Mit dieser Forderung könnten die Gewerkschaften ein 15. Gehalt sichern
Während die Gewerkschaften für höhere Löhne kämpfen, sollten sie eine Forderung mitnehmen: Eine Senkung der Lohnnebenkosten, die Spielraum für höhere Löhne und niedrige Inflation schaffen würde.
Es ist ein fixer Bestandteil des politischen Kalenders in Österreich: Im Herbst starten die Lohnverhandlungen der „Metaller“. Eine Gruppe, die nicht nur gut verdient, sondern auch wichtig für den Standort ist – und deshalb einiges an Verhandlungsmacht hat. Sie legen vor, wie viel Spielraum es dieses Jahr gibt.
Dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf starke Lohnerhöhungen pochen, ist verständlich: Immerhin ist die Inflation mit 9,6 Prozent die höchste seit Jahrzehnten. Dass die Gewerkschaften hoch ansetzen werden, ist klar: Der Aufforderung des Finanzministers, den Gürtel enger zu schnallen, werden sie wohl eher nicht nachkommen.
Was die Metaller mitnehmen sollten
Wenn eine Gewerkschaft sich für höhere Löhne einsetzt, macht sie ihre Arbeit. Aber es gibt auch eine weitere Forderung, die nicht nur der Metallbranche, sondern allen Beschäftigten helfen könnte: eine Senkung der Lohnnebenkosten. Denn die sind in Österreich besonders hoch, machen den Standort teuer und sind ein Grund, warum Lohnerhöhungen so schwierig sind: Denn die Lohnnebenkosten sind in Österreich 6,55 Prozentpunkte höher als im OECD-Schnitt.
Auch für die Metaller würde sich eine Senkung auszahlen: Sie verdienen durchschnittlich 3.670 Euro brutto, wovon ganze 46,8 Prozent belastet werden. Eine Senkung der Lohnnebenkosten entspricht der Höhe eines 15. Gehalts – und das ist wesentlich weniger inflationstreibend als eine Lohnerhöhung „on top“. Im Vergleich zur Erhöhung ohne entsprechende Entlastung würde die Teuerung durch diese Lösung (laut Simulation mit Zahlen der Nationalbank) um 1,7 Prozent gedämpft.
Lösungsansatz für alle Branchen
Ein wesentlicher Vorteil einer Senkung der Lohnnebenkosten: Sie belasten Unternehmen nicht weiter. Wer seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mehr zahlt, ohne mehr zu haben, hat noch weniger finanziellen Spielraum. Vor allem, wenn die Preise nur deswegen steigen, weil Energie teurer geworden ist. In Zeiten hoher Inflation droht das für viele schwer zu werden.
Wer dagegen einfach weniger Steuern, Abgaben und SV-Beiträge abgeben muss, kann der Belegschaft mehr weitergeben – und das ohne zusätzliche Belastung. Das stellt auch das Institut für Höhere Studien in einer Empfehlung aus dem letzten Jahr fest:
„Dabei soll es durch Kompensationszahlungen aus dem Bundesbudget zu keiner Reduktion des Leistungsumfanges des AMS, der Familien- und der Wohnbauförderung kommen, indem die Mindereinnahmen aus dem Bundesbudget ausgeglichen werden. Ziel der Maßnahme ist es, die Kostenbelastung der Unternehmen zu reduzieren und dadurch den Preisauftrieb zu dämpfen. Langfristig braucht es grundlegende Reformen der Finanzierung der Familienleistungen, der Wohnbauförderung und der Notstandshilfe, die die Lohnnebenkosten dauerhaft senken können und die voll gegenfinanziert sind.“
Warum man über Lohnnebenkosten reden muss
Apropos Wohnbauförderung: Gerade von linker Seite wird oft davor gewarnt, dass eine entsprechende Senkung automatisch zu Sozialabbau führe. Daran stimmt nur ein Teil: Unter die Lohnnebenkosten fallen auch Arbeitslosen-, Pensions- oder Unfallversicherung. Aber ein Drittel besteht eben nicht aus Versicherungsleistungen, sondern etwa aus der Kommunalsteuer oder der Wirtschaftskammer-Umlage II. In Zeiten der Übergewinne in den Kammern darf man durchaus diskutieren, ob die wirklich notwendig ist.
Man sollte also nicht so tun, als sei das gesamte Geld, das der Staat durch Steuern und Abgaben einnimmt, ein wesentlicher Stützpfeiler des Staates. Österreich hat auch nicht zu wenig Einnahmen, sondern verliert seine Effizienz durch fragwürdige Ausgaben. Das Geld verschwindet im Förderalismus, in der komplizierten Rollenaufteilung im Gesundheitssystem, in intransparenten Bauprojekten. Aufgabe der Politik ist nicht nur, sich um sprudelnde Einnahmen zu kümmern – sondern auch, sie richtig auszugeben.
Wenn die Gewerkschaften also diese Woche in den „heißen Herbst“ starten, sollten sie nicht nur auf höhere Löhne schauen. Sondern auch laut sein, wenn es um Entlastung geht. Damit wäre nämlich allen geholfen – sowohl den Unternehmen als auch ihren Beschäftigten.