Zeit für Reformen: Let’s make money!
Österreich ist ein wohlhabendes Land. Das verdanken wir vor allem den fleißigen Bürgerinnen und Bürgern, nicht der Regierungspolitik. Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben durch ihre Arbeit, ihren Mut und ihre Zuversicht diesen Wohlstand erarbeitet. Währenddessen konnten und können die Rahmenbedingungen nicht mithalten. Zu oft stehen in der politischen Diskussion Partikularinteressen im Vordergrund.
Über Jahre hinweg weisen Berichte von Expertinnen und Experten – sei es von der EU-Kommission, der OECD, dem WIFO, dem IHS, dem Fiskalrat oder dem Rechnungshof – auf die immergleichen Reformen hin, die unser Land dringend braucht. Diese Erkenntnisse finden sich auch in zahlreichen Regierungsberichten wieder, vom jährlichen KMU-Bericht bis hin zum Startup-Monitor.
Vor Wahlen tauchen diese Forderungen dann wieder in den Wahlprogrammen auf – mal mehr, mal weniger konkret. Doch es bleibt bei Lippenbekenntnissen. Es braucht daher endlich mutige und entschlossene Reformen, um die Rahmenbedingungen zu schaffen, die Österreich für eine erfolgreiche Zukunft braucht. Dabei zeigen Studien klar, dass sich Reformen lohnen.
Wäre Österreich moderner, wäre es wohlhabender
Es ist bedenklich, wenn Österreich laut Eurostat im europäischen Vergleich am zweitwenigsten Gründungen nach Griechenland aufweist. Startups haben in Österreich nicht die optimalen Voraussetzungen, um im Markt zu bestehen und schnell zu wachsen. Eine Studie von EcoAustria zeigt, dass Österreich bei fast allen untersuchten Kennzahlen für ein geeignetes Startup-Umfeld im europäischen Vergleich bestenfalls mittelmäßig abschneidet. Zum Beispiel gibt es in den Niederlanden auf eine Million Einwohner rund 2.400 Jungunternehmer – in Österreich sind es nicht einmal 700. Würde Österreich ähnliche Startup-Zahlen wie die Niederlande erreichen, könnte das Land in zehn Jahren mit 1,3 Prozent mehr Investitionstätigkeit und 12.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen rechnen.
Auch bei der Venture-Capital-Finanzierung ist Österreich ein europäisches Schlusslicht: Während in den Niederlanden 0,76 Prozent des BIP in Venture Capital investiert werden, sind es in Österreich nur 0,3 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Anteil bei 0,6 Prozent, in Israel und Estland sogar bei über 3 Prozent des BIP.
Eine weitere Studie belegt, dass Österreich wirtschaftlich stark profitieren könnte, wenn das private Beteiligungskapital (PE) auf das Niveau des EU-Durchschnitts steigt. Eine Modellsimulation zeigt, dass ein Anstieg um 0,12 Prozent des BIP, was rund 500 Millionen Euro entspricht, zu zusätzlichen Sozialversicherungsbeiträgen von etwa 100 Millionen Euro führen würde. Auch die Steuereinnahmen würden steigen, was den öffentlichen Primärsaldo kurzfristig um 150 Millionen Euro und langfristig um 300 Millionen Euro verbessert.
Noch besser sähe es aus, wenn Österreich bei den Venture-Capital-Investitionen zu den europäischen Spitzenreitern aufschließt. Ein Anstieg von rund 0,1 Prozent des BIP (ca. 330 Millionen Euro) könnte die Steuereinnahmen um 50 Millionen Euro und die Sozialversicherungsbeiträge um 90 Millionen Euro kurzfristig und 150 Millionen Euro langfristig erhöhen.
