Keine neuen Steuern braucht das Land!
„Von 100 Euro Steuereinnahmen sind 80 Euro von unseren Leuten, 20 Euro von den Reichen.“
Mit dieser markanten Aussage sorgte der neue SPÖ-Chef Andreas Babler für Aufsehen. Er sieht in einer Vermögenssteuer das Allheilmittel, das alle Probleme der Republik lösen soll. Ob Gesundheitskrise, Pflegenotstand oder das angeschlagene Bildungssystem: All diese Herausforderungen sollen wie durch Zauberhand verschwinden, wenn nur die Reichen zur Kasse gebeten werden.
Die Sozialdemokratie scheint eine neue Steuer als universelle Lösung zu betrachten. Doch nicht nur die SPÖ unter Andi Babler bedient sich einer Rhetorik des Neids und der Ausgrenzung. Für die Sozialdemokratie scheint das Gras des Nachbarn stets grüner zu sein: Auch die ÖVP rief im Mai 2023 nach einer neuen Steuer.
Die politische Debatte der beiden Großparteien wird von Neid und Ausgrenzung dominiert, fernab jeglicher Vision für die Zukunft unseres Landes. Es scheint, als ginge es nur darum, jemand anderem etwas wegzunehmen und ein Feindbild zu konstruieren. Die ÖVP richtet ihr Augenmerk auf die „bösen“ Energiekonzerne. Im Mai warnt der Kanzler: „Wir lassen uns nicht länger papierln. Es werden Milliardengewinne gemacht, und gleichzeitig wird uns immer mit Krokodilstränen erklärt, wie schwierig die Situation auf dem Weltmarkt sei“ – und ruft im selben Atemzug nach einer Übergewinnsteuer.
Ein wichtiges Detail hat der Kanzler jedoch übersehen: Die meisten Energiekonzerne stehen unter der Kontrolle der Bundesländer. Doch dort scheint man von den Aussagen des Bundeskanzlers unbeeindruckt zu sein.
Schon jetzt führen hohe Ausgaben zum Mittelmaß
Doch nimmt Österreich wirklich zu wenige Steuern ein? Was die Abgabenquote anbelangt, gehört Österreich mit fast 44 Prozent zu den Top-3-Ländern. Die Abgabenquote ist das Verhältnis zwischen den gesamten Steuern und Sozialabgaben und dem Bruttoinlandsprodukt. Trotz dieser hohen Abgabenquote wird immer wieder eine neue Steuer gefordert, um Leistungen zu finanzieren.
Doch ist das wirklich notwendig? Österreich nimmt im europäischen Vergleich bei den öffentlichen Ausgaben in vielen Bereichen einen Spitzenplatz ein, erzielt damit jedoch im Hinblick auf die Outputs häufig nur mittelmäßige Ergebnisse. Mit anderen Worten: Die Systeme sind ineffizient und teuer. Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria hat in seiner Analyse „Europa Benchmarking: Bessere Leistungen mit weniger Ausgaben erreichen“ das Gesundheits-, aber auch das Bildungs- und das Schulsystem unter die Lupe genommen.
Im Bereich Schulsystem betragen die gesamten Bildungsausgaben im Elementar-, Primär- sowie Sekundarbereich je Schüler:in in Österreich kaufkraftbereinigt 9.373 Euro. Damit erreicht Österreich beim PISA-Test der OECD 492 Punkte. Wie in der Grafik ersichtlich, erzielen die Niederlande mit Ausgaben von nur 8.273 Euro, also 1.099 Euro pro Schüler:in und Jahr weniger, ein wesentlich besseres Testergebnis von 508 PISA-Punkten. Noch markanter fällt der Effizienzunterschied im Vergleich zu Finnland aus: Die Finnen erreichen mit Gesamtausgaben von nur 7.733 Euro, also 1.640 Euro pro Schüler:in und Jahr weniger als Österreich, ganze 523 PISA-Punkte.
Die gesamten Gesundheitsausgaben betragen in Österreich kaufkraftbereinigt 3.932 Euro pro Kopf und Jahr. Damit erreicht Österreich eine mittlere Lebenserwartung von 81,7 Jahren. Finnland erreicht denselben Wert mit Ausgaben pro Kopf von 3.020 Euro, also 911 Euro weniger. Noch markanter fällt der Vergleich mit Spanien aus: Spanien erreicht mit Gesundheitsausgaben pro Kopf von kaufkraftbereinigt 2.398 Euro, also 1.534 Euro weniger, eine mittlere Lebenserwartung von 83 Jahren.
Österreichs Problem sind Ausgaben, nicht Einnahmen
Die Qualität der Leistungen der Republik in vielen Bereichen lässt nach, und das liegt nicht an den finanziellen Mitteln, sondern an den veralteten Strukturen und vernachlässigten Reformen. Andere Länder erzeugen mit viel weniger finanziellen Ressourcen einen besseren Output.
Die beiden großen Parteien in Österreich scheinen sich in einer Debatte zu verlieren, die von Neid und Ausgrenzung dominiert wird, anstatt sich auf zukunftsorientierte Visionen zu konzentrieren. Die Forderung nach neuen Steuern scheint ein einfacher Ausweg zu sein, aber sie lenkt von der eigentlichen Herausforderung ab: Es sind dringend Reformen notwendig.
Die Qualität der staatlichen Dienstleistungen in vielen Bereichen hat nachgelassen, was weitreichende negative Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft hat. Anstatt die Steuerlast zu erhöhen, sollten wir uns darauf konzentrieren, Effizienz und Effektivität unserer öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Es ist nur gerecht und fair, dass wir für unsere hohen Steuern auch die besten Leistungen erhalten.
Andere Länder haben bereits bewiesen, dass es möglich ist, mit weniger finanziellen Ressourcen bessere Ergebnisse zu erzielen. Wir müssen uns dieser Tatsache stellen und die notwendigen Reformen umsetzen, um die Qualität unserer öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern und eine nachhaltige Zukunft für alle zu gewährleisten.
MATHIAS LIPP leitet die politische Abteilung des NEOS Parlamentsklubs. Zuvor war er Klubdirektor im NEOS Landtagsklub Oberösterreich. Der ehemalige Lehrling verfügt über Erfahrung in Industrie, Start-ups, Akademie und Politik. Sein Fokus liegt in den Bereichen Wirtschafts-, Bildungs- und Sozialpolitik.