Afrika-Strategie: Von der Hilfe zur Partnerschaft

Es hat lange gedauert, doch jetzt kommt Bewegung hinein: Der Startschuss für eine österreichische Afrikastrategie wurde beschlossen – zunächst mit einem Leitfaden, der festlegt, wie die Regierung ihre bisher verstreuten Aktivitäten bündeln und koordinieren will.
Die klare Vorgabe ist: Wir wollen weg vom breiten Geldverteilen (teils begründet und sinnvoll, teils nicht) und hin zu echter Kooperation auf Augenhöhe – mit klarem Fokus auf wirtschaftliche Chancen, Sicherheit, Kampf gegen Terror und illegale Migration.
Afrika: Partner, Zukunftsraum und Markt
Dass ein ganzer Kontinent auf der Tagesordnung des Ministerrats steht, ist ungewöhnlich. Doch die Regierung will damit signalisieren, dass es ihr diesmal ernst ist mit neuen und vertiefenden Partnerschaften. Allein das ist bemerkenswert: Zum ersten Mal wird klar anerkannt, dass Österreich Afrika nicht länger punktuell und reaktiv begegnen kann.
Denn Afrika ist nicht der „ferne Krisenkontinent“, als den wir ihn uns zu oft zurechtgelegt haben. Afrika ist Partner, Zukunftsraum und Markt – mitten in einem tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel. Nirgendwo sonst wächst die Bevölkerung so rasant und ist gleichzeitig so jung. Elf afrikanische Staaten zählen bereits heute zu den zwanzig am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Während Europa altert, entsteht dort ein riesiges Reservoir an Talenten und Ideen; während wir über Fachkräftemangel klagen, wachsen dort die Köpfe von morgen heran. Zugleich verfügt der Kontinent über immense Rohstoffvorkommen und entwickelt sich zunehmend zu einem geopolitischen Wettbewerbsfeld – allen voran mit China, das massiv investiert und Infrastrukturprojekte finanziert. Wer jetzt nicht präsent ist, überlässt anderen das Feld.
Österreichische Antwort
Gerade in einer Zeit, in der sich die Welt einzuigeln beginnt – Zölle steigen, Lieferketten werden renationalisiert, Fachkräfte abgeschottet, große Staaten wie die USA und China ziehen sich zurück in Eigeninteressen – braucht es eine österreichische Antwort, die nicht defensiv bleibt. Statt zuzusehen, wie andere Akteure längst ihre Positionen in Afrika sichern, müssen wir uns selbstbewusst einbringen. Und zwar nicht wahllos, sondern strategisch: in Regionen und Sektoren, die für Österreich wirklich entscheidend sind – von Infrastruktur über Wasser- und Umwelttechnologien bis hin zu Gesundheit, Agribusiness und nachhaltiger Energie.
Der Leitfaden für die Afrikastrategie zielt genau darauf: Migration nicht nur verwalten, sondern gestalten – durch Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitstaaten, Rückübernahmeabkommen und legale Wege für Fachkräfte. Wirtschaftlich Fuß fassen, indem wir unsere Unternehmen beim Markteintritt unterstützen, Lieferketten diversifizieren und neue Exportchancen schaffen. 2024 gingen bereits Waren im Wert von 2,2 Milliarden Euro von Österreich nach Afrika, Importe betrugen 2,4 Milliarden Euro, aber das ist vergleichsweise sehr wenig – d.h. es gibt Potenzial für viel mehr, etwa bei Projekten wie dem Lobito-Korridor, der Rohstoffe aus dem Kongo, aus Sambia und Angola effizienter zu globalen Märkten bringen soll. Sicherheit stärken, indem wir mit afrikanischen Partnern im Kampf gegen Terrorismus, Extremismus, organisierte Kriminalität und Schleppernetze kooperieren. Bildung und Forschung nutzen, um Know-how zu vernetzen, lokale Kapazitäten aufzubauen und Perspektiven zu schaffen, die Abwanderung bremsen. Und all das koordiniert und aus einem Guss, statt wie bisher Ressort für Ressort im eigenen Rhythmus arbeiten zu lassen.
Österreich als Vermittler
Ein entscheidender Vorteil für Österreich: Wir sind unbelastet von kolonialer Vergangenheit. Dieses historische Plus erlaubt uns, als fairer, vertrauenswürdiger Partner aufzutreten – ohne moralisches Misstrauen im Gepäck. Gerade deshalb kann Österreich als Vermittler auftreten, Dialogräume öffnen und Vertrauen schaffen – auch dort, wo andere europäische Staaten belastet sind.
Der Prozess selbst ist klar getaktet: Auftrag durch den Ministerrat jetzt, Erarbeitung durch das Außenministerium gemeinsam mit Regierung, Parlament und Zivilgesellschaft bis Sommer 2026, Vorlage ans Parlament ebenso bis Sommer 2026. Ziel ist ein gesamtstaatlicher Ansatz, der Ressourcen bündelt, Prioritäten klar benennt und Wirkung sichtbar macht.
Natürlich ist das nur der Anfang – entscheidend wird sein, ob die Umsetzung gelingt. Es reicht nicht, schöne Papiere zu schreiben; es braucht messbare Ziele, politische Priorität und klare Zuständigkeiten. Aber dass sich Österreich endlich aus dem Nebel verstreuter Einzelprojekte herausschiebt und den Blick hebt, ist ein starkes Signal.
Wenn wir es ernst meinen, ist das der Anfang vom Ende der Stückwerk-Politik – und der Beginn einer Afrikapolitik, die Österreichs Interessen schützt, neue wirtschaftliche Türen öffnet und echte Partnerschaft auf Augenhöhe sucht.