Der wirtschaftliche Fake-News-Wahlkampf der SPÖ
Seit einem Jahr ist Andreas Babler nun Parteichef der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ). Die Partei rückte unter ihm politisch wieder weit nach links, und dadurch hat sich der Ton der SPÖ stark gewandelt. Die Wiedereinführung von Erbschafts- und Vermögenssteuern sind erneut wesentliche Forderungen aus dem linken Lager. Diese Forderungen dürften bei der Nationalratswahl 2024 zu vieldiskutierten Themen werden.
Das Problem dabei: Damit die Notwendigkeit für diese Steuern dargestellt werden kann, müssen Gründe angeführt werden. Allen voran wird die Vermögensungleichheit als Grund angeführt.
Die Bevölkerung leidet unter hoher Inflation sowie steigenden Mieten und ist zu einem großen Teil von Armut bedroht, während es sich andere (die Reichen) richten können. Ein Prozent dieser reichsten Menschen würde 50 Prozent des Gesamtvermögens im Land besitzen. Gleichzeitig werden die Reichen immer reicher, während die Armen ärmer werden. Erbschafts- und Vermögenssteuern würden diesem Ungleichgewicht entgegenwirken – die Vermögenssteuer würde sogar 5 bis 6 Milliarden Euro einbringen, die man für die ärmere Bevölkerung nutzen könnte.
Diese und andere Behauptungen stellen die SPÖ und ihr nahe Einrichtungen wie die Arbeiterkammer, Gewerkschaften oder das von der Arbeiterkammer mit 900.000 Euro im Jahr finanzierte Momentum Institut immer wieder im Hinblick auf den Wahlkampf auf. Mit diesen sollen Emotionen hervorgerufen werden, die letztendlich zu Stimmen für die SPÖ konvertiert werden sollen. Darauf, ob die Aussagen überhaupt so stimmen, wird kein Wert gelegt. Man könnte es Populismus nennen. Es gibt jedoch einen treffenderen Ausdruck dafür: wirtschaftliche Fake News.
Sieht man sich die Argumente und Zahlen, die in diesen Aussagen verbreitet werden, genauer an, so zeigt sich oft, dass hierbei absichtlich und/oder unabsichtlich die Inhalte falsch wiedergegeben werden. In Wirklichkeit zeigt die Analyse der diversen wirtschaftlichen Fake News, die im Wahlkampf für Stimmenfang verwendet werden, dass die Bewohner:innen von Österreich sich mehr Optimismus und Zufriedenheit erlauben können. Denn vieles im Land ist weit besser als in der öffentlichen Wahrnehmung.
1. Ein Prozent besitzt 50 Prozent des Vermögens
Die SPÖ behauptet auf ihrer Website, dass das reichste Prozent der Bevölkerung 50 Prozent des gesamten Vermögens in Österreich besitzen würde. Diese Zahl verwundert – denn diese extreme Vermögensverteilung würde selbst die USA in den Schatten stellen. Man fragt sich, wo SPÖ, AK, Gewerkschaften und das Momentum Institut diese Zahl eigentlich herhaben. Denn die OECD oder die World Inequality Database kennen für Österreich wesentlich geringere Werte, die sich ca. im Bereich von 22 bis 26 Prozent bewegen.
Die Behauptung, die hier aufgestellt wird, stammt angeblich aus einer Studie der Oesterreichischen Nationalbank. Ihre Daten weisen darauf hin, dass das oberste Prozent der Vermögenden „möglicherweise bis zu“ 50 Prozent des gesamten Vermögens besitzt, je nach getroffenen Annahmen. Und an den Annahmen scheitert diese Aussage: Während die Studie nahelegt, dass die tatsächliche Vermögenskonzentration höher als 25 Prozent ist, sagt diese Studie nicht wirklich aus, dass die tatsächliche Zahl 50 Prozent betragen könnte.
Eine Studie mit dem Namen „A new instrument to measure wealth inequality: distributional wealth accounts“ verwendet hierzu eine Methodik, die in Fachkreisen nur bedingt als seriös gilt und hochgradig ungenau sein kann – die Pareto Estimation. Gleichzeitig ist die zugrunde liegende Datenlage schlecht: Der 50-Prozent-Wert findet sich überhaupt nur in einer Sensitivitätsanalyse. Darin wird die Frage gestellt, wie sich die Verteilung von Vermögen verändert, wenn man unterschiedliche Annahmen trifft. Die SPÖ bedient sich hierbei jener Zahl, die herauskommt, wenn man eine vollkommen unrealistische Annahme trifft.
