Was spricht für die Einführung des CO2-Preises?
Ab 1. Juli diesen Jahres hätte eigentlich die CO2-Bepreisung kommen sollen, als Aufschlag auf fossile Energieträger, von Diesel und Benzin bis hin zu Gas. Die Einführung eines solchen Preises auf klimaschädliche CO2-Emissionen ist angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Klimakrise eine umweltpolitische, gesellschaftliche und ökonomische Notwendigkeit, um über ein entsprechendes Preissignal (und eine teilweise Internalisierung von sogenannten externen Kosten) klimafreundliche Verhaltensänderungen der Wirtschaftsakteure herbeizuführen. Beim Beschluss im Jänner 2022 begrüßten Wissenschaftler:innen, NGOs und Opposition auf breiter Front zwar die Einführung eines CO2-Preises, kritisierten ihn jedoch als zu gering, um das österreichische Klimaziel bis 2030 zu erreichen.
Mittlerweile ist die Welt eine andere, die Marktpreise für fossile Energieträger sind deutlich höher als noch im Jänner dieses Jahres – und der Start der CO2-Bepreisung wurde von Juli auf Anfang Oktober verschoben. Immer wieder wurde eine weitere Verschiebung ins Spiel gebracht. Argument: Die Marktpreise für fossile Energie seien bereits so hoch, dass ein weiterer Preisaufschlag den Bürger:innen und Unternehmen nicht zuzumuten sei.
Das stimmt zwar, die Energiepreise sind derzeit hoch, und es findet bereits eine gewisse „Flucht“ aus fossilen Energieträgern statt. Für die Einführung des CO2-Preises zu diesem Zeitpunkt spricht trotzdem einiges. Warum?
- Die zusätzlichen Kosten des CO2-Preises sind niedrig: Tatsächlich sind die mit der Einführung der CO2-Bepreisung verursachten zusätzlichen Kosten für Bürger:innen und Unternehmen weitaus geringer, als von staatlicher Hand über den Klimabonus als Kompensation wieder rückverteilt wird. Wäre der CO2-Preis bereits im Juli gekommen, hätte das die Bürger:innen und Unternehmen bis Oktober 250 Millionen Euro gekostet, bis Ende des Jahres 500 Millionen Euro. Über den Klimabonus fließen 2022 rund 4,1 Milliarden Euro wieder an die Bürger:innen zurück. Etwas zugespitzt: Die Bürger:innen verdienen derzeit sogar an der CO2-Bepreisung.
- Eine Verschiebung hat eine falsche Signalwirkung und vergisst das Verursacherprinzip: Signalisiert wird mit einer Verschiebung, dass der längst überfällige Umbau unseres Steuersystems hin zu mehr Klima- und Ressourcenschutz nur etwas für „gute Zeiten“ ist, in denen Gas und Öl zu Diskontpreisen sprudeln – und man mit dem Preis zwecks Klimaschutz eine Art „künstliche“ Knappheit erzeugen muss. Dennoch werden wir noch auf Jahre hinaus weiterhin fossile Energieträger verwenden und CO2 in die Luft blasen. Zweitens geht es bei der CO2-Bepreisung auch darum, die wahren oder auch „externen“ Kosten von hohen CO2-Emissionen bei jenen anfallen zu lassen, von denen diese CO2-Emissionen verursacht werden. Es geht also mit der Einführung des CO2-Preises um einen Umbau des Steuersystems in Richtung einer Besteuerung von Ressourcen – und CO2-Emissionen – und zugunsten einer Entlastung des Faktors Arbeit. Abgewickelt über das Nationale Emissionshandelssystem wäre das die bisher einzige Abgabe in Österreich mit einer klaren Lenkungswirkung in Richtung CO2-Reduktion. Es wäre auch ein zentraler Baustein, damit Österreich sein Klimaziel 2030 erreicht.
- Die Verschiebung des CO2-Preises ist keine sachliche, sondern eine politische Entscheidung: Das ist nicht verwerflich, schließlich müssen Maßnahmen von der Bevölkerung auch mitgetragen werden. Aber es wäre Aufgabe der Politik, den Menschen die tatsächliche Kosten-Nutzen-Rechnung eines CO2-Preises zu erklären. Anstatt sich um die Diskussion zu drücken und die Einführung einfach zu verschieben, müsste man Menschen erklären, welchen Platz ein solcher CO2-Preis in unserem Steuersystem hat und warum ein Umbau des Steuersystems notwendig ist.
