Trump 2.0 und die globale geopolitische Ordnung
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Trump 2.0 und die Rückkehr der „America First“-Politik
Die geopolitische Weltlage hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Seit dem Ende seiner ersten Amtszeit ist Donald Trump zwar aus dem Weißen Haus verschwunden, doch seine Idee einer konsequenten „America First“-Politik hat bei Teilen der US-amerikanischen Bevölkerung an Popularität gewonnen. Mit dem Amtsantritt Trumps als Präsident der Vereinigten Staaten im Jahr 2025 – gewissermaßen „Trump 2.0“ – deutet sich eine erneute Verschiebung der internationalen Kräfteverhältnisse an. Seine Rückkehr in das höchste US-Staatsamt ist begleitet von großen Versprechungen, die Vereinigten Staaten wieder zu einer unabhängigen, uneingeschränkt souveränen Macht zu machen, die ihre Interessen notfalls gegen die gesamte Welt durchsetzen will. Wie diese Entwicklungen in einzelne geopolitische Schauplätze und politische Bereiche unter Trump 2.0 hineinwirken und welche langfristigen Folgen sich daraus für die Weltpolitik ergeben könnten, steht im Zentrum der folgenden Analyse.
Allgemeine geopolitische Agenda unter „America First“
Donald Trumps zweiter Amtsantritt basiert auf der festen Überzeugung, dass internationale und regionale Organisationen oftmals mehr Kosten als Nutzen für die USA bringen. Er argumentiert, dass viele dieser Institutionen die nationale Souveränität einengen und mitunter sogar die Sicherheitsinteressen gefährden könnten. Unter Trump 2.0 wird daher eine Politik forciert, die gezielt Mitgliedschaften oder finanzielle Beiträge zu Institutionen auf den Prüfstand stellt. Darunter fallen nicht nur Organisationen wie die WHO, sondern auch militärische Bündnisse und regionale Abkommen, wenn sie den Eindruck erwecken, die USA würden sich „unfairerweise“ für die Sicherheit anderer Staaten engagieren.
Gleichzeitig definiert Trump in seiner „America First“-Agenda sehr klar, wer der Hauptgegner in der kommenden Ära sein wird: China. In Washington herrscht mittlerweile parteiübergreifender Konsens darüber, dass der Aufstieg Chinas zur größten Bedrohung für die bisherige Vormachtstellung der USA werden könnte. Die Fokussierung auf die vierte industrielle Revolution – insbesondere künstliche Intelligenz, 5G-Technologien, Quantumcomputing und Biotechnologie – spiegelt die Erkenntnis wider, dass künftige Macht vor allem in der Fähigkeit liegen wird, technologische Durchbrüche als Erster zu erzielen und zu kontrollieren. Trump 2.0 hat damit eine klare Devise ausgegeben: Die USA sollen diese Schlüsselindustrien dominieren und die globale Innovationsführerschaft übernehmen.
Trump als Friedensstifter?
Trumps Selbstdarstellung als Präsident, der keine neuen Kriege anfangen will, ist nicht neu. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte er versucht, als Vermittler zwischen Nord- und Südkorea sowie im Nahen Osten aufzutreten. Im Jahr 2025 knüpft er nun an diese Rhetorik an. Allerdings bleibt fraglich, wie wirksam seine Friedensinitiativen tatsächlich sind. Zwar haben seine Berater eine wichtige Rolle beim Zustandekommen des jüngsten Waffenstillstands zwischen Israel und Hamas gespielt, und auch die Freilassung zahlreicher Geiseln wurde durch intensiven diplomatischen Druck der USA erreicht. Doch das eigentliche Konfliktpotenzial, das sich aus der Grundsatzfrage des israelisch-palästinensischen Verhältnisses speist, ist damit nicht beseitigt.
