Untersuchungsausschuss: Ein „Worst-of“ in Zitaten
In den Untersuchungsausschüssen zur COFAG und zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ wurden viele Fragen gestellt, die der Aufklärung von mutmaßlicher Korruption dienen sollten. Daneben gab es doch auch einige, nennen wir es „unterhaltsame“, Fragen, die uns in Erinnerung geblieben sind – eine auszugsweise Darstellung folgt hier.
Der Wunsch nach Aufklärung wurde im COFAG-Untersuchungsausschuss besonders bei den Abgeordneten der ÖVP deutlich. Carina Reiter (ÖVP) fragte COFAG-Geschäftsführer Marc Schimpel: „Welche Wahrnehmungen haben Sie zu der Behauptung, die COFAG sei ein türkiser Selbstbedienungsladen?“ Dass die Frage per se nicht sonderlich viel Raum für aufschlussreiche Antworten bietet, war auch Schimpel klar – der antwortete nämlich: „Ich habe ehrlich gesagt keine Wahrnehmungen dazu. Können Sie eine konkrete Frage stellen, bitte?“
Zu dieser „konkreten Frage“ kam es aber leider – wie oft bei den Fragen der ÖVP-Abgeordneten im COFAG-U-Ausschuss – nicht, weil Carina Reiter befand:
„Nein danke, das haben Sie eigentlich eh sehr ausführlich beantwortet“.
Die Ausführlichkeit von Antworten ist also wohl Auslegungssache.
Das Aufklärungsbedürfnis wurde im Laufe des COFAG-U-Ausschusses nicht größer. Matthias J., tätig im Finanzamt, wurde als Befragungsperson mit einer Frage von Reiter konfrontiert, „welche Personen in Österreich als Milliardäre gelten“ könnten. Auf den Punkt traf es hier Yannick Shetty, der das mit „Dafür hätten wir Herrn J. nicht gebraucht!“ kommentierte. Denn so lustig es hier scheint – die Tatsache, dass die ÖVP eine Auskunftsperson zur Aufklärung lädt und dann voller Ernsthaftigkeit fragt, ob es im Finanzministerium eine Liste mit Namen von Milliardär:innen gibt, ist doch eher bemerkenswert (im negativen Sinn).
Der ÖVP leuchtet auch augenscheinlich immer noch nicht ein, dass in Österreich auch in der Finanzverwaltung zählt, wen man kennt – fast lächerlich erscheint die Frage „Haben Sie Wahrnehmungen, ob es einen Sonderservice für Superreiche in Österreich gibt?“. Realitätsverweigerung pur.
Juicy product placement
Auch die Fragen der FPÖ trafen oftmals genau den Punkt. So verdächtigte FPÖ-Abgeordneter Wolfgang Zanger den ehemaligen Finanzminister Gernot Blümel der Produktplatzierung für die Saftmarke Juice Factory (die er übrigens konsequent JuicY Factory aussprach), weil dieser ein Foto mit einem solchen Saft auf Instagram geteilt hatte. Der Konnex zum Untersuchungsgegenstand? Tatsächlich gegeben, da das Unternehmen Corona-Hilfen erhielt und ein anderer ÖVP-Nationalratsabgeordneter daran beteiligt ist.
Mehr über den Sachverhalt und die Hintergründe konnte keine der Auskunftspersonen, die nach der Juice Factory gefragt wurden – neben Blümel auch Finanzminister Magnus Brunner und COFAG-Geschäftsführer Ulrich Zafoschnig – mitteilen. Immerhin wissen wir jetzt aber, dass Finanzminister a.D. Blümel die Säfte der Juice Factory „recht teuer, aber sehr, sehr gut“ findet.
Im Untersuchungsausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ waren wir bemüht, Antworten auf unsere vielen Fragen zu erhalten. Die Themenliste war lang – Inseratenkorruption, Einflussnahme durch Russland, Postenbesetzungen etc., viele Antworten wurden uns aber durch Entschlagungen und Nicht-Antworten verweigert. Umso überraschender war die Befragung der ehemaligen FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein. Auf die Frage von Yannick Shetty, wieso ihr Ministerium als einziges nicht im FPÖ-nahen Medium Alles roger inserierte, antwortete sie: „Weil ich kein freiheitliches Medium unterstützen wollte.“ Mit einer so eindeutigen Antwort haben auch wir nicht gerechnet.
Manchmal unterhaltsam, oftmals zermürbend
Die Befragung von Helgo E., Mitarbeiter im Generalsekretariat im FPÖ-geführten Innenministerium, lieferte ebenfalls interessante Inhalte. Er sagte auf die Nachfrage, ob er mit 1.9.2018 Büroleiter geworden sei: „Diesen Nachtrag, den habe ich zu meinem Geburtstag gekriegt. Interessanterweise habe ich nämlich auch noch einen falschen Nachtrag in der Früh bekommen, da wurde ich zum Büroleiter der Staatssekretärin bestellt.“ Nach weiteren Fragen von Yannick Shetty stellte sich heraus, dass sich die Gehaltseinstufung zwar AN seinem Geburtstag, nicht aber ZU seinem Geburtstag ereignete – doch kein Geburtstagsgeschenk. Am Geburtstag jedoch sowohl irrtümlich zum Büroleiter von Staatssekretärin Karoline Edtstadler bestellt zu werden und eine Gehaltserhöhung zu bekommen – das ist dann doch ein Zufall, den man sich nicht ausdenken kann.
Als manchmal unterhaltsam, oftmals zermürbend, ist uns auch das Verhältnis zwischen Andreas Hanger (ÖVP) und Christian Hafenecker (FPÖ) in Erinnerung geblieben. Die beiden Abgeordneten ließen es sich nicht nehmen, den jeweils anderen mit Meldungen zur Geschäftsordnung oder Zwischenrufen zu stören, zu provozieren oder schlichtweg aus dem Konzept zu bringen. Beispielhaft waren Rufe wie: „Pass ein bissel auf, das ist das Mindeste, was wir von dir verlangen können, Hafi, wirklich! Konzentrier dich!“ (Hanger) oder auch „Liegt eine Meldung von Herrn Hanger als Mitarbeiter der NEOS vor, denn ich weiß nicht, wie das da momentan sonst handzuhaben ist“ (Hafenecker).
Umso ironischer war es dann, als der den Vorsitz führende ÖVP-Abgeordnete Wolfgang Gerstl die beiden verwechselte und Andreas Hanger mit „Herr Abgeordneter Hafenecker“ ansprach. Nachdem beide sich sofort meldeten und darum ersuchten, solche Verwechslungen zu vermeiden, fügte Gerstl in Richtung Hanger noch hinzu „Entschuldigung! Ich will dich nicht vergleichen, keine Sorge“. Beste Freunde werden diese beiden wohl nicht mehr.
Wenn all diese Beispiele eines zeigen sollen, dann, dass U-Ausschüsse dringend reformiert werden müssen. Darunter fällt auch die Forderung, dass die Sitzungen öffentlich werden sollten: Denn durch parteipolitisches Hickhack und Diskussionen um Paravents statt ernsthafter Aufklärung wird das wichtigste parlamentarische Kontrollinstrument verunglimpft. Öffentlichkeit würde es aufwerten. Öffentliche U-Ausschüsse fördern Transparenz, indem sie den Bürger:innen Einblick in politische Prozesse und Entscheidungen gewähren, was das Vertrauen in demokratische Institutionen stärkt. Die nächste Bundesregierung sollte eine solche Reform im Sinne des Rechtsstaats also dringend umsetzen.