Wer Trump will, ist kein Patriot
Wenn am Dienstag die US-Präsidentschaftswahl startet, wird sich auch Österreichs und Europas Politik positionieren. Man sollte genau aufpassen, wer für Trump aufzeigt – denn dessen Agenda ist nicht in unserem Interesse.
Man muss kein großer Anhänger der US-Demokraten sein, um bei dieser Wahl einen klaren Favoriten zu haben. Nicht nur, weil die Partei von Kamala Harris in Europa eine Partei der Mitte wäre. Sondern auch, weil eine zweite Amtszeit von Donald Trump verheerend wäre.
Keine Sorge, das wird nicht der nächste „Orange Man Bad“-Artikel, der aufzählt, warum man einen Straftäter nicht zum Präsidenten machen sollte. Für das Leben in Europa haben Moral und innenpolitische Fragen der USA kaum Relevanz. Trotzdem gibt es einige Argumente, die entlarven, dass es europäische Trump-Fans nicht gut mit uns meinen – denn für uns zählen ganz andere Dinge.
1. Trumps Außenpolitik bedeutet Alarmstufe Rot für Europa
Donald Trump liebt Diktatoren. In Interviews lobt er Russlands Wladimir Putin, Chinas Xi Jinping und Nordkoreas Kim Jong-un, seine Liebesbrief-Passage über Kim ist legendär. Was Trump dafür weniger liebt, sind liberale Demokratien, die traditionell mit den USA verbunden sind. Die transatlantische Partnerschaft hält er nicht für sinnvoll, den NATO-Bündnisfall mehr für eine Empfehlung als eine Regel. In seinem Weltbild geht es in der Außenpolitik um Prestige und Profit – und da haben autoritäre Buddies besser verstanden, wie sie mit ihm umgehen müssen.
Europäische Staaten müssen sich also auf eine leicht würdelose Charme-Offensive einstellen, sollte Trump gewinnen. Denn wenn Trump sich mit Diktatoren und Kriegstreibern anfreundet, während er traditionelle Partner:innen ignoriert – wer profitiert? Die Antwort ist: Staaten wie Russland, die auch in Europa Ambitionen auf Territorialgewinne wie im 20. Jahrhundert haben. Und der neue Präsident würde sie wohl gewähren lassen. Klingt erfunden? Donald Trump hat selbst gesagt, er würde Europa „nie“ zu Hilfe eilen, wenn sie gebraucht werde.
Für Europa bedeutet das vor allem eines: Wenn Trump gewinnt, wird der Krieg in der Ukraine von russischer Seite noch erbarmungsloser geführt. Wenn die USA sich sicherheitspolitisch aus dem Spiel nehmen, hat Putin keine Konsequenzen zu fürchten, kann den Durchmarsch planen. Sollte die Ukraine fallen, würde Europa alleine gegen Russland an der Außengrenze stehen – und das in einer Weltordnung, in der Diktaturen gestärkt sind. Immerhin geht es in diesem Krieg auch darum, ob große Staaten sich kleine einverleiben können, ohne die Konsequenzen zu tragen. Als kleines Land ohne nennenswerte Außen- und Sicherheitspolitik gibt es für Österreich nur eine Antwort darauf.
2. Eine Gefahr für unseren Wohlstand
Man muss aber gar keine Kriegsszenarien an die Wand malen, um zu sehen, wie furchtbar eine Amtszeit Trump II für Europa wäre. Denn eine Ankündigung würde uns auch im „Best Case“ treffen, in der diese Kriege nicht eskalieren: Trumps angekündigte Zölle, die teilweise 100 oder 200 Prozent ausmachen sollen.
Gerade für die österreichische Wirtschaft, die von Exporten abhängig ist, wäre das eine Katastrophe. Die USA sind unser zweitwichtigster Handelspartner nach Deutschland, laut Angaben der Wirtschaftskammer lag das Exportvolumen 2023 bei 14,7 Milliarden Euro und damit so hoch wie noch nie. Mit diesem Geld finanzieren Unternehmen Arbeitsplätze, die mit einem Schlag wegfallen würden – denn einen 200-Prozent-Aufschlag kann kaum ein Unternehmen so leicht verkraften. In der Praxis werden Zölle immer über den Preis weitergegeben, also an die US-Konsument:innen. Aber ob diese sich wirklich noch für österreichische Produkte entscheiden werden, wenn sie das Dreifache kosten?
