Warum eine globale Mindeststeuer Wettbewerb und Liberalismus stärkt
Grundsätzlich ist Steuerwettbewerb aus liberaler Sicht eine gute Sache. Indem Länder ihr Steuersystem und ihre Tarife selbst gestalten dürfen, gibt man ihnen die Möglichkeit, Unternehmen, qualifizierte Arbeitskräfte und Investitionen durch ein günstiges Steuersystem und niedrige Steuertarife anzuziehen.
Das kommt besonders jenen Ländern zugute, die bei anderen Standortfaktoren nicht so gut punkten können – dazu gehören z.B. ein stabiles politisches und regulatorisches Umfeld, gut ausgebildete Arbeitskräfte, Zugang zu Rohstoffen und/oder einem großen Absatzmarkt oder der Schutz geistigen Eigentums. Volkswirtschaften verfügen nun einmal über unterschiedliche Standortvorteile – ein im internationalen Vergleich niedriger Körperschaftsteuersatz oder großzügige Ausnahmeregelungen gehören auch dazu.
Allerdings nahm in den letzten Jahren dieser Steuerwettbewerb zum Teil extreme Auswüchse an. Internationale Unternehmen nutzten ihn völlig legal aus, um ihre Steuern weltweit zu minimieren. Gleichzeitig begannen Staaten, auf neue Geschäftsmodelle zu reagieren und unilateral Steuern auf digitale Dienstleistungen und Produkte einzuführen. Das birgt das Risiko eines Steuerkriegs – ähnlich einem Handelskrieg mit gegenseitigen Strafzöllen – und kostet unterm Strich Wertschöpfung und Wachstum.
Eine weltweite Neuverteilung der Besteuerungsrechte an globalen und digitalen Produkten und Dienstleistungen soll diesen protektionistischen Tendenzen entgegenwirken und für Stabilität im internationalen Steuersystem sorgen. Auch bietet eine weltweite Mindestbesteuerung weiterhin Spielraum für Steuerwettbewerb zwischen Staaten. Mit 15 Prozent wurde lediglich eine Untergrenze eingezogen. Die Höhe einer solchen Mindestbesteuerung ist sicherlich Stoff für Kontroversen: Weltweit unterscheiden sich die Steuersätze für Unternehmen von Land zu Land stark und reichen von knapp über 10 Prozent in Liechtenstein über knapp über 28 Prozent in Australien bis zu über 40 Prozent in Costa Rica. Mit 15 Prozent wurde ein Kompromiss gesucht. Letztlich geht es darum, in Zukunft ein „race to the bottom“ und eine weitere Erosion der Steuerbasis zu verhindern.
Eine solche Erosion kann nicht im Interesse eines liberalen Staates sein, der funktionierende, stabile Institutionen und ein gutes, sozial durchlässiges Bildungssystem braucht. Er muss in der Lage sein, öffentliche Güter wie Sicherheit und öffentliche Infrastruktur in ausreichendem Maß zur Verfügung zu stellen, und er braucht eine breite Mittelschicht, die die Möglichkeit hat, sich durch Arbeit und Leistung Eigentum aufzubauen. Wenn große, international agierende Unternehmen trotz großer Gewinne einen immer geringeren Anteil der Steuern zahlen, führt das zudem nicht nur zu einem Ausfall an Steuereinnahmen, sondern auch zu einem Verlust an Vertrauen der Bürger:innen in die Steuergerechtigkeit, Steuergesetzgebung und letztlich in die Institutionen eines Staates.