Islamisten sind nicht eure Freunde!
Eine scheinbare Allianz zwischen manchen Linken und Islamisten macht seit dem 7. Oktober die Runde. Was offensichtlich sein sollte, aber regelmäßig wiederholt werden muss: Islamisten sind brandgefährlich!
Das am 7. Oktober 2023 durch die islamistische Terrororganisationen Hamas verübte Massaker an Jüd:innen und Israelis und der darauffolgende Krieg in Gaza brachte auf Social Media und im realen Leben Verharmlosen, Gutheißen oder sogar das gänzliche Abstreiten der von der Hamas verübten abscheulichen Verbrechen zutage. Aber nicht nur das: Manche Linke solidarisierten sich mit der Hamas und bezeichneten sie als Widerstandsgruppe, auf TikTok feierte die Gen Z Osama Bin Laden und sein islamistisches Manifest, Protestierende in Europa und im Westen huldigten die jemenitischen Huthi als Menschenrechtsverteidiger, weil sie Raketen auf Israel abfeuerten und Schiffe im Roten Meer kaperten – vergaßen dabei aber bereitwillig, dass die Huthi im Jemen die Sklaverei wieder einführten.
Es fanden sich aber natürlich auch problematische Stimmen auf Social Media, die die Sklaverei im Jemen „kontextualisierten“ und diese schönredeten. Schon 2006 hat die Philosophin Judith Butler folgende Aussage getätigt:
Es ist äußerst wichtig, die Hamas und die Hisbollah als soziale Bewegungen zu verstehen, die fortschrittlich sind, die zur Linken gehören, die Teil einer globalen Linken sind.
Judith Butler
Dass nun manche Linke islamistische Ideologien verharmlosen, gleicht einer unglaublichen Verhöhnung all jener Menschen, die von islamistischen Staaten oder Gruppierungen aufgrund ihrer politischen Opposition, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Religion oder Ethnie verfolgt und getötet wurden.
Die unheilige (und unwahrscheinliche) Allianz
Wie kommt es nun zu dieser scheinbaren Allianz zwischen jenen Linken und islamistischen Terrorist:innen? Das lässt sich am Beispiel Israel-Palästina veranschaulichen.
Linke „Antikolonialist:innen“ ordnen den jahrzehntelangen Konflikt in ein Entweder-oder ein: Kolonialmacht gegen indigene Bevölkerung, Unterdrücker:innen gegen Unterdrückte, Weiße gegen People of Colour, Gut gegen Böse. Weltpolitische Ereignisse werden nach diesem Schema erfasst. Durch so ein Denken werden natürlich die barbarischen Akte der Hamas am 7. Oktober schnell zum legitimen Widerstand. Dass diese Einordnungen abstrus sind und jeglicher Grundlage entbehren – die meisten Jüd:innen Israels sind aus dem Nahen Osten, sie leben schon seit Jahrtausenden in der Region Palästina –, interessiert sie nicht.
Jegliche Unterstützung kann Islamist:innen nur recht sein. Dadurch werden sie selbstbewusster und marschieren ganz unverhohlen etwa durch die deutsche Stadt Essen und fordern lautstark ein Kalifat. Man kapert das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung und propagiert einen islamischen Staat, Geschlechtertrennung auf der Demonstration inklusive. Bei denjenigen, die von den Islamist:innen verfolgt wurden, rufen diese Aufmärsche alte Traumata hervor.
Dass sich Islamistinnen und Islamisten gestärkt fühlen und ganz offen ihre extremistische und verfassungsfeindliche Ideologie zur Schau stellen, hätte man in Mitteleuropa bis vor kurzem nicht für möglich gehalten. Ja, es macht fassungslos. Islamistisches Gedankengut darf nie normalisiert werden.
Islamismus und islamistische Ideologien
Was macht Islamismus aus? Zwar gibt es keine allgemeine Definition, aber man kann seine Ziele wie folgt charakterisieren:
Islamisten wollen alle Teile von Staat und Gesellschaft im Sinne von islamischen Normen und Werte umformen und gestalten.
Auf den ersten Blick wirkt diese Zielsetzung nicht sofort problematisch – dennoch erkennt man bei näherem Blick das große Gefahrenpotenzial. Für Islamist:innen ist der Islam Staat und Religion in einem: Das heißt, dass der Koran (und die Hadithen) nicht nur das Verhältnis zwischen einem Menschen und Gott regelt, sondern auch zwischen den Menschen untereinander, zwischen dem Staat und den Menschen sowie auch zwischen der islamischen und nichtislamischen Welt. In so einem islamischen Staat regelt die Scharia, das islamische Recht, alles.