Wie hoch ist der CO2-Preis?
Der durch die CO2-Bepreisung verursachte Aufschlag auf Benzin, Diesel und Erdgas verursacht zusätzliche Kosten von 7 Cent pro Liter Benzin, 8 Cent pro Liter Diesel und 6 Cent pro Kubikmeter Gas.
Im Falle von Benzin ist das relativ wenig und entspricht in etwa den gewöhnlichen Preisunterschieden zwischen Tankstellen oder Tagespreisschwankungen, also ca. 2–3 Euro pro Tankfüllung.
Geplant ist zudem ein langsamer Anstieg dieses Betrags, im Falle von Benzin wären das ab 2023 zusätzlich 0,5–1 Cent pro Liter. Durch die Einführung eines sogenannten Marktstabilitätsmechanismus, das ist eine Art Preispuffer, fällt der Anstieg des CO2-Preises allerdings geringer aus, wenn die Marktpreise zu stark steigen.
Rechnet man sich das anhand der durchschnittlichen Verbrauchswerte für österreichische Haushalte durch, so hätte der CO2-Preis im Jahr 2022 – wäre er mit Anfang Juli eingeführt worden – Mehrkosten in Höhe von 22 Euro (Benzin), 31 Euro (Diesel) und 97 Euro (100 m² Wohnraum) ergeben.
Diese Beträge sind für die meisten Haushalte durch den Klimabonus in Höhe von 250–500 Euro pro Person mehr als abgegolten.
Dazu kommen noch weitere Maßnahmen zur Abfederung der steigenden Energiekosten:
- 600 Mio. Euro für den Energiekostenausgleich – das ist der Gutschein im Postkasten
- 420 Mio. Euro für die Erhöhung des Pendler:innen-Pauschale und des Pendler:innen-Euros
- 900 Mio. Euro im Rahmen der Aussetzung von Erneuerbaren-Förderpauschale und -Förderbeitrag
- 900 Mio. Euro im Rahmen der Aussetzung der Energieabgaben
- 30 Mio. Euro Agrardieselförderung (für die Landwirtschaft)
- 110 Mio. Euro Versorgungssicherungspaket (für die Landwirtschaft)
- 1,3 Mrd. Euro Energiekostenzuschüsse für energieintensive Unternehmen
- 2,5 Mrd. Euro Strompreisbremse für Haushalte
Was bringt der CO2-Preis?
Eine weitere Verschiebung, womöglich über Anfang 2023 hinaus, wäre ein fatales Signal für den Klimaschutz. Es war ein jahrelanger Kampf, selbst diese ohnehin sehr niedrig angesetzte CO2-Bepreisung einzuführen. Die immer akuter und sichtbar werdende Klimakrise – gerade hatten wir wieder einen Sommer mit wochenlangen Hitzewellen, Trockenheit und immer häufigeren Starkwetterereignissen – macht den Umbau unseres Steuersystems in Richtung Besteuerung des CO2-Verbrauchs und Entlastung des Faktors Arbeit dringender denn je. Neben dem Preissignal sollen damit auch externe Kosten, die durch die CO2-Emissionen entstehen, jenen zugerechnet werden, die sie verursachen. Sie ist ein längst überfälliger Schritt, um unser Abgabensystem zukunftstauglicher und gerechter zu machen.
Während die EU-Länder in den letzten 30 Jahren im Schnitt ein Viertel ihrer Emissionen einsparen konnten, hat sich bei Österreichs Emissionen in diesem Zeitraum unterm Strich nichts getan. Zwar beschleunigen derzeit der Krieg in der Ukraine, die hohen Energiepreise und der politisch notwendig gewordene Ausstieg aus russischem Gas und Öl generell den Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Aber diese extern bedingten Rahmenbedingungen können sich auch wieder ändern und die Energiepreise in Europa wieder stabilisieren. Es bleibt daher wichtig, bereits jetzt den Umbau des Steuersystems voranzutreiben.