Nur mit dieser Voraussetzung erreicht Österreich beinahe die höchste Ungleichverteilung, die überhaupt möglich ist. Dieser Extremwert ist nur dazu da, um Veränderungen bei den Annahmen zu zeigen. Die SPÖ erschafft daraus die Falschinformation, dass ein Prozent der Bevölkerung 50 Prozent des Vermögens besitzt. Und sie tut dies entgegen den Wünschen der Autor:innen der Studie, die gleich an mehreren Stellen davor warnen und davon abraten, ihre Zahlen einfach zu übernehmen.
2. Österreichs niedrige vermögensbezogene Steuern
Österreich ist ein Hochsteuerland. Im Laufe des Jahres 2023 haben wir es „geschafft“, erneut den dritten Platz der höchsten Steuer- und Abgabenbelastung der Europäischen Union zu erreichen. Mit einer Steuer- und Abgabenquote von 43,2 Prozent des BIP gibt es vor uns nur noch Frankreich und Belgien. Der Durchschnitt der zehn reichsten Länder der EU liegt bei einer spürbar geringeren Steuer- und Abgabenquote von 40,28 Prozent. Österreich besteuert generell also hoch – wie kann es daher sein, dass wir so weit hinten bei den vermögensbezogenen Steuern sind?
„Im Vergleich der 38 OECD-Mitgliedsstaaten belegt Österreich bei den Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern nur den fünftletzten Platz.“
Gerne wird in diesem Kontext ein OECD-Vergleich zwischen unterschiedlichen OECD-Ländern gezeigt, in dem Österreich den fünftletzten Platz in der Besteuerung von Vermögen einnimmt. Hier werden nicht nur Äpfel und Birnen miteinander verglichen – sondern ein internationaler Obstkorb.
Denn Steuersysteme und Klassifikationen von Steuern sind nun mal oft sehr verschieden. Ein genauerer Blick in die Daten zeigt, dass es sich hierbei primär um Unterschiede in der Höhe der Grundsteuer handelt, also Steuern auf den Besitz von Immobilienvermögen. Österreich ist jedoch ein Land, das Erträge, die aus Vermögen heraus erzeugt werden, relativ hoch besteuert. Das ist im OECD-Vergleich allerdings nur schwer ersichtlich.
Der Vergleich zeigt nur, dass Österreich im internationalen Vergleich geringe Grundsteuern hat. Zur Grundsteuer muss man zudem wissen, dass diese in vielen Fällen nicht wirklich von den Immobilieneigentümer:innen selbst bezahlt wird, sondern von diesen auf die Mieter:innen der Immobilien überwälzt wird. So kommt es beispielsweise dazu, dass die USA als Land gelten, das durch die „Property Tax“ hohe vermögensbezogene Steuern ausweist – in Wahrheit werden diese Steuern aber zu einem hohen Anteil von den Mieter:innen der Immobilien bezahlt. Der internationale Vergleich kann daher falsche Rückschlüsse erzeugen. Oder für wirtschaftliche Fake News verwendet werden.
Die einzigen beiden Länder, die Vermögen hoch besteuern – so wie es Andreas Babler für Österreich fordert – sind Luxemburg und die Schweiz. Bei beiden Ländern handelt es sich um kapitalstarke Niedrigsteuerländer mit einem sehr attraktiven Umfeld für Unternehmen. In einem solchen Umfeld kann man sich (niedrige) Vermögenssteuern erlauben. In einem Hochsteuerland ist das anders: Die OECD sagt selbst, dass Österreich keine Vermögenssteuer einführen sollte. Die Desinformation besteht darin, dass die SPÖ die Zusammensetzung der vermögensbezogenen Steuern verheimlicht und eine Vermögenssteuer für Österreich damit argumentieren möchte.
3. Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer
Diesen Satz hört man regelmäßig, und er wirkt glaubhaft. In der persönlichen Wahrnehmung ist es leicht, zu diesem Schluss zu kommen. Und in vielen Ländern der Welt stimmt dieser Satz auch: Eine wachsende Vermögensungleichheit, Menschen wissen nicht mehr, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, während die Reichen ein gutes Leben leben und ihren Reichtum vermehren. Sieht man sich die Zahlen jedoch genauer an, so scheint diese Vorstellung in der Realität gar nicht so ausgeprägt zu sein. In Österreich sollte man sogar stattdessen sagen: Die Reichen werden immer reicher, genau wie die Armen.
Laut Daten der World Inquality Database lässt sich kein besonderes ausgeprägter Anstieg der Reichtumsverhältnisse des obersten Prozents oder der Top 10 Prozent der reichsten Menschen im Land nachweisen. Vielmehr zeigt sich eine beinahe gerade Linie, sowohl bei Einkommen als auch bei Vermögen innerhalb der 10 Prozent der reichsten Haushalte. Signifikant erscheint, dass die unteren 50 Prozent seit 2010 ebenso einen Anstieg ihres Vermögens erlebten: Einkommen variieren stärker, aber auch diese halten sich in einem Maß. Dass die Reichen immer reicher werden, lässt sich aus diesen Daten nur zu einem sehr geringen Ausmaß festmachen.
Die World Inequality Database zeigt für Österreich eine nur gering ausgeprägte Veränderung der Vermögensverhältnisse. Besonders im internationalen Vergleich sticht Österreich mit einer funktionierenden Umverteilung und geringer Veränderung der Vermögenskonzentration hervor. In Zeiten hoher Inflation ist das beachtlich. Ebenso ist es beachtlich, dass sich der Anteil am Gesamtreichtum des Landes zwischen 2010 und 2022 von 0,8 Prozent auf 2,8 Prozent erhöht hat – um 350 Prozent. Conclusio: Die Armen werden immer reicher.
Das reichste Prozent ist tatsächlich eine Zeit lang anteilig reicher geworden. Diese Entwicklung korreliert stark mit den Rettungsmaßnahmen für den Euro und der damit einhergehenden Erhöhung der Geldmenge. Dieses Geld wanderte zu einem großen Teil in Aktien und Immobilien. Seit 2014 lässt sich jedoch kein signifikanter Anstieg des Anteils mehr erkennen, den das oberste Prozent Österreichs am Gesamtreichtum besitzt. Mit dem aktuellen Preisrückgang bei Immobilien könnte der Trend vielleicht sogar rückläufig werden.
Eine Analyse des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria zeigt zudem, dass die Vermögenskluft in Österreich in Wirklichkeit schrumpft. Der Anteil der oberen 10 Prozent in Relation zu den unteren 50 Prozent des Kuchens sinkt seit mehreren Jahren. Die Umverteilung und der ausgeprägte Sozialstaat in Österreich scheinen also bereits sehr gut zu funktionieren. Für wirtschaftliche Fake News zu einer angeblich grassierenden Vermögenskonzentration gibt es für das Land Österreich keine Basis.
4. Eine Vermögenssteuer würde Österreich über 5 Milliarden Euro bringen
Bei keinem Thema, das die SPÖ in den Wahlkampf einbringt, werden mehr wirtschaftliche Fake News verwendet als bei der Vermögenssteuer. Sie würde mindestens 5 Milliarden Euro einbringen. Niemand außer den reichsten 2 Prozent der Haushalte wäre von ihren Auswirkungen betroffen. Viele andere Länder hätten diese Steuer ja auch. Und überhaupt: Kapitalflucht ist vernachlässigbar. Nur durch die Vermögenssteuer zahlen die Reichen endlich einen fairen Anteil.
Über die falschen Argumente für eine Vermögenssteuer haben wir schon oft geschrieben: Von den 27 EU-Staaten hebt bis auf Spanien kein einziges Land diese Steuer ein, wer sie ausprobiert, schafft sie in der Regel bald wieder ab. Die Begründung für sie basiert meist auf Populismus. Außerdem kann die SPÖ nicht erklären, wie sie auf Einnahmen von 5 bis 6 Milliarden Euro pro Jahr kommt, wenn Frankreich mit einer fast identen Steuern nur 5,2 Milliarden einnahm – ein Land mit 7,5-mal so vielen Einwohner:innen und einem Drittel mehr Millionär:innen.
