Ohne Homeoffice geht es nicht mehr
Das Homeoffice hat sich in der Pandemie als eines der besten Mittel erwiesen, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Es ist nicht perfekt, aber es ist eine tolle Erfindung. Es gibt viele gute Argumente dafür, es als fixen Bestandteil der Arbeitswelt beizubehalten. Und es gibt Gründe, warum wir uns die Frage eigentlich gar nicht stellen müssen: technologischer Fortschritt und die zukünftige Arbeitswelt.
Wenn man sich den Zustand der aktuellen Arbeitswelt ansieht, so wird einem schnell bewusst, dass vieles im Argen liegt. Es herrscht ein Mangel an motivierten Mitarbeiter:innen sowohl in den typischen Berufen als auch bei hochspezialisierten Fachpositionen. Was in den USA nun als Great Resignation bekannt ist, äußert sich bei uns darin, dass in Österreich bereits der Kellner:innen-Beruf als Mangelberuf eingestuft wird. AMS-Chef Johannes Kopf berichtet davon, dass der Arbeitsmarkt in Österreich zu einem Arbeitnehmer:innen-Markt wird und sich Unternehmen vermehrt um Mitarbeiter:innen bewerben müssen, statt umgekehrt.
Die Problematik lässt sich nicht allein über Angebot und Nachfrage – also die Frage, wie viel man verdienen soll – beantworten, sondern rund um einen Beruf sind heutzutage generell mehr Freiheiten nötig. Ein Beruf muss Erfüllung bringen und darf nicht zu viel einschränken. Unternehmen reagieren auf diese Veränderung der Arbeitskultur mit umfangreicherem Urlaub, mehr Freizeit, flexibleren Arbeitszeiten und weniger Büroarbeitstagen.
Gekommen, um zu bleiben – ein Glück
Es zeigt sich, dass sich Remote Work und hybride Arbeitsmodelle zu einem sehr großen Teil positiv auf die Arbeitswelt auswirken. Arbeitnehmer:innen berichten von mehr Motivation, gesteigerter Wertschätzung, größerer Loyalität und verbessertem körperlichem und geistigem Wohlbefinden. In einer Umfrage des Jobportals karriere.at bezeichneten ganze 47 Prozent der Befragten Homeoffice als eine Grundbedingung für ihre Arbeitsplatzsuche. Arbeitgeber:innen sind also angehalten, diese neue Arbeitskultur permanent beizubehalten. Wer diese Realität nicht anerkennt, wird über kurz oder lang auf gute Arbeitnehmer:innen verzichten. Und er stellt sich dabei gleichzeitig gegen einen größeren Trend, der nicht aufzuhalten sein wird – denn wir stehen vermutlich kurz vor einer gesellschaftlichen Revolution.
Mark Zuckerberg arbeitet an der Vision des Metaverse und meint es damit so ernst, dass er Facebook umbenennen ließ und ein Vermögen investiert, um es Realität werden zu lassen. Diese nächste Entwicklungsstufe des Internets, in der wir ein immersives Erlebnis in digitalen Welten beschreiten werden, wird viele Bereiche des Lebens grundlegend verändern. Dabei spricht Zuckerberg gerne davon, wie er sich die Arbeitswelt der Zukunft vorstellt und dass wir heute bereits in einer Ära des Remote Work leben. Diese wird sich in den kommenden Jahren nur noch weiter ausprägen. Meta Platforms – die Firma, die früher als Facebook bekannt war – arbeitet daran, dass wir ortsunabhängiger leben und miteinander über große Distanzen über Brillen oder Headsets kommunizieren können.
Ob durch Augmented Reality, Mixed Reality oder Metaverse – das Arbeiten von überall aus könnte sich damit völlig verändern. Es ist eine Weiterentwicklung des klassischen Zoom-Calls, in dem man zwar sein Gegenüber wahrnimmt, jedoch keinen Augenkontakt herstellen kann, der für menschliche Konversation essenziell ist. Die neueste Generation an VR-Brillen ist nun in der Lage, die Bewegungen von Augen und Gesicht eines Menschen zu erkennen und über einen Avatar wiederzugeben. Nutzer:innen von VR-Brillen können einander nun erstmals digital in die Augen sehen und den vollen Umfang der Gesichtsbewegungen ihres Gegenübers wahrnehmen. In den kommenden Jahren werden wir viele solche Entwicklungsstufen sehen, die das Fühlen, Hören, Sehen, aber auch das Riechen und Schmecken in digitaler Form ermöglichen.