Zudem plant Trump 2.0, mit Russland über ein Ende des Ukraine-Kriegs zu verhandeln. Er will sich als Vermittler zwischen Moskau und Kiew inszenieren und strebt hierfür einen Gipfel mit Präsident Putin an. Doch so ambitioniert diese Vorhaben anmuten, so sehr wird der harte Realismus der Geopolitik Trump schnell einholen. Sowohl im Nahen Osten als auch in Osteuropa wird ein dauerhaft stabiler Frieden kaum durch einfache Abkommen oder kurzfristige Waffenstillstände zu erreichen sein. Auch in Osteuropa erhebt Trump den Anspruch, als „Deal Maker“ aufzutreten, der mit Russland einen Waffenstillstand in der Ukraine aushandeln will. Beobachter in Europa und insbesondere in Kiew reagieren darauf allerdings skeptisch, weil befürchtet wird, Trump könne russischen Interessen zu stark entgegenkommen und dabei die territoriale Integrität der Ukraine aufs Spiel setzen. Dennoch ist die Aussicht auf eine mögliche Deeskalation in der Ukraine, selbst wenn sie nur zeitlich begrenzt wäre, für manche europäischen Staats- und Regierungschefs eine willkommene Perspektive.
Der Indopazifik als neuer Brennpunkt
Während Trump nach außen hin Frieden propagiert, eskalieren im Indopazifikraum die Spannungen unvermindert weiter. China intensiviert seine Manöver im Süd- und Ostchinesischen Meer und baut seine militärische Präsenz rund um Taiwan aus. Gleichzeitig verschärfen sich Konflikte auf der koreanischen Halbinsel, wo Nordkorea unter Kim Jong-un neue Raketen- und Atomtests ankündigt, während Südkorea weiterhin eng mit den USA kooperiert. Trump 2.0 versucht einerseits, mit strenger Rhetorik gegenüber Pjöngjang Härte zu demonstrieren, und sichert Tokio und Seoul seine Unterstützung zu. Andererseits will er die Präsenz der US-Streitkräfte nicht über Gebühr erhöhen, da dies seinen Wahlversprechen zuwiderlaufen würde, wonach die USA weniger Geld und Soldaten im Ausland stationieren sollten.
Hinzu kommt, dass Russland im Rahmen des „Drachenbär“-Bündnisses immer deutlicher signalisiert, China diplomatisch und militärisch zu unterstützen. Die Rivalität im Indopazifik könnte dadurch weiter angeheizt werden. Außerdem schafft China – teils offen, teils hinter den Kulissen – weiterhin wirtschaftliche und technologische Abhängigkeiten in Südost- und Zentralasien, um seine globale Machtstellung auszubauen.
Trump 2.0: Implikationen für Grönland, Panamakanal und Kanada
Im Zentrum von Trumps geopolitischer Strategie stehen weiterhin bestimmte Regionen, die durch ihre Ressourcen, ihre Infrastruktur oder ihre strategische Lage besonders wichtig für die USA sind. Gleich mehrere Schauplätze im erweiterten amerikanischen Einflussraum rücken dabei in den Fokus: Grönland, der Panamakanal und die Beziehungen zu Kanada (sowie Mexiko).
Grönland – Dreh- und Angelpunkt in der Arktis
Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Donald Trump versucht, Grönland von Dänemark zu kaufen – ein Schritt, der damals für diplomatische Irritationen sorgte. Heute, mit einer verschärften Rivalität zwischen den USA und dem „DragonBear“-Bündnis, könnte Grönland erneut an Bedeutung gewinnen. Die Insel verfügt über große Vorkommen an seltenen Erden und anderen strategisch wichtigen Rohstoffen, welche für die vierte industrielle Revolution von essenzieller Bedeutung sind. Gleichzeitig bietet Grönland ideale Voraussetzungen für Militär- und Radarstationen, die im Zuge einer möglichen arktischen Militärpräsenz eine wichtige Rolle spielen könnten.
Ein weiterer Aspekt ist die schmelzende Arktis. Durch den Klimawandel öffnen sich potenzielle neue Schiffsrouten im Nordpolarmeer. Wer diesen Seeweg kontrolliert, gewinnt Einfluss auf globale Handelsströme. Russland ist hier besonders aktiv und baut bereits seit Jahren seine arktische Infrastruktur aus. China wiederum investiert stark in eisbrechende Technologien und sucht nach Partnerschaften mit arktischen Anrainerstaaten. Washington, so Trumps Überzeugung, darf hier nicht ins Hintertreffen geraten.
