Konsolidierung und Vertrauen – die größte wirtschaftspolitische Herausforderung
Wie Österreichs Wirtschaftspolitik zukunftsfähig werden kann.
Die österreichische Wirtschaftspolitik steht an einem Scheideweg. Nach Jahren massiver finanzieller Fördermaßnahmen, die in Krisenzeiten die Kaufkraft stabilisieren sollten, sieht sich der Staat mit einem erheblichen Defizit konfrontiert. Diese Transferzahlungen, die von Bürger:innen und Unternehmen zunächst als Rettungsanker wahrgenommen wurden, haben in ihrer ineffizienten Ausgestaltung langfristig mehr Schaden als Nutzen gebracht. Nun steht die Politik vor der Herausforderung, das Budget zu konsolidieren, strukturelle Reformen umzusetzen und dabei das Vertrauen der Bevölkerung in die wirtschaftspolitische Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen.
Der Status quo: Eine Politik des Umverteilens ohne Nachhaltigkeit
In den vergangenen Jahren hat der österreichische Staat enorme finanzielle Mittel mobilisiert, um die wirtschaftlichen Folgen von Krisen – von der Pandemie bis zur Energiekrise – abzufedern. Der Gesamtstaat Österreich hat seine Ausgaben von 2019 bis 2024 um 70,3 Milliarden Euro gesteigert, die Staatsausgabenquote liegt 2024 laut WIFO bei 54,5 Prozent. Besonders bei vielen Förderungen und bei den Pensionen ist der Änderungsbedarf groß, denn diese haben durch populistische Beschlüsse der Vergangenheit besonders stark zur Budgetverschlechterung beigetragen. Das Ziel dieser Förderungen war es, die Kaufkraft der Bürger:innen zu stabilisieren und Unternehmen durch schwierige Zeiten zu helfen. Doch die Maßnahmen, die von Gutscheinen über Bonifikationen bis hin zu Einmalzahlungen reichten, waren oft nicht zielgerichtet und wiesen erhebliche Schwächen auf.
Anstatt langfristige wirtschaftliche Impulse zu setzen, blieb der nachhaltige Nutzen dieser Förderungen aus. Vielmehr trugen sie dazu bei, das Staatsdefizit zu vergrößern, ohne die strukturellen Probleme der österreichischen Wirtschaft anzugehen. Diese ineffiziente Politik hat nicht nur die finanzielle Lage des Staats belastet, sondern auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirtschaftspolitik geschwächt.
Die Folgen ineffizienter Maßnahmen
Die Konsequenzen der bisherigen Wirtschaftspolitik sind vielfältig und alarmierend:
- Fehlende wirtschaftliche Impulse: Die gewährten Förderungen haben kaum dazu beigetragen, die Wirtschaftsleistung nachhaltig zu stärken. Statt zukunftsweisender Investitionen wurden Mittel oft willkürlich verteilt, ohne klare Zielvorgaben.
- Gestiegene Unsicherheit: Bürger:innen und Unternehmen sehen sich mit der Gewissheit konfrontiert, dass die großzügigen staatlichen Zuwendungen künftig durch Sparmaßnahmen kompensiert werden müssen. Dies hat zu einer erhöhten Sparquote geführt, da finanzielle Unsicherheit die Planungssicherheit untergräbt bzw. zeigt, dass die Bevölkerung verunsichert ist und kein großes Vertrauen in den Standort hat.
- Verhaltensänderung: Die fehlende Zuversicht in eine stabile Wirtschaftspolitik hat Konsum und Investitionen ausgebremst. Diese Zurückhaltung wirkt wie ein weiterer Bremsklotz auf das ohnehin schwächelnde Wirtschaftswachstum.
Die Herausforderungen der Konsolidierung
Angesichts des steigenden Defizits und der wachsenden Staatsschulden steht Österreich vor einer dringenden Notwendigkeit zur Budgetkonsolidierung. Doch diese Aufgabe ist komplex und birgt erhebliche Risiken:
- Vertrauensverlust: Eine Konsolidierung, wenn sie schlecht gemacht ist, könnte die Unsicherheit in der Bevölkerung weiter erhöhen. Die Bereitschaft, dem Staat Vertrauen entgegenzubringen, würde weiter schwinden. Es ist daher wichtig, dass die Lasten gleichmäßig verteilt werden. Fakt ist aber auch, dass das Einsparungspotenzial in Österreich enorm ist.
- Langfristige Strukturprobleme: Österreich leidet unter ineffizienten Strukturen – insbesondere im Föderalismus und in der Förderpolitik. Ohne grundlegende Reformen werden Einsparungen kaum nachhaltige Effekte erzielen. Das kann eine Bundesregierung nicht alleine. Dafür braucht es auch Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen.
