Warum keiner weiß, wie es mit den Community Nurses weitergeht
Community Nurses können das Gesundheitssystem entlasten und eine wohnortnahe, niederschwellige Versorgung außerhalb von Arztpraxen anbieten. In einem ersten Pilotprojekt aus EU-Mitteln konnten rund 270 Personen Pionierarbeit leisten. Mit dem Ende der EU-Finanzierung gibt es anhaltende Unsicherheiten, wie die Zukunft aussieht – obwohl die Finanzierung gesichert ist. Ein Paradebeispiel für schlechte politische Kommunikation und Planung.
Gerade im Gesundheitsbereich haben die vergangenen Jahre gezeigt, dass gute Planung wichtig ist und man auf alles vorbereitet sein sollte. Damit die Mitgliedstaaten infolge der Pandemie resilientere Gesundheitssysteme aufbauen können, verteilte die EU Gelder, und in Österreich wurden damit unter anderem Pilotprojekte für Community Nurses finanziert. Projektvergabe, Definitionen der Aufgaben und auch die Kommunikation hatten aber einige Probleme, und auch die Überleitung zum Ende der EU-Finanzierung wird nicht ideal geregelt.
Ende 2023 wurde im Rahmen des Finanzausgleichs die Finanzierung gesichert, und Community Nurses werden in Zukunft aus den Mitteln des Pflegefonds bezahlt. So weit, so gut. Allerdings weiß das offenbar kaum jemand, denn es gibt immer noch regelmäßige Berichte, dass die Zukunft der Community Nurses ungewiss sei (etwa hier oder hier). Teilweise könnten diese Befürchtungen sogar stimmen, denn nach wie vor weiß niemand genau, wie die langfristige Abwicklung aussehen soll. Zumindest hat das Ministerium bisher keine genauen Antworten und kann nur die bisherigen Probleme aufschlüsseln. Wobei diese ja auch Ableitungen für die Zukunft erlauben können, dafür werden sie aber nicht verwendet.
Potenzial für Learnings
Die EU-Finanzierung war für Pilotprojekte konzipiert, sodass mit diesem Geld ein Anstoß für eine langfristige Veränderung erfolgt. Damit war klar, dass nicht in allen Gemeinden gleich eine Community Nurse etabliert werden kann. Stattdessen hat das Gesundheitsministerium Gemeinden dazu eingeladen, Projektbeschreibungen einzureichen und sich um die Rolle als Pilotgemeinde zu bewerben. Schon bei diesen Ausschreibungen gab es aber viele Probleme, wie eine Anfragebeantwortung des Ministeriums zeigt.
Insgesamt gab es 145 Anträge, 22 wurden gleich aus diversen Gründen abgelehnt und 13 weitere zurückgezogen oder abgebrochen. Weitere 17 wurden erst nach Überarbeitungen genehmigt, nur knapp 100 Projekte erfüllten also von Anfang an die Vorgaben.
Doch damit nicht genug. Denn nur, weil ein Projekt genehmigt wurde, läuft noch lange nicht alles gut. Für die Gemeinden, die ein Projekt genehmigt bekommen hatten, fing die Arbeit erst an. Manche stellten die Community Nurses selbst an, andere führten wiederum Ausschreibungen durch. Infolge so einer Ausschreibung können Gemeinden das Geld beispielsweise an einen Sozialhilfeverband oder das Rote Kreuz weitergeben, damit die sich um Personal kümmern. Allerdings sind Gemeinden nicht immer mit den genauen Regeln für Ausschreibungen vertraut, und von 31 Ausschreibungen mussten 14 neu ausgeschrieben werden.
Für die Gemeinden bedeuten diese Widerrufe nicht nur Mehrkosten beim Verfahren, sondern hatten auch Auswirkungen auf die Projekte. Denn nur, wer sich innerhalb des vorgeschriebenen Rahmens befindet, erhält auch die Förderung. Für 24 Gemeinden bedeutete das, dass insgesamt 5,3 Millionen Euro an Förderung zurückgezahlt werden mussten – das ist gut ein Drittel der Mittel, die diese Gemeinden erhalten hatten.
