Die FPÖ und die Korruption
Die Freiheitliche Partei Österreichs findet sich nach den drei Landtagswahlen im ersten Halbjahr in zwei weiteren Landesregierungen: Sowohl in Niederösterreich als auch in Salzburg ist die Landes-ÖVP eine Koalition mit der FPÖ eingegangen. Damit ist die FPÖ nun in drei Landesregierungen – denn auch in Oberösterreich koaliert sie mit der Volkspartei.
Anlass genug, sich ein paar Beispiele anzuschauen, wie die Freiheitliche Partei mit Steuergeld umgeht. Denn die Ibiza-Partei scheint auch nach dem Abgang von Heinz-Christian Strache noch ein sehr legeres Verhältnis mit den eigenen Finanzen zu haben.
Die FPÖ Graz und die verschwundene Klubförderung
Der aktuell wohl spektakulärste Fall sind die Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei gegen verschiedene Personen in der FPÖ in der Steiermark: 2021 war kurz nach der Wahlschlappe der FPÖ bei der Grazer Gemeinderatswahl bekannt geworden, dass Gelder aus der städtischen Klubförderung offenbar im großen Stil abgezweigt wurden.
Nach der Selbstanzeige von Finanzreferent Matthias Eder kam auf, dass auch Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio sowie der frühere Klubchef Armin Sippel verwickelt sein könnten. Beide traten von ihren Funktionen zurück, gegen beide wird seither ermittelt. Mitte Oktober 2022 gab es Hausdurchsuchungen bei allen drei Beschuldigten sowie drei weiteren Verdächtigen und diversen FPÖ-nahen Vereinen.
Die Geschichte nahm dann eine unerwartete Wendung: Denn bei den Hausdurchsuchungen, unter anderem auch bei Burschenschaften, wurden auch NS-Devotionalien gefunden. Unter den dabei sichergestellten Daten fanden die Ermittlungsbehörden auch Material mit NS-Bezug.
Die Schadensumme ist jedenfalls hoch: Neben den gut 700.000 Euro an Klubförderungen, die der Ex-Klubsekretär laut Selbstanzeige veruntreut haben will, seien in der Ära Eustacchio weitere 1,1 Millionen Euro aus den Jahren 2014 bis 2021 nicht zuordenbar, ohne Belege „auf Nimmerwiedersehen“ verschwunden. Das hatte der Rechnungsprüfer Karlheinz Morré beim Parteitag im März 2022 öffentlich vorgerechnet. Dabei geht es schon lang nicht mehr um die blaue Stadtpartei in Graz, die gesamte Landespartei mit Obmann Mario Kunasek ist involviert – auch gegen ihn persönlich wird ermittelt.
Das neue Haus von Mario Kunasek
Im heurigen April hob der Landtag die Immunität von FPÖ-Chef Kunasek auf, damit die Staatsanwalt gegen ihn ermitteln kann. Kunasek selbst hatte bereits im Ausschuss für die Auslieferung gestimmt und will damit eine „rasche Ausräumung aller Vorhaltungen“ erwirken. Er soll über die Malversationen in der Grazer Stadtpartei informiert gewesen sein und hatte es nicht gestoppt.
Allerdings wird seit Frühling noch in einer zweiten Causa gegen Kunasek ermittelt, in der ihm in einer anonymen Anzeige vorgeworfen wird, zwischen 2017 und 2019 „Kosten für Baumaterial, Planungskosten und ähnliche Kosten für einen privaten Hausbau über die Parteikonten verrechnet“ zu haben. Konkret genannt werden Klub- und Parteienförderung. Der Architekt, der für das Projekt von Kunasek arbeitet, ist darüber hinaus auch kein Unbekannter – sondern Gerald Deutschmann, der Dritte Landtagspräsident der Steiermark und Landesfinanzreferent der FPÖ Steiermark.
Wiener Goldbarren in der Alpenfestung
Für harte Zeiten etwas zur Seite legen, ist nie eine schlechte Idee – die FPÖ Wien scheint das aber auf die Spitze getrieben zu haben. Im Zuge der Ibiza-Affäre wurde bekannt, dass die Wiener Blauen nicht nur eine Frühstückspension in den Osttiroler Alpen besitzen, sondern dort auch noch Goldbarren in Safes horten.
Im Zuge der Bankenkrise 2008 hatte der damalige FPÖ-Wien-Chef Heinz-Christian Strache quasi einen „Notgroschen“ angelegt, sollte das Finanzsystem ganz kollabieren. Die „Pension Enzian“ im Defereggental wurde als Lagerort fernab von Banken und neugierigen Augen ausgewählt, um den Goldschatz zu horten. Ein offensichtlich strategisch gewählter Ort, weit weg von größeren Siedlungen. Denn das idyllisch gelegene Haus wurde von der FPÖ als „Alpenfestung“ angesehen – als sicherer Rückzugsort, sollte es soziale Unruhen geben.
Die Anregung dafür kam 2013 vom damaligen Bundesparteichef Strache. Er macht seit vielen Jahren sowohl im Sommer als auch im Winter im malerischen Hochtal in Osttirol Urlaub. Der Immobilienankauf war damals Thema in einer Sitzung des Bundesparteivorstands. Einem Mitglied zufolge argumentierte Strache den Ankauf der ehemaligen Tischlerei im Ortskern St. Jakob in Defereggen so: Das Haus könnte dem inneren Führungskreis im Fall einer Krise als Zufluchtsort dienen. Strache sprach in den Jahren der Finanzkrise ab 2008 in größerer und kleinerer Runde immer wieder vom „Tag X“, an dem in Europa bürgerkriegsähnliche Unruhen ausbrechen könnten.
Das war damals in einigen Kreisen eine durchaus ernste Befürchtung. Wenn es in den größeren Städten zu Ausschreitungen kommt, wäre ein entlegener Ort auf dem Land die ideale Zuflucht. Vorbereitet scheint man dort zu sein – die Pension wirbt im Internet mitunter auch damit, dass jedes Zimmer mit einem eigenen Safe ausgestattet ist.
Verdacht auf „Kicklback“-Zahlungen
Und auch der aktuelle Bundesobmann der FPÖ, Herbert Kickl, ist mit Vorwürfen konfrontiert. Seit der Zeit, als er Redenschreiber für Jörg Haider war, soll Kickl über seine PR-Agentur Ideenschmiede auch Aufträge zu überhöhten Preisen für die damals blaue, dann orange Landesregierung in Kärnten übernommen haben. Die Mehreinnahmen sollen dann direkt an die Partei geflossen sein – diese Art der Kickbackzahlungen ist allerdings illegal.
Mehr noch: Kickl soll sogar ein eigenes Spesenkonto bei Ideenschmiede haben, mit dem Nächtigungs- und andere Kosten bezahlt werden sollen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Kickl und die FPÖ bestreiten alle Vorwürfe.
Die FPÖ und ihr Saubermann-Image
Über die genannten Beispiele hinaus gibt es noch weitere Verdachtsfälle, die auch teilweise im Ibizia-U-Ausschuss aufkamen, etwa die FPÖ-nahen Vereine wie „Austria in Motion“, mit denen die Partei querfinanziert werden kann. Auch hier ermitteln die Behörden, doch wie in fast allen Fällen braucht es Jahre, bis es zu einer Entscheidung kommt.
Was auffällt, ist aber doch: So sauber sich die Freiheitliche Partei auch gerne gibt, so oft scheint sie Probleme damit zu haben, mit dem Geld der Steuerzahler:innen sorgsam und transparent umzugehen.