Tausche „Freizeit“ gegen Eigentumswohnung
Teilzeitarbeit ist in Österreich überwiegend Frauenarbeit – und sie ist teuer bezahlt. Jahre, in denen Frauen weniger arbeiten, weil sie Kinder betreuen oder familiäre Pflichten übernehmen, summieren sich über das Erwerbsleben zu einem erheblichen Einkommensverlust. Während Männer in derselben Zeit Vollzeit arbeiten, Karrierechancen nutzen und Vermögen aufbauen, stecken viele Frauen in Jobs, die oft schlechter entlohnt sind oder geringere Aufstiegsmöglichkeiten bieten. Vollzeit zu arbeiten, bedeutet für Frauen nicht nur mehr Einkommen, sondern auch eine stärkere Position bei der Altersvorsorge, mehr Unabhängigkeit und die Chance, das eigene Leben langfristig selbstbestimmt zu gestalten. Teilzeit hingegen ist kein Bonus, keine „Freizeit“ – sie ist häufig ein notwendiger Kompromiss, der finanziell schmerzt und strukturelle Ungleichheit zementiert. Die Frage ist also nicht, ob Teilzeit gewählt wird, sondern wie Frauen wieder die Möglichkeit erhalten, ohne Nachteile Vollzeit zu arbeiten.
Der unsichtbare Einkommensverlust
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Laut Statistik Austria lag das durchschnittliche Bruttojahreseinkommen von angestellten Frauen 2023 bei etwa 31.100 Euro, während Männer im Schnitt rund 55.600 Euro verdienten – ein Unterschied von etwa 44 Prozent. Ein entscheidender Faktor ist die hohe Teilzeitquote unter Frauen: Fast die Hälfte der Frauen in Österreich (49,4 Prozent) arbeitete im ersten Quartal 2025 in Teilzeit, bei Männern waren es lediglich 12,4 Prozent (Statista). Über Jahre hinweg summieren sich diese Einkommensunterschiede. Das NEOS Lab schätzt, dass der sogenannte Motherhood-Pay-Gap – also der Einkommensverlust, der speziell Mütter betrifft – im Laufe des gesamten Erwerbslebens bei etwa 585.000 Euro liegt. Wir sprechen hier also von einer durchschnittlichen Eigentumswohnung in Österreich, die Frauen hiermit entgeht. Teilzeit bedeutet also, dass Frauen, die oft den Großteil der Kinderbetreuung übernehmen, auf einen erheblichen Teil ihres Lebensverdienstes verzichten.
Ein Blick ins nahe Ausland zeigt, dass andere Länder andere Wege gehen. Island hat 2021 seine Elternzeit reformiert: Beide Elternteile haben nun Anspruch auf jeweils sechs Monate bezahlte Karenz, wovon ein Teil nicht übertragbar ist. Damit wird sichergestellt, dass Väter mehr Verantwortung übernehmen – und Frauen leichter wieder in den Beruf zurückkehren können, ohne dauerhaft in Teilzeit zu verharren. Schweden kombiniert einen großzügigen Rahmen von 480 Tagen bezahlter Elternzeit, davon ein erheblicher Anteil exklusiv für Väter, mit flächendeckend leistbarer Kinderbetreuung. Das Ergebnis ist nicht ein „Zurück in den Job um jeden Preis“, sondern die Möglichkeit, Vollzeit zu arbeiten, wenn Familien das möchten – abgesichert durch verlässliche Strukturen.
Österreich verfolgt bewusst einen anderen Schwerpunkt: lange Karenzzeiten und flexible Teilzeitoptionen, die Eltern viel Zeit mit ihren Kindern ermöglichen. Das ist eine große Stärke und wird von vielen Familien geschätzt. Gleichzeitig zeigt der Blick nach Norden, dass finanzielle Absicherung und breite Betreuungseinrichtungen helfen können, die Kosten für Mütter abzufedern. Es geht also nicht um ein Entweder-oder, sondern darum, die Stärken Österreichs mit internationalen Erfahrungen zu verbinden – damit Teilzeit eine echte Wahl bleibt und nicht zur Falle wird.
Pensionssplitting: Ein faires System für alle
Auch die Pensionen spiegeln die langfristigen Folgen wider: Frauen erhalten im Durchschnitt etwa 25.600 Euro brutto pro Jahr, Männer hingegen rund 38.700 Euro. Das Konzept des freiwilligen Pensionssplittings erlaubt es Paaren, Rentenansprüche zu teilen, um diese Ungleichheit abzumildern. Ein automatisches Pensionssplitting würde diese gleichmäßig auf beide Partner verteilen und Frauen langfristig mehr Sicherheit bieten. So würden Frauen nicht länger finanziell bestraft, wenn sie Kinder betreuen oder Arbeitszeit reduzieren, sondern könnten ihre Entscheidungen unabhängig von monetären Nachteilen treffen.
Ein zentraler Grund für die hohe Teilzeitquote bei Frauen ist das begrenzte Angebot an Betreuungsplätzen, gepaart mit den finanziellen Rahmenbedingungen vieler Familien. Die Politik hat das Problem erkannt und handelt: Der Ausbau von Kindergartenplätzen wird vorangetrieben, mehr Personal eingestellt und die Betreuungsschlüssel verbessert. Das bedeutet kleinere Gruppen, bessere Betreuung für Kinder und Entlastung für Pädagog:innen und Helfer:innen. Solche Maßnahmen schaffen die Voraussetzung, dass Frauen wieder in Vollzeit arbeiten können, wenn sie das möchten, und nicht jahrelang beruflich eingeschränkt bleiben. Mit diesen Rahmenbedingungen lassen sich die strukturellen Unterschiede im Arbeitsleben zwischen Frauen und Männern verringern. Teilzeit muss für Frauen keine finanzielle Falle mehr sein, sondern kann wirklich eine Wahl bleiben – ohne dass ein ganzes Erwerbsleben lang dafür bezahlt werden muss.