Was sich in der Korruptionsbekämpfung ändern muss
Der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss ist vorbei. Durch ihn sind nicht nur zahlreiche Korruptionsvorwürfe an die Öffentlichkeit gekommen. Es ist auch klar, was getan werden muss, um eine Wiederholung zu verhindern.
Es gibt zwei Arten von Menschen, die einen U-Ausschuss verfolgen. Die einen sind Polit-Junkies und versuchen, jede neue Information sofort einzuordnen – und die anderen bekommen ihn beiläufig über die Medien mit und kennen sich nicht aus.
Trotz aller Verwirrung, die rund um den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss gestiftet wurde, und trotz aller Headlines, die man ohne Kontext kaum versteht: Er hat viel gebracht. Vieles, was seit Ibiza aufgedeckt wurde, zeigt eindeutige Lösungen auf, mit denen man Korruption in Zukunft verhindern könnte.
1. Die Postenvergabe reformieren
Aktuell entscheidet nicht die Qualifikation, wer im öffentlichen Bereich einen Posten bekommt. Unabhängigen, geeigneten Personen wird abgeraten, sich überhaupt zu bewerben, während sich die gut vernetzte Konkurrenz ihre Ausschreibung selbst formulieren darf. Wer sich beschwert, erntet keine Einsicht und Entschuldigung, sondern steht der eigenen Karriere im Weg. Umgekehrt können jene, die brav abwarten und keine unangenehmen Fragen stellen, auf eine Belohnung hoffen und steigen in der politisierten Verwaltung auf. Es braucht Verschärfungen des Korruptionsstrafrechts und Verfahren, in denen nicht mehr politisch interveniert werden kann.
In vielen anderen europäischen Staaten wären diese Zustände schon jetzt unmöglich. Öffentliche Hearings für Spitzenfunktionen und Ausschreibungen durch internationale Headhunter sind längst Standard – in Österreich dagegen wird ein Posten erstmal „interimistisch besetzt“, bevor die interimistische Erfahrung dann als Qualifikation für die echte Besetzung herangezogen wird. Solche interimistischen Übergaben gehören zeitlich beschränkt und sollten keinen Vorteil gegenüber denen bieten, die einen Posten ohne Ausschreibung bekommen haben. Auch das wäre im Vergleich mit anderen liberalen Rechtsstaaten unkontrovers.
2. Das Loophole mit den Geschäftseinteilungen schließen
Für eine weniger politisierte Verwaltung muss ein Loophole geschlossen werden, mit dem Postenschacher aktuell gerne betrieben wird: Mit Änderungen der „Geschäftseinteilung“ in Ministerien kann – vereinfacht gesagt – so stark umstrukturiert werden, dass auch die in der Verwaltung „umgefärbt“ werden dürfen, die normalerweise ein Bleiberecht hätten. Das kostet teure Ausgleichszahlungen und sorgt dafür, dass genehmes Personal mit Minister:innen ins neue Haus einzieht. Ob das immer im Interesse der guten Verwaltung ist?
Hier könnte schon eine relativ einfache Maßnahme helfen: eine öffentliche Begründung, warum genau Geschäftseinteilungen geändert werden, und welche Auswirkungen das hätte. Denn wenn in Ministerien regelmäßig strukturelle Änderungen vorgenommen werden, die zwar viel kosten, aber nur wenig helfen – außer eben dabei, Freunde in die richtigen Positionen zu bekommen –, wäre diese Praxis zumindest transparent: keine sichtbaren Vorteile, aber nur Nachteile? Die Diskussion wäre unausweichlich.
3. Die Unabhängigkeit der Medien fördern
Viele Korruptionsermittlungen der letzten Jahre haben auch mit der Manipulation und Beeinflussung der Medien zu tun. Die Rede ist nicht von der „Message Control“, sondern von Inseratenkorruption – Gelder, die über Inserate bezahlt werden, um sich „politisch genehme“ Berichterstattung zu erkaufen. Um das zu verhindern, braucht es objektive Kriterien für Inseratenvergabe: Wenn die ÖVP-nahe Bauernzeitung relativ zu ihrer Reichweite viel mehr bekommt als Medien wie Der Standard oder die Kleine Zeitung, stellt sich z.B. die Frage, wofür wirklich bezahlt wurde. Begleitet werden könnte das durch eine Obergrenze für Inserate aus öffentlicher Hand. Ja, die Bevölkerung über Medien zu informieren, ist in Ordnung – aber das Ausmaß, das in Inserate fließt, hat immense Ausmaße angenommen.
Aber damit ist es nicht getan: Eine Bundesregierung, die ein ehrliches Interesse an einer unabhängigen Medienlandschaft hat, müsste auch die Medienförderung an sich auf neue Beine stellen. Dass Digitalmedien von der digitalen Medienförderung ausgeschlossen sind, ist genauso ein sinnloses Relikt der Vergangenheit wie der Wert von 30 Millionen geschriebenen Zeichen, den Medien für Förderungen erfüllen müssen. Wer inhaltliche Qualität fördern will, schafft Rahmenbedingungen, in denen Medien es sich leisten können, politische Zurufe zu ignorieren. Dass viele ein Geschäft daraus gemacht haben, die nächste Förderung oder die Nähe zur Politik zu suchen, wird schwer zu korrigieren.
4. Die Justiz stärken
Wenn sich jemand aus dem engeren Umfeld des Bundeskanzlers „fremdenrechtliche Knaller“ im Innenministerium wünschen kann, merkt man: Da läuft etwas schief. Genauso wie bei Beispielen, in denen Steuerprüfungen durch politischen Zuruf glimpflich ausfallen.
Eigentlich ist das alles Sache der politischen Kultur: Zurufe aus dem Kabinett sind nicht zwangsläufig Usus. Um zu gewährleisten, dass auch „bad actors“ keine Chance haben, muss die Justiz gestärkt werden. Einerseits bedeutet das mehr Geld für Ermittlungsbehörden, andererseits kann man ihr den Arbeitsalltag durch weniger Berichtspflichten und die Beschleunigung von Verfahren erleichtern. Eine unabhängige Bundesstaatsanwaltschaft, der gerade koalitionsintern für Diskussionen sorgt, wäre auch ein Schritt in die richtige Richtung.