- Damoklesschwert EU-Defizitverfahren: Österreich steht vor der Herausforderung, das Budgetloch der letzten Regierung rechtzeitig und glaubwürdig zu schließen. Andernfalls droht ein Verfahren wegen übermäßigem Defizit (ÜD-Verfahren) durch die EU-Kommission. Ein solches Verfahren könnte kurzfristig zwar geringere Einsparungen ermöglichen – mit einem Unterschied von bis zu 3 Milliarden Euro –, würde jedoch langfristig gravierende Folgen mit sich bringen. Im Rahmen eines ÜD-Verfahrens gibt die EU-Kommission quartalsweise Empfehlungen ab, wo Einsparungen erfolgen sollen. Diese Vorgaben könnten zwar Reformen in Bereichen wie Pensionen, Förderwesen oder Föderalismus vorantreiben – was sinnvoll erscheint. Politisch wird es wohl kein gutes Bild machen. Zusätzlich sind die möglichen Reaktionen der Finanzmärkte von zentraler Bedeutung. Länder in einem ÜD-Verfahren verlieren in der Regel das Vertrauen der Märkte, was zu steigenden Zinsen führt und die Finanzierungskosten für den Staat erhöht. Ein Land, das hingegen sein Budget glaubwürdig konsolidiert, genießt mehr Vertrauen und bleibt wirtschaftlich stabil. Langfristig leidet auch die Reputation Österreichs. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts und die Attraktivität für Investoren beeinträchtigen. Wichtig ist daher eine wachstumsschonende und nachhaltige Budgetkonsolidierung. Statt reaktivem Krisenmanagement braucht es proaktive Reformen, um die finanzielle Stabilität zu sichern und gleichzeitig Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen.
Empfehlungen für die Zukunft
Eine bloße Rücknahme der bisherigen Maßnahmen reicht nicht aus. Österreich braucht eine klare, zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik, die Konsolidierung mit Vertrauen und langfristiger Stabilität verbindet. Folgende Schritte sind essenziell:
- Effiziente Konsolidierung: Einsparungen sollten gezielt und strukturell erfolgen, um langfristige Probleme zu lösen. Bereiche wie der Föderalismus oder das intransparente Fördersystem bieten enormes Potenzial für Einsparungen, ohne die wirtschaftliche Dynamik abzuwürgen.
- Kommunikation von Stabilität: Der Staat muss klar vermitteln, dass die Konsolidierung Teil eines nachhaltigen Plans ist. Transparente Maßnahmen und klare Zielvorgaben sind entscheidend, um Bürger:innen und Unternehmen zu zeigen, dass nicht nur gespart, sondern auch investiert wird.
- Strukturreformen: Die ineffizienten Strukturen der österreichischen Wirtschaftspolitik müssen grundlegend reformiert werden. Dazu gehören eine Modernisierung des Föderalismus, eine zielgerichtete Förderpolitik und eine Überprüfung staatlicher Ausgaben auf ihre Effektivität.
- Vertrauensaufbau: Die Regierung muss durch kluge Entscheidungen und konsequente Reformen zeigen, dass die Fehler der Vergangenheit erkannt und behoben werden. Nur so kann langfristig Zuversicht und Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staats geschaffen werden.
Langfristige Perspektive: Konsolidierung als Chance
Die wirtschaftliche Stabilität Österreichs hängt nicht nur von der Konsolidierung des Budgets ab, sondern auch davon, ob es gelingt, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen und die strukturellen Probleme des Landes zu lösen. Ein reiner Sparkurs, der die Ängste und Unsicherheiten der Bürger:innen ignoriert, würde die bestehenden Herausforderungen nur verschärfen.
Stattdessen braucht es ein ausgewogenes Zusammenspiel aus gezielten Einsparungen, tiefgreifenden Reformen und einer klugen Kommunikation. Die Wirtschaftspolitik muss den Menschen vermitteln, dass die Konsolidierung nicht das Ende, sondern der Anfang eines nachhaltigen und stabilen wirtschaftlichen Kurses ist. Nur so kann Österreich die Basis für langfristigen Wohlstand schaffen und den Weg aus der wirtschaftlichen Unsicherheit finden.
Die Zeit für mutige Entscheidungen ist jetzt – denn die Zukunft des Landes hängt davon ab, wie wir die Herausforderungen der Gegenwart bewältigen.
Wo Einsparungspotenziale liegen – Empfehlungen der Expert:innen
Angesichts der aktuellen Budgetkrise ist klar: Einsparungen und Reformen sind unausweichlich. Doch wo genau sollte angesetzt werden? Während die Verhandler:innen diese Frage diskutieren, haben verschiedene Institute bereits fundierte Analysen vorgelegt, die wertvolle Orientierung bieten.
Hier finden Sie eine Auswahl an Studien und Empfehlungen, die mögliche Einsparungspotenziale aufzeigen:
- Fiskalrat: Der Fiskalrat analysiert in seiner Kurzstudie die größten Einsparungspotenziale und deren Auswirkungen auf die Staatsfinanzen. Zur Analyse
- EcoAustria: Dieses Institut liefert nicht nur konkrete Vorschläge, sondern bewertet auch die Nachhaltigkeit der Maßnahmen. Zur Empfehlung
- Agenda Austria: In ihrem Bericht „Der schnellste Weg aus der Budgetkrise“ zeigt Agenda Austria auf, welche Reformen dringend notwendig sind. Zur Publikation