Social Egg Freezing – was dauert da so lange?
In Spanien ist es erlaubt, in Großbritannien auch, Belgien macht mit, in Tschechien ist es sogar günstiger, viele Paare fahren dafür auch nach Griechenland oder Portugal, und auch in Lettland, Dänemark, der Schweiz und in Deutschland ist Social Egg Freezing schon länger Normalität. In Österreich ist es (derzeit noch) nur aus medizinischen Gründen möglich, also wenn beispielsweise eine schwere Erkrankung vorliegt. Dabei ist Social Egg Freezing alles andere als günstig, die Kosten gehen in Richtung 10.000 Euro.
Aber was ist Social Egg Freezing überhaupt?
Social Egg Freezing ist das Einfrieren unbefruchteter Eizellen ohne medizinische Indikation – ein Vorgang, der bei jüngeren Frauen gemacht wird, die derzeit noch keine Kinder bekommen wollen oder können. Die fruchtbarsten Jahre und damit der ideale Zeitpunkt, um Eizellen zu entnehmen, liegen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Danach beginnt die Fruchtbarkeit zu sinken, mit 40 Jahren liegt die Chance auf eine natürliche Empfängnis pro Zyklus bei bescheidenen 5 Prozent.
Die zu entnehmenden Eizellen werden, genau wie bei der In-vitro-Fertilisation (IVF), also der künstlichen Befruchtung, durch einen großen Hormoncocktail im weiblichen Körper herangezüchtet. Dafür muss sich die Frau täglich eine oder mehrere Spritzen verabreichen, und zwar immer zur gleichen Zeit. Hinzu kommen mehrere Blutabnahmen und auch Ultraschalluntersuchungen, um den aktuellen Stand der Größe und Anzahl der heranwachsenden Follikel zu bestimmen. Wenn alle Rahmenbedingungen passen, werden nach ungefähr zwei Wochen die Follikel unter kurzer Narkose abgesaugt. Erst dann zeigt sich, wie viele Eizellen gewonnen werden konnten. Ist die Ausbeute zu gering, muss die Frau noch ein zweites oder drittes Mal diese Prozedur über sich ergehen lassen.
Es ist also kein einfacher Eingriff, der aus Lust und Laune gemacht wird. Frauen, die sich für diesen Schritt entscheiden, stimmen all diesen Eingriffen zu – und der damit verbundenen enormen körperlichen, emotionalen, mentalen und auch finanziellen Belastung. Vor diesem Hintergrund ist es doch sehr verwunderlich, dass Social Egg Freezing in Österreich bisher nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt ist. Jetzt hat der Verfassungsgerichtshof nach der Klage einer Frau, die aus persönlichen Gründen Eizellen einfrieren lassen wollte, ihrem Antrag stattgegeben und das gesetzliche Verbot von Social Egg Freezing (§ 2b Abs. 1 FMedG) als unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig aufgehoben. In Kraft tritt diese Aufhebung allerdings erst am 1. April 2027. Das hat verschiedene Gründe.
Überarbeitung des Fortpflanzungsmedizingesetzes
Für eine verfassungskonforme Rechtslage sind mehrere Neuregelungen nötig. Der Wunsch nach einem Kind, auch mithilfe einer medizinisch unterstützten Methode der Fortpflanzung, ist Teil des Privatlebens und damit ein Grundrecht. Dieses Grundrecht darf nur dann beschränkt werden, wenn es zum Schutz der Gesundheit, der Moral oder der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Da, wo medizinische Eingriffe passieren, gibt es natürlich auch gesundheitliche Risiken, die aufgrund der Entnahme von Eizellen für eine nachfolgende In-vitro-Fertilisation (also einer künstlichen Befruchtung durch Einsetzen der befruchteten Eizelle) entstehen können.
Dadurch entstehen auch gewisse Altersvoraussetzungen für die Entnahme, aber auch die Verwendung der Eizellen. Hier muss der Gesetzgeber festlegen, ab wann man eine Eizellenentnahme machen darf – und auch wie lang. Bis zur Menopause, die eine individuelle Sache ist und von Frau zu Frau unterschiedlich ausfällt? Oder soll es eine frühere Altersgrenze geben, etwa 35 Jahre, wenn die Fertilität teils rasant zurückgeht? In den meisten europäischen Ländern, in denen IVF angewandt wird, liegt die Altersgrenze bei 45 bis 50 Jahren. Der Grund, warum viele Frauen dafür nach Griechenland fahren, ist wohl der, dass man es dort bis zum 54. Lebensjahr machen darf.
Die Kritik, dass mittels Social Egg Freezing beruflicher Druck entstehen kann, ist zum Teil nachvollziehbar: Bewerber:innen könnten einen Job nicht bekommen, sollten sie Social Egg Freezing nicht zustimmen. Firmen wie Apple, Facebook und Google bieten ihren Mitarbeiterinnen den Eingriff bereits seit vielen Jahren aktiv an. Auf der anderen Seite ist das, was mit den Eizellen passiert, absolut Privatsache: Wenn eine Frau die Eizellen einen Monat nach ihrem Jobantritt auftauen, befruchten und einsetzen lassen will, dann kann sie das machen. Wie sich Frauen dahingehend entscheiden, steht in ihrer Eigenverantwortung.
Bis all diese Eventualitäten und Streitpunkte geklärt sind und sich der Gesetzgeber auf die Neuregelung verständigt hat, bleibt das Gesetz daher noch bis 31. März 2027 in der aktuellen Form in Kraft.
Nachzügler Österreich
Der Staat hat jedenfalls nicht das Recht, sich in das Privatleben der Menschen einzumischen, und hier im Speziellen nicht in jenes von Frauen. In anderen Ländern ist Social Egg Freezing bereits gängige Praxis: In Deutschland ist es seit 2022 erlaubt, möglich war es aber schon seit zumindest 2014, in der Schweiz seit 2001, in Dänemark theoretisch schon seit 1997, aber mit einer Präzisierung seit 2006, in Griechenland seit 2022 und in Lettland seit 2002. Es ist also höchste Zeit, dass Österreich hier nachzieht – und dass es Debatten auf allen Ebenen dazu gibt.