Unternehmergeist durch Reformen beflügeln
Unternehmertum ermöglicht es Menschen, ihre Interessen und Leidenschaften zu verfolgen, was Innovation und Arbeitsplätze in Österreich schafft und unseren Wohlstand sichert. Doch veraltete und überzogene Regulierungen trüben oft die Freude am Unternehmertum. Österreich gehört zu den restriktivsten Ländern in Europa, wenn es um den Zugang zu Berufen geht. Die aktuelle Ausgestaltung der Gewerbeordnung berücksichtigt beispielsweise die Entwicklungen der Digital Economy viel zu wenig. Der Berufszugang muss erleichtert werden, indem die Zahl der reglementierten Gewerbe deutlich verringert wird. Tätigkeiten, die das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährden, sollen weiterhin reglementiert bleiben. Die Gewerbeordnung sollte außerdem neu und logisch strukturiert werden, unabhängig von den Interessen der Wirtschaftskammer. Im Betriebsanlagenrecht sollten Verfahrensbeschleunigungen und Genehmigungserleichterungen zur Entbürokratisierung beitragen. Eine Reform soll den Rechtsrahmen modernisieren und verständlicher machen und angehende Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Unternehmensgründung und im laufenden Betrieb deutlich entlasten.
Die niedrigen Gründungsraten in Österreich sind angesichts der Rahmenbedingungen wenig überraschend. Die Verwaltung muss dringend digitalisiert, und die Kompetenzen müssen bereinigt werden. Es ist inakzeptabel, dass die Erteilung einer Steuernummer im Jahr 2024 durchschnittlich 14 Tage dauert. In Neuseeland kann man innerhalb von 24 Stunden gründen, in Frankreich im Schnitt in 3 Tagen, während es in Österreich durchschnittlich 20 Tage dauert. Eine Unternehmensgründung auf Englisch ist nach wie vor nicht möglich. Eine Ende 2023 eingeführte Mitarbeiterbeteiligung für Startups ist vom Start weg weniger attraktiv ausgestaltet als jene in unseren Nachbarländern. Mit mageren Kompromissen werden wir den internationalen Kampf um die besten Köpfe nicht gewinnen. Auch die Verfahren für die Rot-Weiß-Rot-Karte dauern trotz Reformen zu lang. Die Kriterien sollen sich an den Bedürfnissen der Unternehmen orientieren, hier müssen die Zuständigkeiten auf eine Behörde konzentriert werden – und nicht wie bisher auf zwei Stellen.
Letztlich ist die drittstärkste Steuer- und Abgabequote in der EU mit 43,6 Prozent auch eine erhebliche Belastung für den Wirtschaftsstandort und keine Visitenkarte für ausländische Investoren, Unternehmerinnen und Unternehmer und Fachkräfte.
Die Liste notwendiger Reformen ist noch viel länger. Ein Beispiel: Nur wenige Staaten in Europa regeln überhaupt Öffnungszeiten von Montag bis Samstag, Österreich ist hier hingegen sehr restriktiv. 16 Staaten in Europa haben sogar keine Regeln für Öffnungszeiten am Sonntag. Durch Österreichs Handhabe werden neue, innovative Angebote wie Automatengeschäfte dadurch von vornherein abgewürgt. Gleichzeitig gibt es zahlreiche fragwürdige Ausnahmen: Wenn Landeshauptleute es erlauben, darf in Tourismuszonen auch großzügiger geöffnet werden. Sonst dürfen Supermärkte am Sonntag nur an Bahnhöfen oder Tankstellen öffnen, aber eine Lebensmittellieferung nach Hause ist nicht erlaubt. Wer am Sonntag also eine Pizza will, muss sich Zutaten beim Billa oder Spar in Bahnhöfen und Tankstellen besorgen – nicht aber bei sich ums Eck – oder eine fertige Pizza im Restaurant bestellen. Auch ein Automat dürfte in Österreich nur eine fertige Pizza verkaufen oder jede Zutat einzeln – mehrere Lebensmittel auswählen und gemeinsam zahlen, wäre ebenfalls verboten.
Jetzt wäre also die Zeit für mutige Reformen statt kleiner Kompromisse. Wenn der Staat endlich seine Aufgaben erledigt und die Rahmenbedingungen modernisiert, werden die Menschen mit noch mehr Motivation an sich selbst, ihren Projekten, ihrer Karriere und letztlich am Wohlstand in Österreich arbeiten.