Vom Manager zum KI-Handlanger? Was KI am Arbeitsmarkt bringt
Das Thema Künstliche Intelligenz ist seit dem fulminanten Aufstieg ihres derzeit wohl berühmtesten Vertreters ChatGPT in aller Munde. Erstaunt mussten wir feststellen, dass Maschinen nun über bemerkenswerte Fähigkeiten verfügen. Sie können leichter als bisher unsere Fragen beantworten, Inhalte recherchieren oder Zusammenfassungen erstellen. Dabei wird der Anschein eines Dialogs vermittelt – manche werden in fesselnde Gespräche mit dem Chatbot verwickelt, die sogar bis hin zu Liebesbekunden geführt haben sollen.
Beeindruckt waren viele, und das hat wiederum viele Fragen aufgeworfen, was uns denn in Zukunft alles erwartet. Es scheint klar zu sein, dass künstliche Intelligenz uns in immer mehr Lebensbereichen begleiten wird. Zu Recht kann angenommen werden, dass diese Technologie eine neue industrielle Revolution auslösen wird. Während bei vielen vor allem Unsicherheit und Angst bei solchen Ausdrücken mitschwingt, besingen andere bereits paradiesische Zustände, die auf uns zukommen. Es lohnt sich jedenfalls ein Blick darauf.
Große Veränderungen der Wirtschaft hat es auch in der Vergangenheit gegeben. Wie genau diese aussehen werden, können wir naturgemäß nicht im Detail vorhersagen. Man kann diesmal aber mit einer Neuigkeit rechnen. Künstliche Intelligenz dürfte es vor allem auf eine neue Zielgruppe abgesehen haben. Während die früheren Wirtschaftsumbrüche vor allem die Arbeiter:innen zu spüren bekommen haben, wirkt sich die neue Technologie insbesondere auf die Tätigkeiten von Büroangestellten aus. Inwiefern KI diesen an den sogenannten weißen Kragen gehen wird, wurde in den letzten Monaten mehrfach untersucht.
Wo KI besonders viel Potenzial hat
Eine Studie von OpenAI, dem Unternehmen hinter ChatGPT, in Zusammenarbeit mit einem Forschungsteam der University of Pennsylvania hat ergeben, dass u.a. Buchhaltung zu den Bereichen gehört, die am meisten von KI betroffen sein werden. Mindestens die Hälfte der Aufgaben in der Buchhaltung könnten mit dieser Technologie viel schneller erledigt werden. Auch auch Beschäftigte in den Bereichen Mathematik, Software, im Dolmetschen, aber auch Schriftsteller:innen und Medien müssen sich darauf einstellen, dass künstliche Intelligenz zumindest einen Teil ihrer bisherigen Aufgaben übernehmen können wird.
Das bedeutet natürlich nicht, dass KI andere Bereich unberührt lassen wird. Das Team von OpenAI und der University of Pennsylvania geht davon aus, dass die meisten Arbeitsplätze in irgendeiner Form durch KI-Sprachmodelle verändert werden: Rund 80 Prozent der Arbeitnehmer:innen in den USA sind in Berufen tätig, in denen mindestens eine Aufgabe durch generative KI schneller erledigt werden könnte.
Das zeigt auch eine Studie von Goldman Sachs vom März 2023, wonach zwei Drittel der aktuellen Arbeitsplätze einem gewissen Grad an KI-Automatisierung ausgesetzt sein werden: Generative KI könnte also bis zu einem Viertel der derzeitigen Arbeit ersetzen und weltweit das Äquivalent von 300 Millionen Vollzeitarbeitsplätzen der Automatisierung aussetzen.
Ängste und Chancen
Es ist somit relativ klar, dass sich in der Arbeitswelt einiges verändern wird. Ein gewisses Maß an Sorge ist durchaus nachvollziehbar und spiegelt sich in unterschiedlichen Umfragen auch wider. Eine Umfrage von PWC zeigt, dass die Österreicher:innen wegen der künstlichen Intelligenz um ihre Jobs besorgt sind. 63 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass KI eine Bedrohung für zahlreiche Arbeitsplätze darstellt und zu einem Wandel in der Arbeitswelt führen könnte.
Bei all der Angst vor Unbekanntem darf nicht vergessen werden, dass KI schon länger – wenn auch nicht in Chatbot-Form – im Arbeitsalltag genutzt wird. OECD-Umfragen haben sich genauer damit befasst und zeigen, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer:innen seit dem Einsatz von KI mehr Freude an ihrer Arbeit hat und sowohl körperlich als auch geistig gesünder ist. In Fallstudien zur Nutzung von KI geben sie häufig an, dass KI dazu beiträgt, die sichere Nutzung von Maschinen zu verbessern und dadurch die körperliche Sicherheit zu erhöhen. Das Arbeiten mit KI kann also auch einige Vorteile haben.
Andererseits erscheint es naheliegend, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz auch ökonomische Vorteile bringt. Laut der Goldman-Sachs-Studie könnte allein durch Werkzeuge, die Fortschritte bei der Verarbeitung natürlicher Sprache nutzen, das weltweite Bruttoinlandsprodukt um 7 Prozent erhöht und das Produktivitätswachstum über einen Zeitraum von zehn Jahren um 1,5 Prozentpunkte gesteigert werden. Laut OECD gibt es bisher kaum Hinweise auf signifikante Beschäftigungseffekte der künstlichen Intelligenz. Investitionen in Fähigkeiten werden jedoch wichtig sein, da viele Unternehmen angeben, dass der Mangel an Fähigkeiten ein Hindernis für die Einführung von KI darstellt.
KI könnte eine Kollegin werden
Die heimische Politik hat in diesem Bereich noch viele Hausaufgaben vor sich. Im Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs 2023 hält der Rat für Forschung und Technologieentwicklung fest, dass Österreich weit abgeschlagen vom europäischen Spitzenfeld liegt, wenn es um die Nutzung von Big Data und KI durch heimische Betriebe geht. Gleichzeitig sehen wir, dass Österreich bei den für den digitalen Wandel wichtigen Bestimmungsfaktoren der digitalen Kompetenzen im Arbeitskräfteangebot in allen Indikatoren unter dem Durchschnitt liegt.
Abschließend ein wenig Raum für Optimismus: Auch in vergangenen industriellen Revolutionen kamen stets Befürchtungen auf, von Maschinen ersetzt zu werden, die sich letztlich nie bewahrheitet haben. Eine Studie des Wirtschaftswissenschaftlers David Autor vom Jahr 2018 zeigt auf, dass 60 Prozent der Menschen in Berufen tätig sind, die es 1940 noch nicht gab.
KI kann menschliche Entscheidungen in vielen Bereichen ersetzen, ähnlich wie die Dampfmaschine einst menschliche Kraftanstrengungen teilweise ersetzt hat. Letztlich hat die Vergangenheit aber gezeigt, dass neue Technologien auch neue Jobs mit sich bringen. Wir werden in Zukunft also wohl mehr mit immer klügeren Maschinen zusammenarbeiten, statt von diesen ersetzt zu werden.