Wohin will Deutschland?
Nachdem die Ampelkoalition aus Sozialdemokratie, Grünen und Liberalen vorzeitig geplatzt ist, wählt Deutschland am 23. Februar einen neuen Bundestag. Es klingt mittlerweile abgedroschen, wenn man von einer Schicksalswahl spricht. Geht es allerdings um die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, die mit erstarkenden Extremen zu kämpfen hat, liegt tatsächlich etwas Schicksalhaftes in der Luft.
Die Lage in der Bundesrepublik ist ernst. Der Wirtschaft geht es schlecht, Bald-Ex-Kanzler Olaf Scholz hat einen unwürdigen Eiertanz um die Ukraine-Hilfen aufgeführt, man hat einen weltweit gleichermaßen einzigartigen wie irrwitzigen energiepolitischen Sonderweg eingeschlagen und Atomstrom gegen Kohle eingetauscht. Das politische Klima ist erhitzt. Will man die negativen Entwicklungen umkehren, ist rasches und entschlossenes Handeln gefragt. Die wirtschaftlichen Entwicklungen sprechen eine eindeutige Sprache. Zwar ist der Rückgang des BIP pro Kopf nicht so hoch wie in Österreich, dennoch ist man auf einem Abstiegsplatz.
Welcher Partei – und in Folge welchem Koalitionsbündnis – ist eine Trendwende zuzutrauen? Ein Blick auf die Umfragen zeigt, dass sich wohl zwei Wahlgewinner abzeichnen. Die Union aus CDU und CSU könnte die 30-Prozent-Marke schaffen, wohingegen die AfD bei um die 20 Prozent liegt und somit die größten Zugewinne im Vergleich zu 2021 verzeichnen kann. Das neu gegründete BSW kämpft ebenso wie die FDP um die 5-Prozent-Hürde, die für den Einzug ins deutsche Parlament notwendig ist. Die SPD, die erneut Olaf Scholz als Spitzenkandidaten ins Rennen schickt, wird mit herben Verlusten rechnen müssen. Die Grünen werden sich wohl rund um ihr Ergebnis von 2021 einpendeln. Ob die Linken erneut von der Grundmandatsklausel gerettet werden, ist völlig offen.
Geschieht nichts Unvorhergesehenes mehr, wird der kommende Bundeskanzler also Friedrich Merz heißen. Dieser schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD wiederholt und kategorisch aus. Da die AfD, im Gegensatz zur FPÖ in Österreich, eine sehr junge Partei ist und die Deutschen auch aus diesem Grund noch wesentlich sensibler sind, wenn etwas am rechten Rand aufkommt, kann man davon ausgehen, dass diese Brandmauer in der Bundesrepublik stabil steht.
Mögliche Koalitionsoptionen für Merz wären also vermutlich Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün. Spannend wird es, wenn die FDP den Einzug doch noch schafft und dadurch zu einem möglichen Königsmacher wird. So oder so wird das wahrscheinlichste Szenario aber die große Koalition sein. Jubelchöre dürfte diese Variante nicht auslösen, zumal der Blick auf Österreich zeigt, wie schwierig die Verhandlungen zwischen Konservativen und Sozialdemokraten sein können.
Deutsche Hysterie und österreichische Sachlichkeit
Dass sich die Deutschen im Umgang mit einer rechten Partei noch schwertun, zeigen jüngste Aussagen von Robert Habeck – wohlgemerkt Vizekanzler. Auf dem grünen Parteitag befand er larmoyant, man solle keine Anträge ins Parlament bringen, wenn die AfD mitstimmen würde. Im Umkehrschluss bedeutet das, die Union dürfe nur Anträge einbringen, die von Grünen oder SPD gebilligt werden. Das ist ein bedenkliches und überaus gefährliches Demokratieverständnis. Warum? Ein Blick auf den österreichischen Parlamentarismus genügt: Selbstverständlich wird im hiesigen Parlament kein Antrag zurückgehalten, weil die FPÖ mitstimmen könnte. Wo käme man mit diesem Verständnis von Parlamentarismus denn hin, wenn man einer Partei damit ein absolutes Vetorecht einräumt? Das ist Brandmauer à la Grüne: Es wäre die völlige Abkehr von Sachpolitik und Inhalten und ziemlich sicher auch der Tod des Parlamentarismus wie wir ihn kennen. Gerade deshalb braucht es so viele Parteien wie möglich, die ebendiese Sachpolitik betreiben.
Warum Liberale?
Zwar hatte die FDP einen schweren Stand in der Ampel und hat sicher nicht alles richtig gemacht. Aber eben auch nicht alles falsch gemacht. Kritik gibt es wohl immer und egal, was man tut oder nicht tut. Dennoch braucht es gerade in Zeiten wie diesen eine liberale Kraft im Parlament. Selbst wenn es „nur“ eine Oppositionsrolle wäre, so ist es dennoch wichtig, dass für eine Partei die Freiheit des Individuums an erste Stelle steht. Christian Lindner bringt die Aufgabe von Liberalen auf den Punkt:
„Wir Liberale setzen uns dafür ein, dass jede und jeder Einzelne den Weg zum individuellen Glück findet. Wir Liberale setzen uns dafür ein, jede und jeden Einzelnen vor Bevormundung, vor Bürokratisierung, vor Meinungszensur oder finanzieller Überforderung zu schützen. Wir Liberale wollen jede und jeden Einzelnen stark machen, um die eigenen Chancen zu ertüchtigen. Seit jeher setzen wir uns für den Wert der Freiheit ein, der bis heute nichts an Aktualität verloren hat.“
Deutschland kann sich keine vier Jahre Stillstand einer großen Koalition leisten. Dafür steht innen-, sicherheits- und wirtschaftspolitisch zu viel auf dem Spiel. Auch die Europäische Union braucht ein starkes und stabiles Deutschland, das die Weichen für die kommenden Jahre stellt. Für all diese Themen können Liberale die Stoßrichtung vorgeben. Dazu braucht es aber nicht nur eine Entscheidung in der Wahlkabine, sondern auch mehr Mut zur Diskussion um die Sache und eine Rückkehr zur Sachlichkeit.