Runter mit den Lohnnebenkosten!
Herbst ist. Und das heißt, die Kollektivvertragsverhandlungen kommen in die heiße Phase. Speziell dieses Jahr, denn heuer fordern die Metaller-Gewerkschafter aufgrund der hohen Inflation mindestens 10 Prozent höhere Löhne.
Ein Problem gibt es dabei: Die höheren Preise sind in erster Linie auf höhere Import- und Energiepreise zurückzuführen. Sprich, die höheren Verkaufspreise schlagen sich nicht notwendigerweise in höheren Überschüssen nieder, die dann in Form von höheren Löhnen weitergegeben werden könnten. Woher sollen die Unternehmen also das Geld nehmen?
Um die Forderungen der Gewerkschaft entsprechend erfüllen zu können, braucht es finanziellen Spielraum. Als politische Lösung würde sich eine Senkung der Lohnnebenkosten anbieten. Denn diese sind in Österreich ohnehin sehr hoch: 30 Prozent Aufschlag auf die Bruttolöhne.
Im internationalen Vergleich hohe Lohnnebenkosten und Arbeitskosten
Erst kürzlich haben EUROSTAT und die OECD auf die außergewöhnlich hohe Abgabenquote und die hohen Arbeits-/Lohnnebenkosten in Österreich hingewiesen. Dabei landete der Standort jeweils auf dem unrühmlichen dritten Platz. Eine Studie von Economica zeigte ebenfalls entsprechend, dass die Lohnnebenkosten in Österreich mit 7,3 Prozent des BIP deutlich über dem EU-Schnitt liegen. Es wäre also eine Senkung um ein Drittel nötig, um zumindest den EU-OECD-Schnitt zu erreichen.
Ist eine Senkung der Lohnnebenkosten um ein Drittel so leicht möglich?
Dabei stellt sich die Frage, ob eine Lohnnebenkostensenkung um ein Drittel überhaupt so leicht möglich wäre.
Die schnelle Antwort lautet: Ja. Diese Senkung drängt sich sogar aus der Perspektive der Abgabenverteilungsgerechtigkeit geradezu auf. Denn nur zwei Drittel der Lohnnebenkosten sind Versicherungsleistungen, die den Beschäftigten direkt zugutekommen, z.B. die Arbeitslosen-, Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung.
Das restliche Lohnnebenkostendrittel bezieht sich auf Leistungen, von denen entweder die gesamte Bevölkerung (also neben den vier Millionen Arbeitnehmer:innen auch Selbstständige, Landwirt:innen, Pensionist:innen) oder die Wirtschaftskammer profitieren. Das sind z.B. der Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds, der Wohnbauförderungsbeitrag, die Kommunalsteuer und die Wirtschaftskammerumlage II. Entsprechend einer gerechteren Abgabenverteilung würde dieses Drittel der Lohnnebenkosten somit im Idealfall aus dem Budget finanziert werden, also über Steuern.
Weniger Lohnnebenkostensenkungen, dafür höhere Brutto- und Nettolöhne
Mit dieser Senkung der Lohnnebenkosten würden die Arbeitnehmer:innen, speziell die drei Millionen in Vollzeit, bei der Finanzierung des Sozialstaats spürbar entlastet werden. Die Last würde nämlich besser auf alle Steuerzahler:innen verteilt werden. Gleichzeitig könnten durch Senkung der Lohnnebenkosten die Bruttogehälter deutlich angehoben werden, und zwar im Zuge der Kollektivvertragsverhandlungen.
Um ein konkretes Beispiel zu bringen: Eine Senkung der Lohnnebenkosten um ein Drittel würde für ein Unternehmen bedeuten, für alle Angestellten mit einem Bruttogehalt von 3.000 Euro etwa 300 Euro an finanziellem Spielraum frei zu haben. Es kann den Bruttolohn also von 3.000 auf 3.300 erhöhen – um zehn Prozent. Der Nettolohn würde entsprechend von ca. 2.150 auf 2.300 Euro steigen, also immerhin um sieben Prozent.
Wie finanziert sich die Lohnnebenkostensenkung?
Bleibt nur noch die Frage nach der Finanzierung. Ein Teil davon würde über die höheren SV-Beiträge und Lohnsteuereinnahmen aufgrund der höheren Bruttolöhne hereinkommen. Aber der wesentliche Teil – mehrere Milliarden Euro – müsste ausgabenseitig über Strukturreformen aufgebracht werden. Dabei helfen unzählige Empfehlungen des Rechnungshofs.
Im Zuge der Strukturreformen muss auch über ein höheres Pensionsantrittsalter diskutiert werden. Allein schon der demografisch bedingte Arbeits- und Fachkräftemangel macht diese Diskussion und die entsprechende Reform nötig. So würde jedes Jahr, das länger gearbeitet wird, das Budget bei den Pensionszuschüssen um etwa drei Milliarden Euro (ca. 0,75 Prozent des BIP) entlasten, da die Pensionszuschüsse ins Pensionssystem geringer ausfallen würden. Das hilft aber auch auf dem Weg Richtung höhere Löhne und geringere Abgabenquote.
Eine Senkung der Lohnnebenkosten wäre also nicht nur möglich, sondern auch ein sicheres Rezept, um den Unternehmen mehr Spielraum für Lohnverhandlungen zu geben. Alles, was noch fehlt, ist der politische Wille dazu.