Was die U-Ausschüsse gebracht haben: Yannick Shetty zieht Bilanz
Ein Superwahljahr mit zwei Untersuchungsausschüssen. Wenige Wochen zur Aufklärung. Und unsauber geschriebene Untersuchungsgegenstände. All das deutete auf eines hin: eine parteipolitische Schlammschlacht mitten im Wahlkampf. Wir NEOS haben uns nicht daran beteiligt, die U-Ausschüsse einzusetzen – an der Aufklärung jedoch voll und ganz.
„Über Günstlinge, Zwillinge und Spione“ – so der Name unseres Berichts – ist ein Resümee über die Bereicherung von parteinahen Personen am Steuertopf, neue Formen der Korruption und Misswirtschaft und die Unterwanderung der österreichischen Politik durch Russland.
Untersuchung 1: Der COFAG-U-Ausschuss
Die COFAG, die Corona-Finanzierungsagentur des Bundes, und ihre Misswirtschaft waren der Grund für die Einsetzung des dazugehörigen Untersuchungsausschusses. Um die gesamte Konstruktion samt Förderungsinstrumenten und den zahlreichen Problemen seriös aufzuarbeiten, fehlte schlichtweg die Zeit.
Das mediale Interesse galt von Anfang aber besonders einem als „ÖVP-nahen Milliardär“ Bezeichneten: René Benko. Wir NEOS haben immer betont, dass ein U-Ausschuss die Bundesverwaltung in ihrer Vollziehung, und nicht die wirtschaftlichen (Miss-)Erfolge einer einzelnen Person prüfen muss. Beim System Benko war das teilweise schwierig abzugrenzen: Kaum jemand nutzte seine Intimus-Stellung zu Polit-Granden bewusster und ausufernder als er. Wenn der Untersuchungsausschuss eines aufgezeigt hat, dann dass in Österreich immer noch zählt, wen du kennst, und nicht, was du kannst. Benko konnte sich eine Steuerersparnis von mehreren Millionen Euro und einen Düsenjet auf Kosten der Steuerzahler:innen – ebenfalls in Millionenhöhe – erlauben, und das jahrelang ohne Konsequenzen.
Untersuchung 2: Der „rot-blaue“ U-Ausschuss
Der U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissbrauch“ brachte überraschenderweise mehr Erkenntnisse, als der grottenschlecht – von der ÖVP – formulierte Untersuchungsgegenstand vermuten ließ: ein Sittenbild der Machttrunkenheit von FPÖ-Politiker:innen und ein vernichtendes Zeugnis für die Freiheitlichen, die sich gerne als Saubermannpartei stilisieren. Ganz nach dem Motto „Euer Geld für unsere Leut‘“ wurde Steuergeld für gravierte und vergoldete Kugelschreiber und teure Beraterverträge an Parteifreunde vergeben. Noch erschreckender war aber die Offenbarung des Medienverständnisses der FPÖ: An „freie Medien“ wurden Inserate vergeben, Inserate in rechtsextremen Medien wurden orchestriert – alles auf Kosten der Steuerzahler:innen.
Herbert Kickl inszeniert sich öffentlich gern als wortgewandter Mann des Volkes. Im U-Ausschuss fielen seine Antworten jedoch eher wortkarg aus. Auf Fragen zu seiner Treuhandkonstruktion mit der FPÖ-Werbeagentur „Ideenschmiede“, durch die er sich mutmaßlich selbst bereichert hat, gab er keine Antwort – und versteckte sich hinter Geschäftsordnungsdebatten.
Stolpersteine bei den Befragungen
Überschattet wurde der Untersuchungsausschuss zum rot-blauen Machtmissbrauch – unerwartet – von einer Festnahme im März 2024. Egisto Ott und die Unterwanderung der österreichischen Politik bis hin zum Nachrichtendienst durch Russland war das, was uns von dort an beschäftigte. Das Bild, das Dokumente und Chats liefern, ist ein verheerendes: Nachrichten und Daten aus FPÖ-geführten Ministerien, die nach Russland weitergelangen, und der Versuch, einen Schattengeheimdienst im Interesse Russlands zu etablieren – all das dominierte die Befragungen im U-Ausschuss.
Und doch war es schwierig, Antworten auf unsere vielen Fragen zu erhalten: Der Untersuchungsgegenstand erlaubte kaum Fragen zu Russland, Marsalek und den anderen brisanten Causen. Die strafrechtlichen Ermittlungen rund um Egisto Ott liefen unterdessen auf Hochtouren. So sehr, dass eine Ladung seiner Person in den Untersuchungsausschuss „mit einer Gefahr für Leib und Leben für Ott und Dritte“ verbunden gewesen wäre, so die Staatsanwaltschaft.
Das verdeutlicht einmal mehr, was wir NEOS seit geraumer Zeit fordern: Die Verstrickungen der österreichischen Parteien mit Russland müssen schonungslos untersucht und aufgedeckt werden. Es braucht einen Russland-Untersuchungsausschuss nach der Nationalratswahl im Herbst. Dafür werden wir uns auch weiterhin kompromisslos einsetzen.
Und jetzt: Reformen
Abgesehen von den inhaltlichen Erkenntnissen haben die aktuellen Untersuchungsausschüsse aber auch gezeigt: Das Kontrollinstrument per se muss reformiert werden – gerade weil es so wichtig ist. Denn es wird von politischen Vertreter:innen, Parteien und gewissen Auskunftspersonen ad absurdum geführt, missachtet oder schlichtweg verhöhnt. Peter Goldgruber, der Generalsekretär von Bundesminister a.D. Kickl, hielt beispielsweise – anstatt Rede und Antwort zu stehen – einen Monolog über seine Meinung ob der Verfassungswidrigkeit des Untersuchungsgegenstands. Herbert Kickl selbst torpedierte seine erste Befragung im U-Ausschuss und ging lieber auf eine Bergtour, anstatt dem Untersuchungsausschuss weitere Fragen zu beantworten. All das schadet dem Ansehen des U-Ausschusses – der in Zukunft noch wichtige Arbeit vor sich hat.