Panamakanal – Schlüsselpassage im Welthandel
Der Panamakanal war jahrzehntelang unter US-Kontrolle, bis er 1999 an Panama zurückgegeben wurde. Heute ist er für Washington immer noch ein kritischer Korridor für den Handel zwischen Atlantik und Pazifik. Unter Trump 2.0 dürfte der Kanal wieder verstärkt in den Fokus rücken, insbesondere weil China versucht, seinen Einfluss in Mittelamerika auszubauen. Chinesische Unternehmen sind an Infrastrukturprojekten rund um den Panamakanal beteiligt und können somit ihren wirtschaftlichen Fußabdruck in der Region vergrößern.
Trumps Antwort darauf könnte eine Kombination aus wirtschaftlichem Druck und diplomatischer Machtausübung sein. Denkbar sind erhöhte Zölle oder restriktive Handelsabkommen mit Panama sowie ein Ausbau von US-Militärkooperationen in angrenzenden Staaten, um Chinas Aktivitäten einzudämmen. Auch wenn Trump zwar keine neuen Konflikte anzetteln will, ist es fraglich, ob die regionale Dynamik mit rein ökonomischen Mitteln unter Kontrolle zu halten ist, gerade wenn China weiter investiert und Russland als strategischer Partner im Hintergrund agiert.
Kanada – Enger Nachbar und neuer Konfliktherd?
Kanada wird traditionell als engster Verbündeter der USA gesehen, doch schon in Trumps erster Präsidentschaft gerieten die Beziehungen ins Wanken: Handelskonflikte und Zölle, insbesondere auf Stahl und Aluminium, hatten für Spannungen gesorgt. Nach Gesprächen mit den Präsidenten von Mexiko und Kanada haben die USA beschlossen, die ursprünglich für den 3. Februar 2025 geplanten Zölle von 25 Prozent auf Importe aus beiden Ländern um einen Monat zu verschieben. Kanada wird einen Regierungsbeauftragten für den Kampf gegen den Fentanyl-Schmuggel ernennen, die Grenze verstärken und eine gemeinsame Polizeieinheit mit den USA einsetzen. Unter Trump 2.0 bleibt allerdings das Risiko bestehen, dass neue Handelsbarrieren errichtet werden. Washington könnte zum Beispiel Zölle gegen kanadisches Holz, Agrarprodukte oder Mineralien verhängen, falls es zu Auseinandersetzungen über nationale Interessen kommt. Dazu kommt, dass Trump eine strenge Migrationspolitik verfolgt, die sich auch auf die nördliche Grenze auswirken könnte.
Kanada wiederum steht vor einer historisch wichtigen Wahl. Kanada steht vor einem bedeutenden politischen Umbruch, da Premierminister Justin Trudeau seinen Rücktritt angekündigt hat. Dieser Schritt eröffnet die Möglichkeit für vorgezogene Parlamentswahlen, die frühestens Ende März 2025 stattfinden könnten. In diesem Kontext gewinnt die Außenpolitik, insbesondere der Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten, an Bedeutung und könnte die Wahlergebnisse maßgeblich beeinflussen. Die Wähler sind nun besonders interessiert daran, wie die politischen Parteien mit der US-Handelspolitik umgehen wollen. Die Fähigkeit, die nationale Souveränität zu wahren und gleichzeitig wirtschaftliche Beziehungen zu den USA zu managen, wird als entscheidend angesehen.
Nach dem angekündigten Rücktritt Justin Trudeaus konkurrieren mehrere hochrangige Politikerinnen und Politiker um die Nachfolge. Die Kanadierinnen und Kanadier sind zunehmend verunsichert, wie stark sie sich in einer Welt positionieren sollen, die vom neuen Kalten Krieg zwischen den USA und dem „DragonBear“-Bündnis dominiert wird. Die Aussicht auf eine konservative Mehrheit im Parlament, angeführt von Pierre Poilievre, könnte in der Tat einen politischen Kurswechsel bringen. Dies betrifft nicht nur die Handelspolitik, sondern auch die Frage, wie man mit Washington in Sicherheits- und Umweltfragen zusammenarbeitet.