Föderalismus verhindert einheitliche Standards
Die Abwicklung ist also schwierig. Obwohl sich schon das Ministerium so schwer getan hat, sollen jetzt alle Bundesländer einen Weg finden, wie sie das selbst umsetzen, und welche Vorgaben in Zukunft gelten. Sollen Gemeinden die Community Nurses selbst anstellen? Oder sollen Sozialhilfeverbände oder das Rote Kreuz Community Nursing ähnlich wie mobile Pflege oder Pflegeentlastungsdienste anbieten?
Offen ist auch, wie diese Mittel verteilt werden sollen: Sollen weiterhin Projekte ausgeschrieben werden, oder erhalten Gemeinden das Geld dafür automatisch? Laut Gesundheitsministerium obliegt diese Abwicklung den Bundesländern – mehr Informationen gibt es dazu nicht. Ein Problem: Denn gerade in der Pflege wird seit Jahren diskutiert, dass die unterschiedlichen Vorgaben der Bundesländer zu großen Problemen und auch zu viel Unzufriedenheit beim Personal führen.
Jetzt komplett unterschiedliche Finanzierungsmodelle zu entwickeln, könnte dazu führen, dass Community Nurses vom Burgenland bis nach Vorarlberg sehr verschiedene Anstellungsverhältnisse und Bezahlungen haben werden. Warum die Chance einer einheitlichen Abwicklung nicht genutzt wurde, ist mehr als fraglich. Immerhin sollte gerade mit diesem Finanzausgleich mehr Vereinheitlichung in der Pflege kommen.
Auch der Gemeindebund kritisiert aber diesen Schnellschuss. Denn egal wie die Finanzierung abgewickelt wird, noch wichtiger sind die Aufgaben. Der schlimmste Fall wäre, dass eine Community Nurse in Vorarlberg andere Aufgaben hat als im Burgenland.
Mangelnde Planungssicherheit
Denn das Ziel dieser neuen Berufsgruppe ist überall das gleiche: eine zusätzliche Ansprechperson, die im Gesundheitssystem entlastet und zusätzlich für Pflegebedürftige da ist. Das Problem daran ist: Solange der angekündigte Evaluierungsbericht nicht veröffentlicht wird, kann aus den bisherigen Projekten auch keine Ableitung getroffen werden. Dieser Bericht soll aber erst Ende 2024 publiziert werden. Mit Ende 2024 laufen die EU-Mittel aus, das heißt, bis dahin brauchen die Bundesländer ein System, wie die zukünftige Finanzierung abgewickelt werden soll, und das sollte im Idealfall an die Aufgaben von Community Nurses angepasst sein. Ohne die bisherigen Ergebnisse kann aber auch nicht gut gesagt werden, was sich für die Zukunft eignet.
Die Finanzierung ist also gesichert, die Berichterstattung über diesen Aspekt der Community Nurses kann damit problemlos enden. Geld alleine reicht aber nicht. Stattdessen sind bisherige Projekte, Patientinnen, pflegende Angehörige und auch die Gemeinden selbst darauf angewiesen, dass eine Richtung vorgegeben wird. Ohne inhaltliche Einblicke kann aber kaum abgeleitet werden, welche Maßnahmen gute Erfolge erzielen und welche nicht. Die bisher bekannten sind aber ohnehin nur Beratungsgespräche und präventive Hausbesuche – und beides sind Tätigkeitsbeschreibungen, die so gut wie alles bedeuten können.
De facto ist man jetzt also darauf angewiesen, dass die Bundesländer sinnvolle und idealerweise vergleichbare Finanzierungswege entwickeln, die nach Veröffentlichung des Evaluierungsberichts Ende 2024 flexibel genug sind, um die inhaltlichen Erkenntnisse gleich widerzuspiegeln und Community Nurses auch wirklich Pflegetätigkeiten erlauben. Die Frage, ob das wirklich realistisch ist, macht die Zukunft der Community Nurses damit trotz einer gesicherten Finanzierung zu einer ungewissen Sache.