Mietpreisbremse: Die sozialistische Scheinlösung
Um die Mieten für viele auf eine leistbare Höhe zu senken, wird der Ruf nach einer Mietpreisbremse laut. Eine Forderung, deren Umsetzung in der Praxis nichts bringen würde.
Was durch die Corona-Pandemie begonnen hat, geht durch die Teuerung weiter: Durch die Krisen der letzten Jahre müssen viele Menschen finanzielle Einbußen hinnehmen. Nicht nur die Preise für Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs steigen – sondern auch die Mieten. Was spricht eigentlich dagegen, diese einfach nicht teurer werden zu lassen?
Eine Mietpreisobergrenze klingt instinktiv nach einer guten Lösung dafür. Der Gedanke: Wenn der Preis der Miete künstlich begrenzt wird, sinkt die Belastung für die Menschen, die sie zahlen müssen. Dadurch bleiben – so die Theorie – nicht nur die individuellen Wohnkosten, sondern auch der Wohnmarkt stabil.
In der Praxis ist das nicht so einfach. Und zwar aus mehreren Gründen.
Warum die Preise steigen
Zuerst einmal gibt es einen Grund, warum Wohnpreise auf die gleiche Art entstehen wie z.B. Preise für Lebensmittel: durch Angebot und Nachfrage. Das Angebot bezieht sich auf die Menge an Produkten oder Dienstleistungen, die ein Unternehmen anbietet, während die Nachfrage die Menge an Produkten oder Dienstleistungen repräsentiert, die Verbraucher:innen kaufen wollen. Wenn das Angebot größer als die Nachfrage ist, sinkt tendenziell der Preis, während er bei größerer Nachfrage steigt.
Auf dem Immobilienmarkt sehen wir genau das: Es gibt weniger Wohnraum als Menschen, die ihn nachfragen. Wenn zu wenig leistbarer Wohnraum verfügbar ist, treibt sich diese Spirale weiter von selbst an: Das verfügbare Einkommen, das man für Wohnen ausgeben kann, ist nicht ansatzweise im gleichen Ausmaß gestiegen wie die Immobilienpreise. Daher können sich immer weniger Menschen Eigentum leisten, weswegen die Preise steigen usw.
Diese Praxis der Preisfindung wird von Linken und Rechten oft attackiert, hat aber einen zentralen Vorteil: Wenn wir auf Basis der Informationen handeln, die für uns selbst verfügbar sind, treffen wir für uns rationale Entscheidungen – und damit im Schnitt die „beste“ für die Gesellschaft. Für uns alle bedeutet das im Konsum, dass wir in der Regel die günstigsten Preise kriegen. Beim Beispiel Wohnen mag das unintuitiv klingen – ist es wirklich das „Beste“, wenn wir in dieser Situation sind? Natürlich nicht. Aber der Preisfindungsmechanismus an sich ist nicht das Problem, sondern viel eher zu wenig Angebot für zu viel Nachfrage.
Mietpreisobergrenzen sind das Gegenteil von marktwirtschaftlichen Lösungen: Die Preise werden nicht mehr durch Angebot und Nachfrage, sondern durch zentrale Steuerung geregelt. Das ist nicht deshalb schlecht, weil man es ideologisch anders sehen kann, sondern hat ganz praktische Konsequenzen – sie führen z.B. dazu, dass das Wohnangebot knapper wird.
Mietpreisobergrenzen führen zur Verknappung
Denn wie sinken die Wohnpreise nachhaltig? Durch mehr Angebot an Wohnungen. Dafür braucht es aber ein klares Motiv, diese zu bauen – eben Profit. Wenn dieser durch eine Mietpreisobergrenze gesenkt wird, sinkt der Anreiz, mehr zu bauen. Heißt, es gibt langfristig weniger Wohnungen am Markt.
Ein ähnliches Phänomen lässt sich jetzt schon am Wohnmarkt in Wien beobachten. Der Gemeindebau wird oft als Best-Practice-Beispiel bezeichnet, immerhin ist die Bundeshauptstadt die größte Immobilienbesitzerin Europas. Aber er führt auch zu einer Schieflage: Während manche im künstlich verbilligten Wohnraum leben, der einen großen Teil des Wohnmarkts ausmacht, steigen die Preise im Rest des Marktes überproportional.
