Wenn Diktatur-Fans demonstrieren: Der autoritäre Doppelstandard
Diktaturen haben in Österreich eine wachsende Fangemeinde. Sowohl bei den Corona-Demos, bei denen vor Wahnsinnigkeiten – angefangen bei „Great Reset“ über Bill Gates’ Chips in der Impfung bis hin zu den Echsenmenschen – gewarnt wurde, als auch bei „prorussischen“ Protestaktionen in Wien sieht man russische Flaggen wehen. Ihren Ursprung haben diese Veranstaltungen oft in Telegram-Kanälen, in denen sich Verschwörungstheorien mit Ausschnitten aus dem schönen, unschuldigen Russland abwechseln.
Gleichzeitig führt die FPÖ die Umfragen für die Nationalratswahl an. Eine Partei, die den „Identitären“ die Treue hält, gegen deren ideologischen Führer in Deutschland gerade Hunderttausende auf die Straße gingen, weil er sogar Deutschen die Staatsbürgerschaft entziehen will, um sie des Landes zu verweisen. Die Medien das „Benehmen“ lehren will und in heller Vorfreude auf die Machtübernahme schon ausrichtet, wer von ihnen gecancelt wird. Und die einen Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei „Einiges Russland“ hat.
Es ist also nicht weit hergeholt zu behaupten: Wir haben nicht wenige Autoritäre im Land. Und sie haben gerade die Zeit ihres Lebens.
Jetzt muss man nicht diskutieren: Ja, man darf in Österreich auch für Unsinn demonstrieren gehen. Solange Homöopathie in der Apotheke wie Medizin behandelt wird, darf man auch in der Öffentlichkeit schreien, dass man sich sicher nicht impfen lassen wird. Ist nicht intelligent, aber ein demokratisches Grundrecht – so auch die Liebe zu Russland, China, Nordkorea oder Eritrea. Alles Diktaturen, lustigerweise haben die letzteren zwei noch keine lautstarke Fanbase bei den Autoritären. Aber vielleicht kommt das noch.
Man darf aber schon auf eine besondere Ironie hinweisen. Denn wer seine demokratischen Rechte nutzt, um antidemokratischen Führerfiguren zu huldigen, hat irgendetwas nicht verstanden.
Wo kann man auch den Gegner loben?
Denn Fakt ist: Russland sieht sich selbst im Krieg mit dem Westen. Nicht nur mit der Ukraine, die sie überfallen hat und seit fast zwei Jahren mit Raketen terrorisiert – sondern auch mit den USA und der Europäischen Union. Putin will eine abhängige EU, ein abhängiges Österreich, das ihm weiter sein teures Gas abkauft. Aus diesem Geld finanziert er einen nostalgisch motivierten und brutalen Angriffskrieg. Und wenn die Ukraine fällt, während die USA vielleicht mit ihrer eigenen autoritären Machtübernahme beschäftigt sind, wird er dort nicht aufhören, sondern weitermarschieren.
Auch Österreich, das sich gerne auf eine „Wenn ich Putin nicht sehe, sieht er mich auch nicht“-Variante der Neutralität ausredet, kann sich dieser Wahrheit nicht entziehen: Geostrategisch sind auch wir von diesem Konflikt betroffen. Russland ist kein Partner, sondern ein geopolitischer Gegner. Das bezieht sich natürlich auf die momentane Führung des Staates und sagt nicht notwendigerweise etwas über die echte Stimmung in der Bevölkerung aus, die in Diktaturen gerne unterdrückt wird. Aber die Putin-Fans sollten sich bewusst sein: Den Gegner auf offener Straße zu loben ist etwas, was in autoritären Regimen nicht so gefahrlos möglich ist wie in Österreich.
Autoritäre Gefahr auch in Österreich
Es ist also eine fast zynische Ironie, wenn sich die Fans von Diktaturen wie Russland auf die Straße stellen, um ihre freien, demokratischen Rechte auszuüben. Können sie machen – aber wenn Leute wie ihre großen Idole in Österreich irgendwas zu sagen hätten, wäre es ganz schnell vorbei mit der freien Meinungsäußerung. Auf Unterstützung des Feindes droht in autoritären Staaten nämlich mehr als die sozialen Konsequenzen, die man in Österreich für merkwürdige Meinungen aushalten muss: Gefängnis, Folter oder die Todesstrafe.
Das heißt nicht, dass wir mit der gleichen Härte reagieren sollten. Eine zivilisatorische Errungenschaft ist, dass die Demokratie auch ihren Feinden einen kleinen Raum geben kann – ansonsten bestimmt die Regierung, wer „Freund“ und wer „Feind“ ist, und wir landen erst recht wieder im autoritären Staat. Wir sollten uns aber bewusst sein, dass das autoritäre Modell auch in Österreich zur Wahl steht: mit dem Modell Herbert Kickl, der in seinen Bierzeltreden den Ukraine-Krieg verharmlost, Verschwörungstheorien verbreitet und stolz schreit „Machen wir es wie der Orbán!“
Wahrscheinlich wollen auch die FPÖ-, Orbán- und Russland-Freunde nicht selbst auf ihr demokratisches Recht zu protestieren verzichten. Vielleicht verstehen sie auch einfach nicht, wie das Leben in einer echten Diktatur aussieht, wenn sie Österreich als Diktatur und Russland als Demokratie bezeichnen. Aber dass sie die Vorteile der Demokratie nutzen, um deren Abschaffung herbeizuwünschen, ist einfach nur lächerlich.