Das Wirtschaftsforschungsinstitut EcoAustria untersuchte kürzlich die Auswirkungen, die eine Vermögenssteuer auf Österreich hätte. Es zeigt sich erneut, dass diese Steuer nicht hält, was sie verspricht, und viele Probleme erzeugt. Durch die negativen Effekte auf Kapital, Beschäftigung und Wirtschaftswachstum bleiben von den erträumten 5 Milliarden Euro bald nur noch 2 Milliarden übrig. Die negative Beschäftigungs- und Lohnentwicklung trifft auch Menschen, die diese Steuer gar nicht bezahlen würden. Mit dem Wissen gewappnet, dass 5 Milliarden Euro Steuereinnahmen durch eine Netto-Vermögenssteuer in Österreich vollkommen unrealistisch sind, zeigt die Analyse von EcoAustria, dass die Vermögenssteuer sehr wahrscheinlich insgesamt mehr kosten würde, als sie einbringen würde.
5. Die NEOS wollen das 13. und 14. Gehalt abschaffen
Das Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird von Arbeiterkammer und Gewerkschaften gerne zur Selbstvermarktung verwendet, ist aber ansonsten international sehr unüblich: Arbeitnehmer:innen erhalten einen Teil ihres Lohns oder Einkommens erst zu zwei bestimmten Zeitpunkten im Jahr. Sie geben ihren Arbeitgeber:innen bis dahin also quasi ein zinsloses Darlehen bis zur Auszahlung. Gleichzeitig ist es für Arbeitgeber:innen unnötig aufwendig und kostspielig, das 13. und 14. Gehalt inklusive komplexer Zusatzregeln extra zu berechnen und auszuzahlen.
Warum also nicht auf zwölf einheitliche Zahlungen umsteigen und den steuerlichen Vorteil der beiden Zusatzgehälter insgesamt beibehalten? Mathematisch ergibt sich dadurch mehr Geld für sämtliche Arbeitnehmer:innen des Landes. Denn wenn das zinslose Darlehen erst zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlt wird, ist es der Inflation stärker ausgesetzt und kann auch ansonsten nicht verwendet werden. Für Österreich ist dieser Effekt besonders stark, da wir es vollbracht haben, eine international vergleichsweise besonders hohe Inflationsrate zu erreichen.
„Die Neos haben gestern in der Zeitung heute gefordert, dass das Urlaubs- und Weihnachtsgeld abgeschafft und auf 12 Monate aufgeteilt werden soll. Was sie dabei verschweigen: Das wäre auch das Ende des Steuervorteils.“
Was daran falsch ist: Die Vereinigung Unternehmerisches Österreich, kurz UNOS, fordert eine Abschaffung des 13. und 14. Monatsgehalts (Jahressechstel) bei gleichzeitiger Beibehaltung des Steuervorteils beider Gehälter, aufgeteilt auf zwölf Monate. Um dem politischen Gegner schaden zu können, wurden hier sofort die Fake News in die Welt gesetzt, dass die Eingliederung und Anpassung auf zwölf Zahlungen auch den steuerlichen Vorteil der beiden Zusatzgehälter abschaffen soll. Ausgerechnet die wirtschaftsliberalen NEOS würden plötzlich für höhere Steuern eintreten.
Die Gewerkschaft, die gerne so tut, als würde sie uns damit Urlaub und Weihnachten finanzieren, verschweigt den Passus „ohne dass der steuerliche Vorteil verloren geht“. Vonseiten der SPÖ und Arbeiterkammer wurden diese wirtschaftlichen Fake News sofort wild verbreitet. Eine sinnvolle Diskussion sollte gar nicht erst stattfinden. Ein schlechter Stil, der Arbeitnehmer:innen schadet. Denn aufgrund der (hohen) Inflation ist es für Arbeitnehmer:innen vorteilhaft, mehr Anteile des 13. und 14. Gehalts möglichst früh zu erhalten.