Kanada, das sich selbst als liberale, multikulturelle Nation versteht und traditionell enge Beziehungen zu Europa pflegt, könnte sich in einer geostrategischen Zwickmühle wiederfinden. Einerseits hängen Wohlstand und Sicherheit Kanadas eng von guten Beziehungen zu den USA ab, andererseits möchte man nicht sämtlichen Alleingängen Trumps folgen, insbesondere wenn diese der multilateralen Ordnung schaden. Diese Spannungen dürften die innenpolitische Debatte maßgeblich beeinflussen und das Wahlergebnis mitbestimmen.
Auswirkungen auf Nord- und Südamerika
Die „America First“-Politik Trumps hat nicht nur in Nordamerika, sondern auch in Lateinamerika und der Karibik Folgen. So könnten neue Zollkonflikte oder Einschränkungen im Handel Kettenreaktionen auslösen, etwa für Mexiko, Brasilien oder Argentinien. Gleichzeitig beobachten US-amerikanische Entscheidungsträger mit Argwohn den wachsenden Einfluss Chinas in Lateinamerika, insbesondere durch Investitions- und Infrastrukturprogramme im Rahmen der Belt-and-Road-Initiative (BRI).
Mexiko und die US-Grenzpolitik
Mexiko ist aufgrund seiner direkten Grenze zu den USA stets im Mittelpunkt. Trump 2.0 fordert eine verstärkte Sicherung gegen illegale Migration und den Drogenschmuggel – insbesondere Fentanyl, das die Vereinigten Staaten seit Jahren in eine schwere Gesundheits- und Opioidkrise stürzt. Die mexikanische Regierung versucht, erneuten Strafzöllen auf Autos und andere Exporte zu entgehen. Mexiko hat zugesagt, 10.000 Soldaten an die Grenze zu den USA zu entsenden, um gegen illegale Migration und den Schmuggel von Fentanyl vorzugehen. Dennoch bleibt das Verhältnis angespannt, da US-Unternehmen von den günstigen Produktionsbedingungen in Mexiko profitieren, Trump jedoch darin eine Gefahr für heimische Arbeitsplätze sieht.
Südamerikanische Partner
In Südamerika wiederum stehen Länder wie Kolumbien, Brasilien, Chile und Peru in ihrem Bemühen um Handelspartnerschaften zunehmend vor der Entscheidung, sich entweder den USA oder dem „DragonBear“-Block anzunähern. Die Trump-Regierung hat ein neues Abkommen mit Kolumbien geschlossen, in dem sich Kolumbien verpflichtet, abgeschobene Staatsangehörige ohne Einschränkungen zurückzunehmen – sogar mithilfe von Militärflugzeugen. Um die Einhaltung dieser Vereinbarung zu sichern, behält sich die US-Regierung Strafzölle und Sanktionen vor. Damit demonstriert die Trump-Administration ihre harte Linie in Fragen nationaler Souveränität und illegaler Einwanderung. Für Kolumbien könnte dies sowohl finanziell als auch gesellschaftlich belastend sein und innenpolitischen Widerstand auslösen. Dieses Vorgehen setzt ein Signal an andere Länder, die mit ähnlichen Forderungen rechnen könnten und somit in globalen Migrations- und Handelsfragen unter neuen Druck geraten. Gerade Brasilien, als größte Volkswirtschaft des Kontinents, könnte sich künftig stärker an China binden, sollte Trump seine aggressiven Zoll- und Handelspraktiken fortsetzen. Umgekehrt könnten die USA versuchen, durch Handelsabkommen, Investitionen und diplomatischen Druck Länder in ihrer Einflusssphäre zu halten. Das Ergebnis wäre eine neue Form der Blockbildung, die an vergangene Zeiten erinnern mag, in denen sich Lateinamerika zwischen den USA und der Sowjetunion positionieren musste.
Agenda gegenüber Europa, EU, UK und NATO
Europa steht unter Trump 2.0 vor einer weiteren Belastungsprobe. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump das transatlantische Verhältnis auf die Probe gestellt und der EU vorgeworfen, die USA unfair zu behandeln – sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch. Zwar haben sich einige Differenzen seitdem wieder gelegt, doch unter Trump 2.0 drohen neue Spannungen.
