Den Finanzminister muss man zur Zukunft zwingen
Es heißt, wer in der Zukunft leben will, muss sie gestalten. So gesehen hat Österreichs Bundesregierung mit dem aktuellen Budget klar gemacht, dass sie lieber im Gestern lebt.
Denn ein entscheidendes Barometer für die Frage, wie viel Zukunft in einem Budget steckt, ist die sogenannte Zukunftsquote, die erfasst, wie zukunftsorientiert die staatlichen Ausgaben sind. Angesichts der Berechnungen des NEOS Lab zur Zukunftsquote im Bundeshaushalt 2024 ergibt sich ein alarmierendes Bild: Die Quote liegt um 5 Milliarden Euro unter der Marke von 25 Prozent. Aber was bedeutet das konkret, und warum ist eine Veränderung dringend notwendig?
Die Zukunftsquote, entwickelt vom deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW und im NEOS Lab nun schon zum dritten Mal für das österreichische Budget berechnet, misst den Anteil des österreichischen Bundeshaushalts, der in zukunftsorientierte Bereiche wie Bildung, Forschung, Klimaschutz und Gesundheit investiert wird. Die aktuelle Analyse für 2024 offenbart eine Zukunftsquote von nur 20,8 Prozent in der „weiten“ und 13,6 Prozent in der „strengen“ Variante – je nachdem, was man alles als „Zukunft“ zählt. Das ist ein Rückgang im Vergleich zum Vorjahr und zeigt, dass nur jeder fünfte Euro des Budgets in die Zukunft des Landes fließt. Wenn man wohlwollend rechnet.
Gleichzeitig weiß aber jeder, der sich die in Zahlen gegossene Politik der Bundesregierung ansieht: Für alles andere ist mehr Geld da. Die Ausgaben explodieren geradezu, und bis 2027 ist nicht in Sicht, dass die Staatsausgaben unter 50 Prozent des BIP sinken. Warum? Weil Österreichs Finanzpolitik stark gegenwarts- und vergangenheitsorientiert ist und hochgradig veränderungsresistent, vor allem in den Bereichen Pensionen und Verwaltung.
Diese Ausrichtung birgt ernsthafte Risiken: Es wird zu wenig in die Bereiche investiert, die nachhaltiges Wachstum ermöglichen, oder für Entlastung frei, die sozialen Aufstieg ermöglichen würde. Dies beeinträchtigt nicht nur die langfristige wirtschaftliche Entwicklung, sondern belastet auch kommende Generationen mit einer Hypothek, die schwer zu tragen sein wird. Alleine in dieser Legislaturperiode wurden 105 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Schweden hat im selben Zeitraum nur zwei Milliarden Euro neue Schulden gemacht.
Wir können dem zukunftsvergessenen Treiben eigentlich nicht länger zusehen: Dem Finanzminister müssen die Hände stärker gebunden werden. Die Notwendigkeit bindender Ausgabenbremsen und eines deutlichen Ziels für die Zukunftsquote wird von Budget zu Budget klarer. Denn ohne diese Instrumente droht die Politik ausschließlich kurzfristigen Interessen und Lobbygruppen nachzugeben, anstatt langfristige Ziele und das Wohl der Allgemeinheit in den Fokus zu rücken. Eine bindende Ausgabenbremse würde helfen, die Staatsausgaben zu kontrollieren und die Effizienz zu steigern, indem sichergestellt wird, dass jeder Euro dort ausgegeben wird, wo er den größten Nutzen für die Zukunft bringt.
Ein erstes Ziel ist die Anhebung der Zukunftsquote auf mindestens 25 Prozent und die Einführung strengerer Kriterien für zukunftsgerichtete Ausgaben. Dies würde bedeuten, dass ein Viertel des Budgets direkt in Bereiche fließen würde, die essenziell für Österreichs Zukunftsfähigkeit sind. Das kann auf zwei Arten erreicht werden: mit mehr Ausgaben in die Zukunft oder mit weniger Ausgaben für die Vergangenheit. Um die Zukunftsquote auf 25 Prozent zu erhöhen, müssten die Zukunftsausgaben um 5 Milliarden Euro steigen oder die übrigen Ausgaben um 20 Milliarden Euro sinken.
Wer eine lebenswerte Zukunft will, muss eine Wende in der Finanzpolitik einleiten. Es ist an der Zeit, dass politische Entscheidungsträger:innen in Österreich eine stärkere Ausrichtung auf die Zukunft vornehmen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung des Landes sicherzustellen. Weil das die Regierungsparteien nicht schaffen, brauchen sie die starken Leitplanken wie in Schweden, das harte Ausgabenbremsen in jedem Ressort vorsieht, weshalb besser begründet werden muss, wenn diese Bremsen im Bedarfsfall gelockert werden sollen. Wer mit mehr Zukunft leben will, muss dafür neue Regeln gestalten.