Die Lehre war nicht mein Plan B
Es war der Tag meiner Abschlussprüfung als Bürokaufmann, und ich konnte meine Aufregung kaum verbergen. Drei Jahre lang hatte ich hart dafür gearbeitet, endlich war es so weit. Doch als ich so dasaß, umgeben von meinen nervösen Mitprüflingen, konnte ich nicht anders als zurückzudenken – an die Zeit vor meiner Lehre.
Ich war damals erst 14 Jahre alt und hatte keinen Plan für meine Zukunft. Meine Noten waren nicht die besten, und ich hatte keine Ahnung, welche Stärken ich hatte oder was ich gerne machen würde. So, wie es wohl vielen Jugendlichen geht.
Meine Umgebung schien aber schon alles für mich entschieden zu haben. Meine Lehrer:innen und Eltern rieten mir dazu, die Matura zu machen, aber ich fühlte mich dazu nicht in der Lage. Der Traum vom Fußballspielen war das Einzige, was mir damals Freude bereitete – aber auch das schien unrealistisch zu sein.
Ich spürte den gesellschaftlichen Druck, der auf mir lastete. Jeder wollte über mein Leben bestimmen und wusste angeblich besser als ich selbst, was das Beste für mich war. Mein Vater wollte nicht akzeptieren, dass ich eine Lehre machen wollte. Für ihn war das nur etwas für Leute, die auf der Baustelle arbeiten oder Wurstsemmeln zubereiten. Aber ich wollte meinen inneren Wunsch nach Selbstständigkeit, finanzieller Unabhängigkeit und einem Beruf, der mir Spaß machte, nicht aufgeben.
Ich entschied mich gegen den Willen meiner Umgebung, auf die Polytechnische Schule zu gehen, um mich über verschiedene Berufsausbildungen zu informieren. Ich absolvierte Praktika in verschiedenen Firmen und entdeckte meine Leidenschaft für die Arbeit und den Austausch mit anderen Menschen. Meine guten Noten in kaufmännischen Fächern bestärkten mich in dem Wunsch, einen kaufmännischen Beruf zu erlernen.
Doch der Weg dorthin war nicht einfach. Ich bewarb mich bei über 100 Firmen, bevor ich endlich eine Lehrstelle als Bürokaufmann im NEOS Lab bekam. Gerade hier, im „Akademiker-Umfeld“, fühlte ich mich zum ersten Mal frei und erkannte, was ich schaffen kann, wenn ich hart arbeite und mein Ziel vor Augen behalte. Das politische Umfeld faszinierte mich, und ich wollte immer höher hinaus – also beschloss ich danach, die Matura neben der Lehre zu absolvieren und anschließend zu studieren.
Mein Ziel war klar: Ich wollte Steuerberater werden.
Ohne die Lehre wäre ich niemals dort, wo ich heute bin. Sie hat mir gezeigt, dass die beste Bildung der Schlüssel zum Erfolg ist. Jetzt engagiere ich mich politisch, um jungen Menschen die gleichen Chancen und Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten, die ich hatte. Denn ich weiß aus eigener Erfahrung, dass eine Lehre nicht nur Plan B, sondern auch Plan A sein kann.