In einer republikanisch geführten Regierung wäre Freihandel wohl ein Konzept von gestern. Und das bedeutet auf beiden Seiten des Atlantiks: Wohlstandsverlust. Die europäische und die amerikanische Bevölkerung sollten geschlossen dagegen auftreten – denn neue Handelsbarrieren sind ein Retro-Rezept, das nicht nur unser Einkommen, sondern auch außenpolitische Stabilität bedroht. Gemeinsamer Handel ist immerhin das beste Rezept, um Konflikte zu vermeiden: Das ist auch der Gründungsgedanke der EU, durch die jede:r Österreicher:in im Schnitt um 4.000 Euro mehr hat als ohne sie.
3. Wir verlieren das letzte bisschen Zeit im Klimaschutz
Ja, I know, I know. Das Klimathema hat keine Konjunktur. Wenn Sicherheit und Wohlstand in Gefahr sind, wenn die US-Demokratie auf dem Spiel steht, warum übers Klima reden? Die Antwort: weil wir keine Zeit mehr haben, und weil wir uns nicht leisten können, den größten Emittenten der Welt vier Jahre lang aus der Verantwortung zu nehmen.
Tut Joe Biden genug? Wahrscheinlich nicht. Aber ein Präsident, der – oder eine Präsidentin, die – den Klimawandel zumindest nicht leugnet und einige Weichenstellungen in die richtige Richtung macht, ist unendlich besser als jemand, der gar nichts tut, außer vielleicht neue Öl- und Gasprojekte zu eröffnen. Mit dem Inflation Reduction Act, der eigentlich ein Klima-Paket mit besserem Branding ist, gab es diese Weichenstellung, in den USA wird verstärkt in Zukunftsprojekte und wichtige Infrastruktur investiert. Ein Präsident Trump würde diesen Fortschritt rückgängig machen. Und dafür sorgen, dass auch das 2-Grad-Ziel in weite Ferne rückt.
So weh es auch tut: Wir Österreicher:innen teilen uns die Atmosphäre auch mit Amerikanern, die ihren extra alten 20-Tonnen-Truck fahren, um Linke zu provozieren. Wir teilen sie uns auch mit Republikanern, die glauben, der Klimawandel sei eine Verschwörungstheorie aus China, die der US-Wirtschaft schaden solle. Und jede Stimme, die Donald Trump bekommt, könnte eine Stimme dafür sein, dass Naturkatastrophen schlimmer werden: vom verheerenden Hurrikan in den USA bis zum nächsten Jahrhunderthochwasser in Österreich. Diese Dinge hängen mit dem Klima zusammen, und sie werden schlimmer. Egal ob es momentan jemand hören will.
Wer in Europa für Trump ist, kann kein Patriot sein
Für Europa wäre eine zweite Amtszeit unter Donald Trump eine gefährliche Drohung. Die Sicherheit Europas, aber sogar der ganzen Welt wäre bedroht – über Taiwan haben wir immerhin noch gar nicht geredet. Der Wohlstand der US-Bevölkerung wäre genauso in Gefahr die wie das Exportvolumen Österreichs, und damit der wirtschaftliche Erfolg unseres Landes. Und das Klimathema ist zu wichtig, um es weiterhin Menschen auszusetzen, die wissenschaftliche Fakten nicht akzeptieren. Damit ist klar: Wer das Beste für Österreich und Europa will, der muss auf eine Präsidentin Kamala Harris hoffen.
In Österreich hat sich bisher übrigens nur die FPÖ für einen Präsidenten Donald Trump ausgesprochen. Harald Vilimsky, FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, scheint seinen Job wie immer zu ignorieren und flog in die USA zur Trump-Rally in New York. Er sprach eine klare Empfehlung für den Präsidenten aus, der für Europa so gefährlich werden könnte. Das kann die FPÖ ja gerne tun. Allerdings sollte sie sich dann nie wieder anmaßen, eine „patriotische“ Partei zu sein – denn es gibt wenig Unpatriotischeres, als auf das Trump-Szenario zu hoffen.