Wie schon zuvor angedeutet, erwägt Trump die Einführung von pauschalen Zöllen von mindestens 10 Prozent auf alle Importe aus Europa. Dies beträfe sämtliche Güter, vom Automobilsektor bis hin zu Agrarprodukten, und würde die EU-Mitgliedstaaten empfindlich treffen. Besonders Deutschland und Frankreich, die großen Wirtschaftsmotoren des Kontinents, befürchten negative Auswirkungen auf ihre Exportindustrien. Die EU könnte daraufhin mit Gegenmaßnahmen reagieren, was in einen neuen transatlantischen Handelskrieg münden und die globale Konjunktur belasten würde.
Auch das Verhältnis zur NATO ist alles andere als gesichert. Trump verlangt weiterhin, dass die europäischen Verbündeten deutlich mehr für Verteidigung ausgeben (zwischen 3 und 5 Prozent des BIP). Deutschland und andere Staaten haben zwar bereits begonnen, ihre Militärbudgets zu erhöhen, doch Trump sieht darin noch lange nicht die Erfüllung seiner Forderungen. Er könnte erneut mit einem (Teil-)Austritt aus dem Bündnis drohen oder bilaterale Militärabkommen vorantreiben, die europäische Partner stark unter Druck setzen.
Nach dem Brexit bemüht sich Großbritannien um eine engere transatlantische Achse. Diese könnte durch eine zweite Trump-Präsidentschaft neuen Auftrieb erhalten. Zugleich gerät London jedoch in ein Spannungsfeld, da man sowohl auf enge Handelsbeziehungen zur EU als auch auf eine funktionierende Beziehung mit Washington angewiesen ist. Trump 2.0 könnte für Großbritannien eine Chance sein, ein umfassendes Freihandelsabkommen mit den USA abzuschließen. Allerdings steht zu erwarten, dass sich Trump hart bei der Frage der Agrarimporte, Finanzdienstleistungen und regulatorischen Standards zeigt – Bereiche, die in Großbritannien nicht unumstritten sind.
Trump 2.0 und „Kalter Krieg 2.0“ mit China und Russland („DragonBear“)
Die strategische Zusammenarbeit zwischen China und Russland – das sogenannte „Drachenbär“-Bündnis – prägt die internationale Ordnung immer stärker. Beide Staaten vereinen umfangreiche Ressourcen, militärische Kapazitäten und technologische Expertise. Für die USA ergibt sich damit ein großer Herausforderer: Während der erste Kalte Krieg von der Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion gekennzeichnet war, stehen wir nun vor einer Situation, in der sich eine dominante Weltmacht (China) mit einer erfahrenen, rohstoffreichen Nuklearmacht (Russland) verbündet.
Zollkriege mit China
Bereits im Vorfeld hatte Trump in seiner ersten Präsidentschaft hohe Strafzölle gegen China verhängt, worauf China mit Vergeltungszöllen auf amerikanische Agrar- und Industriegüter reagierte. Unter Trump 2.0 drohen neue Eskalationsstufen. Angekündigt sind Zölle von bis zu 60 Prozent auf chinesische Schlüsselimporte, was eine weitreichende Verlagerung von Lieferketten zur Folge haben könnte. Viele Unternehmen sind jetzt schon gezwungen, Produktionsstätten in andere asiatische Länder (wie Vietnam oder Indonesien) zu verlegen, um den Strafzöllen zu entgehen. Trotz der Verschiebung der Zölle gegen Kanada und Mexiko hat Präsident Trump gegenwärtig einen zusätzlichen Zoll von 10 Prozent auf chinesische Importe eingeführt. China reagierte darauf mit der Ankündigung, Zölle auf US-Kohle und verflüssigtes Erdgas (LNG) zu erheben. Diese Maßnahmen treten am 10. Februar 2025 in Kraft und markieren eine Eskalation des Handelskonflikts zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Die Einführung von Zöllen auf US-Kohle und LNG durch China könnte die globalen Energiepreise beeinflussen. Einige Energieunternehmen könnten von den Handelsbarrieren betroffen sein, was sich auf die Aktienkurse auswirken könnte. China hat angekündigt, Zölle auf US-Öl und landwirtschaftliche Maschinen zu erheben und eine kartellrechtliche Untersuchung gegen Google einzuleiten, um auf die von den USA verhängten Zölle zu reagieren. Diese Maßnahmen treten ebenfalls am 10. Februar 2025 in Kraft und könnten die Handelsbeziehungen weiter belasten. Höhere Energiepreise, Verunsicherung an den Börsen, Einschränkungen im Technologietransfer – all das schwächt die globale Konjunktur. Darüber hinaus werden alternative Handels- und Finanzmechanismen attraktiver, die an den etablierten US-Strukturen vorbeigehen.
