Die Achse des Widerstands bröckelt: Fällt das iranische Regime?
2024 war ein schlechtes Jahr für das iranische Regime und dessen „Achse des Widerstands“. Was bedeutet das für die Islamische Republik? Hat das Massaker der Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 im Endeffekt den Untergang des iranischen Mullah-Regimes zur Folge? Diese Frage stellt sich spätestens nach dem 8. Dezember 2024. Das ist der Tag, als das Assad-Regime in Syrien durch die islamistische Hay’at Tahrir al-Sham gestürzt wurde. Aber beginnen wir von vorne.
Was ist die „Achse des Widerstands“?
Als „Achse des Widerstands“ wird das von Iran beherrschte schiitisch geprägte Bündnis angesehen, welches vor allem die libanesische Hisbollah, die schiitischen Milizen im Irak, die Houthis im Jemen und bis vor kurzem auch das syrische Assad-Regime umfasste. Dieses Bündnis ist stark antiwestlich, antiamerikanisch und antiisraelisch geprägt. Die einenden Faktoren sind die Eindämmung des westlichen beziehungsweise amerikanischen Einflusses und die Zerstörung Israels. Im weiteren Sinn gehören auch sunnitische Gruppierungen wie die palästinensische Hamas zu diesem Bündnis, da sie sich in der Zielsetzung hinsichtlich der Zerstörung Israels überschneiden.
Das Massaker vom 7. Oktober
Nach dem Massaker der Hamas in Israel marschierte die israelische Armee in den Gazastreifen ein und tötete unter anderem den Hamas-Chef Yahya Sinwar, der die Operation geplant hatte. Vor der Tötung Sinwars im Oktober 2024 wurde bereits im Juli Ismail Haniyyeh, Leiter des Politbüros der Hamas, in einer spektakulären Aktion von Israel in Teheran getötet. Nach dem Massaker der Hamas in Israel flammte auch der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Südlibanon wieder auf, aus welchem die Hisbollah stark geschwächt hervorging. Israel schaffte es, Ende September 2024 gezielt deren Anführer Hassan Nasrallah sowie große Teile der Militärfühung auszuschalten.
Durch die deutliche Schwächung der Hamas und der Hisbollah wurde auch das iranische Regime drastisch entkräftet. Insbesondere die militärischen Niederlagen der Hisbollah, die noch viel stärker als die Hamas unter iranischem Einfluss stand und nach wie vor steht, haben dem Iran stark zugesetzt. Doch auch die direkte Konfrontation der Islamischen Republik mit Israel hat für diese Verluste mit sich gebracht. So tötete Israel Anfang des Jahres fünf iranische Revolutionsgardisten in Damaskus. Im Gegenzug griff das iranische Regime zum ersten Mal Israel direkt an. Dieser Angriff, sowie einer zu einem späteren Zeitpunkt, blieben im Großen und Ganzen ohne Verluste auf israelischer Seite.
Insbesondere die Tötung Ismail Haniyyehs in Teheran signalisierte an die Bündnispartner des Irans, dass das Regime nicht imstande ist, seine Partner zu schützen. Auch die erfolglosen Angriffe gegen Israel sind als Zeichen der Schwäche auszulegen. Im Gegenzug machte Israel deutlich, dass es jederzeit in der Lage ist, seine Feind:innen auszumachen und auszuschalten.
Sturz des Assad-Regimes
Dass Damaskus innerhalb von zwei Wochen gefallen und das Assad-Regime gestürzt wurde, liegt – neben der Fokussierung des russischen Regimes auf die Ukraine – vor allem an der Schwächung ihrer engsten Partner Iran und Hisbollah. Das führte dazu, dass die Islamische Republik mit Syrien den einzigen weiteren Staat in der „Achse des Widerstands“ verloren hat. In weiterer Folge bedeutet das auch, dass nun keine Landverbindung zwischen dem Iran und der Hisbollah für die regelmäßigen Waffenlieferungen mehr besteht, was zu einer weiteren Schwächung der Hisbollah und dann wie eine Kettenreaktion zu einer weiteren Schwächung des Bündnisses führt.
Fällt das Mullah-Regime als Nächstes?
Somit war 2024 ein denkbar schlechtes Jahr für den Iran: Mit Assad ist der wichtigste Partner gefallen, und die weiteren Partner sind stark geschwächt worden. Die Frage, die sich viele Beobachter:innen stellen: Fällt das Regime im Iran? Das ist natürlich ex ante schwierig festzustellen. Grundsätzlich scheinen Diktaturen immer fest im Sattel zu sitzen – bis sie gestürzt werden.
Innenpolitisch läuft es schon seit einigen Jahren nicht mehr gut für die Islamische Republik. Spätestens seit Beginn der feministischen Proteste im September 2022 (wohl aber schon deutlich früher) genießt das Regime keine Legitimation mehr in der Bevölkerung. Es versucht nur noch mit Gewalt seinen Sturz hinauszuzögern. Die Außenpolitik des Iran ist großen Teilen der Bevölkerung schon länger ein Dorn im Auge. Viele sehen nicht ein, dass Milliarden an die Hisbollah, Hamas und andere Milizen gehen, während ein großer Teil der Iraner:innen in Armut lebt. Dass die konfrontative Außenpolitik des Regimes nicht ihre Wirkung entfaltet, könnte den Regimegegner:innen einen nötigen Schub geben.
Das Regime rund um den „Obersten Führer“ Ali Chamenei ist sich dessen bewusst, dass jeder mögliche Fehltritt die Initialzündung für den Sturz des Regimes bedeuten könnte. Wohl auch deswegen hat Präsident Massud Peseschkian die umstrittene neue strenge Kopftuchpflicht gestoppt. Es bleibt nun abzuwarten, was 2025 für das Regime mit sich bringt.