Mark Zuckerberg beschreibt, wie die Arbeitnehmer:innen der Zukunft virtuell ins Büro gehen und von unterschiedlichsten Orten aus im „selben“ Raum zusammenarbeiten werden. In Zukunft gehen wir also seltener frühmorgens über den Arbeitsverkehr ins Büro, sondern „teleportieren“ uns in unsere Arbeitswelt. Damit beschreibt er eine der wichtigsten und disruptivsten Eigenschaften des Metaverse: Die Distanz zwischen allen Menschen im Metaverse ist null. Der gesamte Planet kann sich dort theoretisch zum selben Zeitpunkt am gleichen Ort zusammenfinden. Und in einem solchen Umfeld werden wir auch unserer Arbeit nachgehen. Wenn Geografie keine Rolle spielt, können Menschen freier leben – und Unternehmen finden ihre Mitarbeiter:innen überall.
Raus aus den Städten, rein ins Metaverse
Die Vision einer Distanzlosigkeit zwischen dem eigenen Zuhause und dem virtuell hinzuschaltbaren Arbeitsplatz bedeutet auch, dass dies Auswirkungen auf die Urbanisierung haben könnte. Der Anreiz, aus beruflichen Gründen in eine bestimmte Stadt zu ziehen, wird in Zukunft vielleicht weit weniger relevant werden. In der Ära des Remote Work werden berufliche Chancen in bestimmten Bereichen wahrscheinlich nur noch eine untergeordnete Rolle bei der Entscheidung spielen, vom Land in die Stadt oder von einer Stadt in die nächste zu ziehen. Vielmehr erscheint dann der Anreiz wiederbelebt, in seinem gewohnten Umfeld zu bleiben, sich stärker an den eigenen Familienverband zu knüpfen und vielleicht von der günstigeren Lebenssituation am Land zu profitieren. Seinen Beruf kann man ja von überall ausüben – warum in eine überfüllte Stadt ziehen?
Bereits heute leben Millionen von Menschen zudem als sogenannte „digitale Nomaden“. So werden Menschen bezeichnet, die ortsunabhängig leben und ihren Beruf remote ausführen. Sie können sowohl Unternehmer:innen als auch Arbeitnehmer:innen sein. Für ihre Berufsausübung benötigen sie oftmals nicht mehr als einen Laptop und eine Internetverbindung. So ist es möglich, dass digitale Nomaden multilokal leben können und oft an warmen Orten mit Sandstrand anzutreffen sind oder die Welt bereisen, während sie gleichzeitig berufstätig sind. Sie leben vor, wie es für viele Berufe in Zukunft Alltag sein wird. Der Dienstort wird bei einer großen Anzahl an Berufen nicht mehr entscheidend sein.
Zuletzt sind Remote Work – und eine vielleicht dadurch entstehende gleichmäßigere Verteilung der Bevölkerung auf unterschiedliche Regionen – eine gute Alternative zur Konzentration auf Städte. Man kann sich vorstellen, dass es genug Menschen gibt, die lieber in ländlichen Regionen leben und von dort aus ortsunabhängig ihrer Arbeitstätigkeit nachgehen, als hohe Mieten und den Stress des Stadtlebens für ihre Berufstätigkeit akzeptieren. Ein Trend weg von einer ungesunden Konzentration vieler Menschen auf große Städte hin zur Wiederbelebung ländlicher Gebiete ist begrüßenswert. Leben werden wir ja eh auch weiterhin gemeinsam im Metaverse.
LUKAS LEYS ist Unternehmer, Gründer des Legal-Tech-Startups kontractory und Betreiber der Plattformen immobily.io, mietrecht.ai und gmbh.legal. Ihn treibt ein starkes Interesse am technologischen Fortschritt und an den gesellschaftlichen Auswirkungen, die diese mit sich bringen wird. Sein Schwerpunkt liegt auf Blockchain-Technologie, Smart Contracts und dem Metaverse.