De-Dollarisierungsversuche von BRICS+
Bereits in den letzten Jahren haben die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und neu hinzukommende Partner in Lateinamerika, Afrika oder Asien an Konzepten gearbeitet, die eine partielle Abkopplung vom US-Dollar vorsehen. Die erneute Eskalation des Handelskrieges unter Trump 2.0 beschleunigt diese Bestrebungen. Russland und China sind hier federführend, indem sie bilaterale Handelsabkommen in ihren jeweiligen Landeswährungen abschließen und die Einrichtung alternativer Zahlungssysteme vorantreiben (etwa Äquivalente zu SWIFT oder internationale Krypto-Alternativen).
Trump setzt hingegen offensiv auf eine Stärkung des Dollars und den Ausbau des größten Staatsfonds. Er geht davon aus, dass die wirtschaftliche Macht der USA, gestützt von großen US-Technologiekonzernen und der militärischen Vorherrschaft, eine solche Abkopplung unmöglich macht. Dennoch sind erste Effekte sichtbar: Immer mehr Länder erwägen, ihre Devisenreserven zu diversifizieren, um nicht von möglichen US-Sanktionen abhängig zu sein. Das Resultat könnte eine weitere Fragmentierung der globalen Wirtschaftsordnung sein.
Militarisierung im Indo-Pazifik und darüber hinaus
Während Trump auf Konfrontation in Handel und Technologie setzt, intensiviert China seine Aktivitäten im Süd- und Ostchinesischen Meer, in Taiwan und entlang strategischer Routen, wie der Neuen Seidenstraße. Russland flankiert diese Bemühungen mit Waffenexporten, Militärübungen und diplomatischer Unterstützung in UNO-Gremien. Auch in Regionen wie Afrika, Südamerika und dem Nahen Osten kooperieren Moskau und Peking, um US-Einflusssphären zurückzudrängen. Der Kalte Krieg 2.0 ist damit nicht mehr auf Europa und Ostasien beschränkt, sondern erstreckt sich in Form eines globalen Netzes rivalisierender Allianzen und wirtschaftlicher Interessen.
Schlussfolgerungen und Ausblick: Die geopolitischen Implikationen von Trump 2.0
Die zweite Amtszeit Donald Trumps verspricht, die politischen, wirtschaftlichen und technologischen Parameter der Weltordnung nachhaltig zu verändern. Zwar will Trump um jeden Preis vermeiden, dass die USA in militärische Auseinandersetzungen hineingezogen werden – ein Hauptgrund, warum er sich als Friedensstifter und Vermittler im Nahen Osten oder in der Ukraine sieht. Doch die Realität zeigt, dass geopolitische Konflikte sich nicht allein durch kurzfristige Abkommen lösen lassen. Waffenstillstände können die Gewalt mindern, doch sie beseitigen selten die tieferen Ursachen der Konflikte.
Gleichzeitig tritt Trump in einer Zeit an, in der sich die Rivalität mit China und Russland weiter verschärft. Die gegenseitige Abhängigkeit in ökonomischer und technologischer Hinsicht wird mehr und mehr zum Instrument politischer Macht. Strafzölle und Wirtschaftsbarrieren sind dabei nur die Spitze des Eisbergs. Dahinter verbirgt sich der Wettlauf um die vierte industrielle Revolution: Wer bei künstlicher Intelligenz, Quantencomputing und High-Tech-Industrien vorne liegt, hat das Potenzial, den Standard für das 21. Jahrhundert zu setzen.