Mietpreisobergrenzen schaden der Qualität
Dieser Kollateralschaden der staatlichen Preisbegrenzung würde nicht nur Neubauten treffen – auch Renovierungen wären betroffen. Wer die Aussicht hat, dass die eigene Wohnung mehr wert sein wird oder zumindest ein hohes, stabiles Zusatzeinkommen bringt, wird eher bereit sein, sie auszubauen oder Reparaturen vorzunehmen. Wenn sich die Wohnung an sich nicht lohnt, wird man damit eher sparen.
Wenn der Staat begrenzt, was man durch Angebot am Wohnmarkt verdienen kann, begrenzt das also künstlich die Nachfrage. Das bedeutet, dass weniger gebaut wird. Die Mietpreisobergrenze müsste also wieder abgeschafft werden, um Anreize zu setzen – und die Preise würden erst recht wieder nach oben schießen.
So geschehen auch in Berlin: Die deutsche Hauptstadt beschloss Anfang 2020 einen sogenannten Mietendeckel. Die Investitionen in Bau und Instandhaltung von Wohnungen in Berlin gingen schnell zurück. Ein deutscher Immobilienentwickler sagt in einem Interview dazu:
Wir werden alles Notwendige weiterhin machen, damit das Objekt technisch einwandfrei ist. Was wir nicht machen, ist, dass wir in die Wohnqualität investieren. Instandhaltung machen wir weiter: Heizung ist defekt – wird repariert, Fahrstuhl ist defekt – wird repariert. Das Dach ist undicht – wird repariert. Was man nicht mehr machen wird, sondern weniger machen wird, ist: das Treppenhaus streichen, Eingangsbereiche verschönern, den Hof neu gestalten, die Fassade neu streichen. Das wird man nicht mehr machen, weil sich das wirtschaftlich nicht mehr rechnet.
Ralf Spann, Chef des schwedischen Immobilienunternehmens Akelius, im Tagesspiegel
Für die Wohnungen, für die die Berliner Regelung nicht galt, gab es übrigens den umgekehrten Effekt: Die Mieten stiegen um 5 Prozent mehr als in vergleichbaren Großstädten. Im April 2021 wurde die Regelung durch das Bundesverfassungsgericht aufgehoben – nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil der Bund für das Mietrecht zuständig ist. Und der Effekt war wie prognostiziert: Die Mieten schossen nicht nur auf ihre alte Höhe, sondern auch weit darüber hinaus.
Anreize statt Regulierung
Das ist aber immer noch nicht das schlimmste Szenario: Wenn die harschen Eingriffe in den Wohnmarkt den Profit-Anreiz zu stark reduzieren, entfällt möglicherweise jeder Anreiz zu vermieten. Wer Eigentum hat, vermietet es eventuell gar nicht mehr, sondern verkauft es oder nutzt es anderweitig, z.B. als kurzfristige (teure) Unterkunft auf Airbnb.
Selbstverständlich ist eine Mietpreisobergrenze nicht der einzige Grund, warum diese Probleme bestehen können. Auch die allgemeine Lage am Wohnmarkt kann dafür sorgen, dass es zu wenig Anreiz gibt, neu zu bauen – z.B. in einer wirtschaftlichen Lage, in der sich weniger Menschen Eigentum leisten können oder sich trauen, Kredite dafür aufzunehmen. Man könnte auch argumentieren, dass es die aktuelle Situation schon schwierig genug macht, neues Angebot auf den Markt zu bringen.
Fest steht, dass die Mietpreisbremse bisher nicht funktioniert hat und leicht prognostizierbare negative Folgen hätte. Sie mag zwar emotional sinnvoll erscheinen, bringt aber mehr Probleme als Nutzen. Statt Preise von oben zu lenken, sollte der Staat eher darüber nachdenken, wie er mehr Angebot fördern kann. Mehr Regulierung ist selten das richtige Mittel dafür.