziert mit Midjourney AI
Aufgrund der Inflation profitieren die Kammern zusätzlich von aktuellen Entwicklungen bei Löhnen und Energiepreisen – mit der Folge, dass die Beitragseinnahmen deutlich schneller steigen als die Ausgaben. Konkret profitiert die Wirtschaftskammer davon, dass die WK-Umlage 1 an die Vorsteuer gekoppelt ist, die dank der stark steigenden Energiekosten nach oben getrieben wird. Von den steigenden Löhnen haben beide Kammern etwas, da die AK-Beiträge und die WK-Umlage 2 an die Bruttolöhne gebunden sind.
Das Ausmaß der Übergewinne in den Kammern
Aufgrund der geschilderten Faktoren sind die Überschüsse weiter gestiegen. Und der inflationsbedingte Beitragsturbo wird auch für die nächsten Jahre anhalten, wie die Agenda Austria in ihrer aktuellen Prognose berechnet hat. Dabei liegen die Überschüsse der Wirtschaftskammer jetzt schon bei 153 Millionen Euro (17 Prozent der Kammerbeiträge) und die der Arbeiterkammer bei 54 Millionen Euro (10 Prozent der Kammerbeiträge). Von nachhaltigen Beitragssenkungen ist aber nach wie vor keine Rede.
Das Jahr 2020 bleibt somit eine absolute Ausnahme: Damals hat die Wirtschaftskammer vorrübergehend die Beiträge gesenkt, wodurch sich ein Verlust von 78 Millionen Euro ergeben hat. Dabei würden die Kammern auf genügend Rücklagen sitzen, um die Beiträge dauerhaft und deutlich zu senken. Ende 2022 beliefen sich die Rücklagen der Wirtschaftskammer auf 2 Milliarden Euro und bei der Arbeiterkammer auf 600 Millionen Euro.
Kammernaufsicht schaut tatenlos zu
Dass die Kammern weiterhin ungeniert zu hohe Beiträge verlangen können, liegt aber nicht nur an ihnen selbst, sondern auch an der Aufsichtsbehörde: dem Arbeits- und Wirtschaftsministerium. Denn Minister Kocher genehmigt die Rechnungsabschlüsse der Kammern, obwohl sie die Gebarungsgrundsätze nicht befolgen und regelmäßig mehr Beiträge einheben, als sie brauchen.
Würde Kocher allerdings einmal Nein sagen, wären die Kammern gezwungen, die Beiträge zu senken. Aber dieses politische Minenfeld wagt der Arbeits- und Wirtschaftsminister offenbar nicht einmal in der aktuellen Lage der Rekordinflation zu betreten.
Auch Gesetzesanträge zu Rücklagenobergrenzen mit automatischen Beitragssenkungsmechanismen werden regelmäßig von der rot-schwarzen Einheitsfront im Parlament abgeschmettert. Denn wenn es um die rot-schwarzen Kammerrücklagen geht, funktioniert die rot-schwarze Achse – bedauerlicherweise – wie in besten großkoalitionären Zeiten. So sieht die SPÖ die AK-Gelder als ihr Eigentum an, und die ÖVP wiederum die WK-Gelder. Dieser immerwährende rot-schwarze Eigentumsvorbehalt sichert den beiden Kammerparteien auch einen erheblichen politischen Vorteil gegenüber den kleineren Parteien ab.
Kein Ende der Übergewinne in Sicht
Da es zudem extrem schwierig ist, medial auf die Missstände in den Kammern hinzuweisen, werden sie auch weiterhin zu hohe Beiträge verlangen und Übergewinne schreiben. So ist es beispielsweise fast unmöglich, mit kammerkritischen Beiträgen in der größten österreichischen Boulevardzeitung unterzukommen – weil die Kammern den Boulevard mit Kammerinseraten mehr oder weniger fluten: allein im Jahr 2022 mit knapp 24 Millionen Euro.
Es wird die Leserinnen und Leser daher wenig überraschen, dass auch Gesetzesanträge zu Inserateausgabenbegrenzungen für die Kammern regelmäßig an der parlamentarischen rot-schwarzen Mehrheit scheitern. Darum werden Sie auch die nächsten Jahre kaum etwas über die Rekordgewinne in Kammern zu lesen bekommen.
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass dem Bundeshaushalt seit 2010 mindestens 340 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgangen sind, weil die Kammern trotz der regelmäßigen Gewinne, die sie nicht erzielen dürften, von der Körperschaftsteuer befreit sind.