6. Fast 15 Prozent sind armutsgefährdet
Ganze 15 Prozent der Bevölkerung des Landes seien aktuell armutsgefährdet – und das in einem Land mit einer Staatsquote von 52,4 Prozent und einem der größten Pro-Kopf-Sozialstaaten der Welt. Das Problem an der angeblichen Armutsgefährdung ist die Berechnungsweise. Diese lässt kaum zu, dass die damit berechnete, angebliche Armutsgefährdung jemals sinkt. Es wird ganz einfach ausgesagt, dass jede:r, der oder die zum beobachteten Zeitpunkt weniger als 60 Prozent des Median-Pro-Kopf-Haushaltseinkommens des Landes verdient, automatisch als armutsgefährdet gilt.
Armutsgefährdung ergibt sich für einen Einpersonenhaushalt ab ca. 1.400 Euro Nettoeinkommen und für eine Familie mit zwei Kindern ab ca. 2.900 Euro netto. Einberechnet werden hier beispielsweise auch Söhne von Millionär:innen, die gerade studieren. Selbst wenn alle Österreicher:innen in Schlössern leben würden und auf Bergen aus Geld schlafen würden, wären jene Menschen mit kleineren Geldbergen mathematisch „armutsgefährdet“. Diese Gefährdung sinkt mathematisch so gut wie nie merkbar – und ist mit 1,3 Millionen Menschen gleichzeitig viel zu hoch bemessen.
Die sogenannte erhebliche materielle und soziale Benachteiligung in Österreich beträgt zum Glück nur 2,3 Prozent im Jahr 2022. 5,7 Prozent der Haushalte in Österreich gelten im selben Jahr als Haushalte mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität. Hinter diesen Zahlen stehen Menschen, die von Österreichs gut funktionierendem Sozialstaat aufgefangen werden. Die Behauptung, dass ganze 15 Prozent der Bevölkerung akut armutsgefährdet wären, ist nicht angemessen. Besonders nicht, wenn diese für Wahlkampfzwecke missbraucht wird.
7. Lohnnebenkosten senken = Sozialabbau
In der Diskussion um die Lohnebenkosten erleben wir, wie mit wirtschaftlichen Fake News nur so um sich geworfen wird. Sie werden als Vernebelungstaktik verwendet, da es sich in Österreich viele Menschen mit Budgets, erzeugt aus Lohnebenkosten, gemütlich gemacht haben. Die diversen Bürokratien innerhalb dieses Bereichs verfolgen ihre eigenen Interessen und betreiben dabei aktiv Budgetmaximierung. Auf die Kritik an der im internationalen Vergleich hohen Lohnnebenkosten-Belastung wird daher auffällig stark reagiert.
„Wer die Lohnnebenkosten senken möchte, setzt den Rotstift bei Sozialleistungen für Beschäftigte an.“
So wird schnell die Frage in den Raum gestellt, was man denn kürzen oder abschaffen will, um die Lohnnebenkosten zu senken. Fakt ist: Wir könnten 8,4 bis 8,8 Prozent der Lohnnebenkosten senken, ohne dass es für die Arbeitnehmer:innen zu spürbarem Leistungskürzungen käme. Denn in den Lohnnebenkosten finden sich Dinge, die dort nicht wirklich hingehören: Besonders bei der Wohnbauförderung muss sich die Frage gestellt werden, ob es sozial gerecht ist, dass alle Arbeitnehmer:innen im Lande die Wohnbauförderung finanzieren, jedoch nur manche davon profitieren. Zumal die Wohnbauförderung nicht zweckgebunden ist und ca. die Hälfte der Wohnbauförderung ins Budget der Länder wandert. Auch die Kulturförderung, die Kommunalsteuer oder der Familienlastenausgleichsfonds gehören nicht wirklich in die Lohnnebenkosten.
Man kann aber auch argumentieren, dass in den anderen Bereichen der Lohnnebenkosten eingespart werden kann, ohne dass es zu Leistungskürzungen für die Bevölkerung kommt: Je mehr Geld zur Verfügung steht, desto mehr und kreativere Wege entstehen, wie dieses Geld eingesetzt werden könnte. Ein Budget besteht jedoch immer aus vielen unterschiedlichen Positionen, und kein Budget der Welt ist nicht an irgendeiner Stelle problemlos kürzbar. Die Lohnnebenkosten in Österreich liegen mit 7,3 Prozent des BIP weit über dem OECD-Schnitt von 4,4 Prozent. Davon würde Österreichs Wettbewerbsfähigkeit wesentlich profitieren – und damit auch die Arbeitnehmer:innen.
