Zurück in die Zukunft
Im politischen Jahr gibt es terminliche Gesetzmäßigkeiten. Der Beginn der Bade- oder Skisaison ist traditionell eine gute Zeit, um über Tourismus zu sprechen. Nach der Nikolo-Debatte kann man die Uhr stellen, obwohl ihn Jahr für Jahr niemand verbieten will. Und jeden Oktober gibt es die Budgetdebatte fürs nächste Jahr.
Das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Das mag technisch klingen, ist aber Basis für alle politischen Maßnahmen, die der Nationalrat beschließt. Geld für Schulen, Krankenhäuser, die Polizei und den gesamten Sicherheitsapparat, aber auch für erneuerbare Energien oder Unternehmens-Hilfen – das alles kommt aus dem Budget. Deshalb ist es eine der wichtigsten Aufgaben des Nationalrats, beim Budget besonders aufmerksam zu sein und auch zu hinterfragen, wofür Geld freigemacht wird. Und wofür nicht.
Man kann nämlich durchaus den Verdacht aufstellen, dass Österreich sein verhältnismäßig großes BIP besser ausgeben könnte. Dafür sprechen z.B. ein riesiges Budget für Regierungswerbung und eine der höchsten Parteienförderungen der Welt. Aber auffällig ist, was fehlt: nämlich Investitionen in die Zukunft.
So entwickeln sich die Zukunftsinvestitionen
Das zeigen Daten, die das NEOS Lab erhoben hat. Nach Vorbild einer Studie des deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW wurde die sogenannte „Zukunftsquote“ für das Bundesbudget errechnet. Sie soll angeben, wie viel Geld für Projekte und Politikbereiche zur Verfügung gestellt wird, die in die Zukunft gerichtet sind – also langfristig wirken.
Sieht man sich die Entwicklung der Zukunftsquote im Zeitverlauf an, merkt man, dass sie sich nach wie vor nicht von der Corona-Pandemie erholt hat. In der weiten Variante – also in der Rechnungsart, laut der mehr Budgetposten als zukunftsbezogen gelten – liegt die Zukunftsquote heuer bei 19 Prozent. Das heißt, nur jeder fünfte Euro an Staatsausgaben wird für zukunftsorientierte Bereiche verwendet.
Der Grund dafür sind die riesigen Hilfspakete, die einerseits während der Corona-Pandemie, aber auch heuer gegen die Teuerungskrise ausgegeben werden. Diese lassen die Staatsausgaben in der Statistik explodieren – was dafür sorgt, dass die zukunftsbezogenen Budgets wie Klimaschutz und Elementarbildung prozentuell weniger ausmachen.
Insofern liegt es auch an den externen Umständen, dass die Zukunftsquote so stark gesunken ist. Trotzdem ist es Aufgabe der Politik, sich diesen Themen zu widmen – und das dementsprechend auch im Budget darzustellen. Wo sind die Lösungen für die großen Zukunftsfragen?
Wie ein echtes Zukunftsbudget aussehen könnte
Ein Budget, das auf zukunftsorientierte Maßnahmen abzielt, würde andere Prioritäten setzen. In der Elementarbildung ist z.B. bekannt, dass sich jeder früh investierte Euro so stark lohnt, als würde man später sieben ausgeben. Kinder, die schon früh hochklassige Kinderbetreuung genießen, zehren in ihrer gesamten Bildungskarriere davon. Ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung würde also nicht nur dem Staat dabei helfen, Geld effizient einzusetzen – er würde auch Kindern in ihrer gesamten Bildungskarriere helfen, und Frauen, die durch mangelndes Angebot oft zu Hause bleiben, in ihren Karrieren unterstützen.
Eine andere logische Zukunftsmaßnahme ist der Klimaschutz. Wer jetzt in die Energiewende investiert, profitiert früher von ihr und mindert die Folgen des Klimawandels. Das bedeutet, dass in Zukunft weniger Geld für Schäden durch Hochwasser und Unwetter eingesetzt werden muss, auch die Ausfälle durch Dürre werden verringert. Und dazu kommt, dass die Abhängigkeit von Russland Österreich in der Energiekrise gleich doppelt teuer zu stehen kommt.
Das wichtigste Ziel wäre aber eines auf der Metaebene: und zwar, Geld treffsicher einzusetzen. Nicht nur bei den Corona-Hilfen, die alles andere als rasch und effizient angekommen sind, kritisiert der Rechnungshof zu Recht das Prinzip Koste es, was es wolle. Auch in der Energiekrise arbeitet die Politik mit der Gießkanne und überweist auch jenen Geld, die überhaupt keines bräuchten. Kombiniert mit den Maßnahmen aus den Ländern führt das zu absurden Situationen: So führt die Strompreisbremse im Bund kombiniert mit dem Strompreisrabatt in Niederösterreich dazu, dass der Preis pro Kilowattstunde in der Wahlkampfsaison bei minus einem Cent liegt. Diese Art der Politik ist vieles – aber nicht zukunftsorientiert.
Wann geht’s endlich zurück in die Zukunft?
Es sieht aber nicht so aus, als wäre ein Ende dieser Politik in Sicht. Die Teuerung und hohe Energiepreise werden uns noch länger in Atem halten, und der Ruf nach einem „starken Staat“, der sich dem annimmt, wird lauter. Gleichzeitig stehen dieses Jahr Landtagswahlen an. Und Steuergeld ist in Österreich leider immer auch ein taktisches Instrument.
Anständige Politik ist anders. Sie hätte sich die Frage zu stellen, welche staatlichen Ausgaben in der aktuellen Situation nicht nur angemessen, sondern auch effizient sind. Ausgaben für Themen wie Klimaschutz, Elementarbildung oder Grundlagenforschung rentieren sich immer – aber langsam, und ohne großen Effekt beim Publikum. Es wäre gut, auf sie aufmerksam zu machen und sie im Blick zu behalten. Zumindest, wenn man Politik für die Zukunft machen will.