Studie: Mehr Hitzetage bedeuten auch mehr Unfälle und Aggressionen
„Die vermehrten Hitzewellen haben einen Einfluss auf unseren Alltag, sie haben Folgen. Darüber müssen wir gar nicht mehr reden, das ist – leider – ein Fakt.“
Armin Kaltenegger, Leiter des Fachbereichs Eigentumsschutz im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), macht deutlich, was eine aktuelle Studie des KFV erhoben hat: Hohe Außentemperaturen haben negative Effekte auf einen überraschend großen Teil der Bevölkerung. Und die Gefahr dürfte in Zukunft weiter steigen. 33 Prozent der Befragten bekommen bei Hitzewellen beispielsweise Probleme mit der Atmung, ein noch höherer Anteil reagiert gereizt oder gar aggressiv.
Hitzewellen belasten den Körper
Die Probleme, die die Studie aufzeigt, werden in den kommenden Jahrzehnten auch noch mehr werden. Von einer Hitzewelle spricht man, wenn die Lufttemperatur an mindestens drei Tagen über 30 °C liegt. Die durchschnittliche Dauer einer Hitzewelle hat in den vergangenen Jahrzehnten bereits um rund zwei Tage zugenommen. Bedingt durch den Klimawandel könnten die Werte in Zukunft weiter steigen, warnt Kaltenegger: „Bis Mitte des Jahrhunderts werden wir in Wien Temperaturen wie heute in Skopje haben“ – also auch erheblich mehr und längere Hitzewellen. Jetzt schon zeigen sich die Folgen klar:
- Fast die Hälfte der österreichweit mehr als 1.200 Befragten hat an Hitzetagen bereits einen Schwächeanfall erlitten oder in seinem Umfeld registriert, wobei Frauen etwas häufiger betroffen sind als Männer und Jüngere häufiger als Personen über 50.
- 33 Prozent der Befragten hatten an Hitzetagen Atembeschwerden, wobei jüngere Personen und Frauen stärker betroffen waren.
- Rund 60 Prozent gaben in der Studie an, dass sie besorgt über den Klimawandel sind.
Der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter, der die Studienergebnisse zusammen mit Armin Kaltenegger präsentierte, plädierte deshalb für mehr Bewusstsein dafür, was Hitze mit den Menschen macht: „Es wird immer noch unterschätzt, welchen körperlichen Stress Hitze verursacht.“ Dass jedes Jahr Menschen an den Folgen der Hitze in Österreich sterben, wird kaum berücksichtigt. Ein Grund dafür ist, dass die Konzentration abnimmt. Ein Faktor, der gerade im Straßenverkehr zu mehr Unfällen führt – an Hitzetagen passieren überdurchschnittlich viele Unfälle.
Höhere Aggression durch Hitze
Hutter sprach auch die emotionalen Auswirkungen von mehr Hitzetagen an. 35 Prozent der Befragten in der Studie räumen ein, dass Hitze bei ihnen selbst schon einmal zu Gereiztheit bzw. erhöhter Aggression geführt hat, 40 Prozent haben das zumindest in ihrem Umfeld schon registriert.
Auch weitere Studien aus den USA haben bestätigt, so Hutter, dass vermehrte Hitze zu mehr Aggression, Stress, Gereiztheit, aber auch Depressionen und Verstimmungen führen kann. Hitze kann nicht nur physische, sondern auch psychische Auswirkungen haben. Dafür hat sich der Fachbegriff Long Hot Summer Effect in den USA durchgesetzt: In den heißen Monaten, vor allem in den Südstaaten, nimmt die Zahl der körperlichen Übergriffe und Gewalttaten zu.
Das dürfte auch zu den erhöhten Unfallraten in den Sommermonaten beitragen: Neben verminderter Reaktionsfähigkeit und schlechterer Konzentration während Hitzewellen ist eine allgemeine Gereiztheit und erhöhte Aggressivität kein guter Mix im Verkehr.
Was können wir tun?
Sowohl Hutter als auch Kaltenegger präsentierten auch Vorschläge, was jede Person selbst und wir als Gesellschaft tun können. Auf der persönlichen Eben ist vieles bekannt, wird im Alltag aber oft vergessen, wie genug Flüssigkeit, keine Überanstrengung, direkte Sonne möglichst vermeiden. Das klingt banal, doch wie Hutter betont: Der Fakt, dass vor allem junge Menschen überdurchschnittlich oft Schwächeanfälle oder andere körperliche Beschwerden durch Hitze haben, zeigt, dass gerade junge Menschen die Gefahr unterschätzen und diese einfachen Vorsichtsmaßnahmen nicht berücksichtigen.
Als Gesellschaft – und Politik – müssen wir die größeren Brocken angehen, betont Hutter: „Wir als Menschen können uns nicht an alles anpassen. Während Bodenentsiegelung und entsprechende Raum- und Stadtplanung helfen, muss der Klimaschutz mit Anpassungsmaßnahmen einhergehen.“ Nur wenn die Erhitzung des Weltklimas noch abgebremst werden kann, wird auch der Anstieg der Hitzewellen auf ein machbares Level begrenzt werden. Ein Ziel, das uns alle einen sollte.