Europa steht vor der Herausforderung, seine eigene Sicherheit zu gewährleisten, während die NATO von inneren Spannungen erschüttert wird. Neue Zollregime könnten die EU-Wirtschaft hart treffen und zu einem erneuten transatlantischen Handelskonflikt führen. Großbritannien navigiert zwischen den Interessen der USA und der EU. Kanada versucht derweil, nicht zwischen die Fronten zu geraten, und ringt innenpolitisch um einen neuen Kurs in den Beziehungen zu Washington. Im gesamten amerikanischen Kontinent wirken Trumps Policy und die chinesisch-russischen Gegenstrategien nach – Lateinamerika könnte sich zwischen Abhängigkeit vom US-Markt und chinesischen Investitionen hin- und hergerissen sehen.
Was also ist im Jahr 2025 zu erwarten?
- Vertiefter Kalter Krieg 2.0: Die Fronten zwischen dem US-geführten Block und dem „DragonBear“ verhärten sich. Regionale Stellvertreterkonflikte und wirtschaftliche Scharmützel dominieren die Agenda.
- Zunahme der Technologiekonfrontation: KI, Quanten- und Biotechnologie werden zum Schlachtfeld der Großmächte. Sanktionen und Exportkontrollen nehmen zu, um den Technologietransfer einzudämmen.
- Erodierende internationale Organisationen: Durch den US-Rückzug oder eine selektive Mitarbeit Washingtons verlieren Institutionen wie die WTO, die NATO und andere multilaterale Gremien an Schlagkraft. Neue Parallelstrukturen, vor allem in Asien und unter dem Dach der BRICS+, gewinnen an Bedeutung.
- Spannungen in Europa: Die EU muss ihre Verteidigungspolitik eigenständiger gestalten und sich auf mögliche Handelskonflikte mit den USA einstellen. Der Zusammenhalt in der Union wird auf eine harte Probe gestellt, wenn einzelne Mitgliedstaaten versuchen, Sonderdeals mit Washington auszuhandeln.
- Ungewisse Zukunft im Nahen Osten: Zwar mag es vereinzelte diplomatische Erfolge geben, etwa bei Waffenstillständen, doch eine nachhaltige Friedenslösung scheint in weiter Ferne zu liegen. Neue Grenzziehung und die Teilnahme von Drittstaaten an militärischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten sind nicht auszuschließen.
- Kanadas Richtungsentscheidung: Das nördliche Nachbarland der USA sieht sich gezwungen, sich klarer zu positionieren. Die bevorstehenden Wahlen könnten den Ausschlag geben, ob eine regierungsseitig eher konfrontative oder kooperative Haltung zu Trump eingeschlagen wird.
Letztlich steht die Welt vor einer Phase neuer Unsicherheit. Die alte Weltordnung, basierend auf einer eindeutigen US-Vormachtstellung und multilateral organisierten Institutionen, scheint zusehends zu bröckeln. Gleichzeitig etabliert sich eine multipolare Konstellation, in der Staaten wie China und Russland gemeinsam eine ernstzunehmende Gegengewalt formen. Trump 2.0 beschleunigt mit seiner kompromisslosen „America First“-Politik diese Entwicklungen, weil er Partnerschaften und Allianzen vor allem durch die Brille unmittelbarer amerikanischer Vorteile betrachtet.
Die Erfahrung zeigt jedoch, dass reine Machtdemonstrationen und Strafzölle langfristig nicht ausreichen, um globale Herausforderungen zu bewältigen. Ob Klimawandel, Pandemien oder die nukleare Abrüstung – all diese Themen erfordern multilaterales Handeln und Vertrauen zwischen den Großmächten. Je stärker sich die USA unter Trump 2.0 zurückziehen oder nur unilateral agieren, desto mehr Raum entsteht für alternative Allianzen. In der Folge könnte sich eine bifurkatierte oder gar fragmentierte Weltordnung verfestigen, in der Staaten gezwungen sind, sich entweder dem US-Block oder dem „Drachenbären“ anzuschließen oder mühsam einen Mittelweg zu suchen.
VELINA TCHAKAROVA ist Gründerin des Forschungs- und Beratungsunternehmens FACE (For A Conscious Experience e.U.) und Visiting Fellow an der Observer Research Foundation in Indien. Als geopolitische Expertin gibt sie ihre Einschätzung zu Entwicklungen der internationalen Beziehungen ab.