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Österreich in der Welt

Willi Schlögl



Sommelier, das klingt zu abgehoben. Willi Schlögl ist Wirt. Oder vielleicht Wein-Wirt. Jedenfalls liebt er die Gastronomie, das Arbeiten mit Menschen, und besonders den Wein. In diesem Bereich ist er mittlerweile einer der Besten im deutschsprachigen Raum.

Angefangen hat seine Begeisterung schon früh. Er wächst im elterlichen Wirtshaus in Oberlungitz in der Oststeiermark auf und kommt dort erstmals mit dem Thema in Berührung. An der Tourismusschule Bad Gleichenberg macht Schlögl die Jungsommelier-Ausbildung, nach der Matura zieht es ihn nach Wien zu Wein & Co., wo er sieben Jahre lang arbeitet und zuletzt drei Filialen leitet. Nebenbei studiert er auf der Weinakademie in Rust für die Ausbildung zum Weinakademiker. Die schließt er zwar nie ganz ab, dafür macht er den Certified Sommelier in London. 2012 dann der Umzug nach Deutschland, Schlögl heuert in der Fischerklause am Lütjensee in Schleswig-Holstein an. Dort wird die Idee zur Cordobar geboren – einer „österreichischen“ Weinbar in Berlin, die 2013 unter Schlögls Leitung eröffnet wird. Er nennt sich von nun an „Chief Executive Wirt“ und setzt auf einen bewusst entspannten Umgang – mit seinen Gästen ebenso wie mit dem Thema Wein.

Die Berliner Barszene liegt ihm zu Füßen: Sein außerordentliches Fachwissen gepaart mit steirischer Bodenständigkeit und der in Deutschland als „Wiener Schmäh“ glorifizierten (Selbst-)Ironie finden großen Anklang in Europas Hipster-Hauptstadt. 2014 wählt ihn das Branchenmagazin Rolling Pin zum Sommelier des Jahres. Als Schlögl 2018 die Cordobar verlässt, hat er sich eine große „Fanbase“ erarbeitet, die ihm bereitwillig zu seinem nächsten Projekt folgt: Zusammen mit dem Salzburger Johannes Schellhorn eröffnet er wieder eine Weinbar in Berlin, die Freundschaft. Seit 2021 ist Willi zudem in (vermeintlich) neuen Gefilden unterwegs – in seinem Podcast „Terroir & Adiletten“ versucht er seinem Co-Host Rapper Curly (und damit auch den rund 20.000 Hörer:innen pro Woche), die Grundlagen rund um das Thema Wein beizubringen.

Hätte er seine beiden Lokale in Österreich aufgesperrt, wäre das mit sehr viel mehr Kontrollen einhergegangen, ist Schlögl überzeugt. Die regelmäßigen Überprüfungen der Betriebsstätten durch das Marktamt seien in Berlin nämlich „eher larifari“. Die einfachen und unbürokratischen Wege für junge Gastronomen würden aber auch Österreich guttun. Ganz besonders begeistert hat den Steirer die Hilfsbereitschaft in der Berliner Gastroszene: Bei den Unternehmensgründungen wurde von allen Seiten Hilfe angeboten. In Österreich sei das so nicht vorstellbar, meint Schlögl. „Da ist dir jeder alles z’neidig!“ Deutsche seien prinzipiell sehr positiv gestimmt gegenüber Österreicher:innen. „Die Leute sind bei weitem nicht so schlimm, wie man sie in Wien wahrnimmt,“ meint der Wirt mit einem Augenzwinkern. Er mag die Diszipliniertheit und Zielstrebigkeit der Deutschen. Außerdem seien sie ehrlicher zu sich selbst, was sich seiner Meinung nach auch in der Politik widerspiegle – „siehe Rücktritte in der Regierung“.

Beim Thema Infrastruktur und Verkehr stockt Schlögls Begeisterung für Deutschland jedoch. Die Deutsche Bahn sei „der Horror“, das gute Netz und das neue Klimaticket in Österreich würde er sich auch in Deutschland wünschen.