Islamist:innen sind aber keine homogene Gruppe. Sehr verkürzt kann festgehalten werden, dass es zahlreiche unterschiedliche Gruppierungen gibt, die sich auch mal feindlich gegenüberstehen. Als Beispiele seien das iranische Mullah-Regime und das saudische Wahhabiten-Regime genannt. Viele Gruppierungen versuchen ihre Ziele mit Gewalt durchzusetzen, wie Al-Quaida, der Islamische Staat und seine verschiedenen Nebenstränge oder auch das iranische Regime. Es gibt aber auch die sogenannten legalistischen Islamisten, die der Gewalt abschwören und versuchen, mit „legalen“ Mitteln den Staat im Sinne der islamischen Regeln und Werte umzugestalten. Die ägyptische Muslimbruderschaft ist das Paradebeispiel dafür. Aber auch in Europa sind die legalistischen Islamist:innen tätig und versuchen, Staat und Gesellschaft umzuformen.
Islamismus und die demokratischen Werte
Die Frage nach der Vereinbarkeit von Islamismus und der demokratischen Werte, wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte, ist mit einem ganz klaren Nein zu beantworten. So ziemlich jedes Menschenrecht, welches unserer liberalen Demokratie inhärent ist, wird von Islamist:innen nicht geachtet und verteufelt. Nach den Vorstellungen der Islamistinnen und Islamisten haben religiöse und sexuelle Minderheiten, Frauen und Andersdenkende nicht die gleichen Rechte. Die allgemeine Handlungs- und Entfaltungsfreiheit, also die Freiheit, alles zu tun, was man will, und jenes nicht zu tun, was man nicht will, wäre in so einem Staat ebenfalls nicht gewährleistet. Sexuelle Minderheiten, Andersdenkende und Dissidenten würden verfolgt werden, Frauen müssten sich bedecken, im schlimmsten Fall wären sie aus dem öffentlichen Leben verbannt, und die Presse- und Meinungsfreiheit wäre de facto abgeschafft.
Wer wissen will, wie so ein Staat in der Realität aussieht, muss in den Iran und nach Afghanistan schauen. Es verblüfft, wenn die „Queers for Palestine“ mit jenen demonstrieren gehen, welche ebendiese bei der ersten sich bietenden Gelegenheit sofort töten würden. Unter anderem in Afghanistan, Iran, Jemen und Saudi-Arabien steht auf Homosexualität als Höchststrafe der Tod. Auch in Gebieten, die von Hamas, Huthis, IS und anderen Islamist:innen kontrolliert werden, sind LGBT einer Verfolgung bis hin zur Tötung ausgesetzt.
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat vor Jahrzehnten festgestellt, dass die Scharia nicht mit den grundlegenden Werten der Demokratie vereinbar ist. Islamist:innen scheuen sich aber nicht davor, die demokratischen Elemente zur Machtergreifung und der danach folgenden Zerstörung oder Aushöhlung der Demokratie zu nutzen. Die Muslimbruderschaft in Ägypten 2012/13, das iranische Regime nach der Revolution 1979 und die Türkei in den letzten zehn Jahren sind jene Fälle, in welchen demokratische Mittel zur Aushöhlung bzw. Zerstörung von Demokratie und Menschenrechte genutzt wurden.
Verhältnis zur außerislamischen Welt
Viele islamistische Gruppierungen wollen auch die nichtislamische Welt in ihrem Sinne islamisieren und berufen sich dabei gerne auf die Anfangszeit des Islam unter Muhammed und den ersten Kalifen zurück. In dieser Zeit kam es zur islamischen Expansion, welche den Islam mit Gewalt bis nach Nordafrika, auf die Iberische Halbinsel im Westen und bis nach Zentralasien im Osten verbreitete. Für sie ist es auch ein Affront, dass ein jüdischer Staat inmitten der islamischen Welt besteht, insbesondere da eine der wichtigsten Stätten des Islam, die Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem, von Israel kontrolliert wird.
Es ist wirklich erstaunlich, wie blind manche Linke gegenüber diesen Expansionsplänen sind, denn es handelt sich hierbei schlicht um Imperialismus. Handelt es sich nur dann um Imperialismus, wenn es von „Weißen“ begangen wird? Passt es etwa nicht in das eigene Schema der moralischen Überlegenheit, dass im Mittelalter nicht nur das Christentum, sondern auch der Islam imperialistisch geprägt war und dass nun Islamisten dieses expansionistische Gedankengut auch predigen?
Gegen Extremismus jeder Art auftreten
Den Menschen in Gaza ist nicht geholfen, wenn man mit Islamist:innen demonstrieren geht und die berechtigte Forderung nach einer Waffenruhe nur an Israel und nicht auch an die Hamas (und andere islamistischen Gruppierungen) richtet und sie auch noch als Widerstandsgruppe legitimieren will. Es ist auch gefährlich für unsere liberale Demokratie, wenn man islamistische Gruppierungen und die Islamist:innen gesellschaftsfähig machen will. Es ist die Verantwortung von uns allen, gegen Extremismen jedweder Art vorzugehen, sei sie linker, rechter, religiöser oder anderer Ausprägung. Islamistischer Extremismus ist für unsere Demokratie nicht weniger gefährlich als Rechtsextremismus.
Falls jemand nicht überzeugt von der Gefährlichkeit des Islamismus sein sollte, nur als Anmerkung: Für diesen Text würde mir in vielen islamistischen Staaten und in von Islamist:innen kontrollierten Gebieten Haft und Folter, womöglich sogar die Hinrichtung drohen.