Wir erleben hier ein Washington-Monument-Syndrom (auch als Mount-Rushmore-Syndrom bekannt). Dabei handelt es sich um eine politische Taktik, die von staatlichen Institutionen angewendet wird, wenn sie mit Budgetkürzungen konfrontiert sind. Die Strategie besteht darin, als Reaktion auf potenzielle Budgetkürzungen mit der Drohung, möglichst sichtbare oder unter der Bevölkerung wertgeschätzte Dienstleistungen, zuallererst zu streichen. Im Falle des amerikanischen National Park Service konnte dieser, als er mit Budgetkürzungen konfrontiert war, plötzlich den Zugang zum Washington Monument und Mount Rushmore nicht mehr leisten.
8. Hohe Steuern auf Arbeit und Konsum
„80 von 100 Steuereuros stammen von Arbeit und Konsum. Wer täglich arbeiten geht, trägt viel bei. Nur drei von 100 Euro kommen hingegen von vermögensbezogenen Steuern.“
Vom SPÖ-nahen und mit Gebühren der Arbeiterkammer finanzierten Momentum Institut stammt die Aussage, dass Österreichs Steuersystem so funktionieren würde, dass 80 Prozent der Steuern in Österreich durch Arbeit und Konsum zustande kommen. Gemeint ist beim Faktor Arbeit primär die Lohn- und Einkommensteuer. Vereinfacht gesagt würde die Hauptlast der Steuerbeiträge in erster Linie von den Erwerbstätigen getragen werden. 80 von 100 Euro, die an Steuern eingenommen werden, kommen aus Arbeit und Konsum. Nur sechs Euro stammen aus den Gewinnen von Unternehmen, und lediglich vier Euro sind auf Einnahmen aus Grundbesitz und Kapitalerträgen zurückzuführen. Die Einführung einer Vermögenssteuer wäre daher notwendig sei, um dieses scheinbare Ungleichgewicht zu korrigieren.
Das Problem an dieser Aufstellung: Die Lohn- und Einkommensteuer besteuert aber nicht nur Arbeit, sondern eine Vielzahl von Einkunftsarten in Österreich. Darunter zu finden sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Pensionszahlungen, bestimmte Spekulationsgewinne, bestimmte Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, manche Veräußerungsgewinne etc. Dass ausgerechnet von SPÖ-Seite behauptet wird, dass sämtliche besteuerten Einkünfte von Österreichs Vermieter:innen durch Arbeit erzeugt werden, ist kreativ. Darüber hinaus wird ignoriert, dass Reiche ebenso Konsumsteuern bezahlen.
Es handelt sich hierbei erneut um wirtschaftliche Fake News, die ein Gefühl der Ungerechtigkeit für den Wahlkampf erzeugen sollen. Warum Ökonom:innen des Momentum Instituts diesen offensichtlich falschen Vergleich wieder und wieder verwenden, lässt sich nicht ergründen.
Fazit
Wenn es um Wirtschaftspolitik geht, sind die SPÖ und ihre Vorfeldorganisationen nicht immer ehrlich. Sie interpretieren Daten manipulierend, um im Land eine klassenkämpferische Stimmung zu erzeugen, die ihr Wählerstimmen bringt. Ihre Behauptungen halten aber nur selten einem Faktencheck stand.
Im Gegenteil zeigt sich oft, dass Österreich ein gut funktionierendes Land ist, in dem die bestehende Umverteilung bereits sehr ausgeprägt ist. Für Alarmismus über angebliche hohe Armutszahlen und extreme Ungleichverteilung ist in Österreich kein Platz. Das gilt besonders, wenn es sich dabei nur ganz einfach nur um wirtschaftliche Fake News seitens SPÖ und SPÖ-nahen Einrichtungen handelt.
LUKAS LEYS ist Unternehmer, Gründer des Legal-Tech-Startups kontractory und Betreiber der Plattformen immobily.io, mietrecht.ai und gmbh.legal. Ihn treibt ein starkes Interesse am technologischen Fortschritt und an den gesellschaftlichen Auswirkungen, die diese mit sich bringen wird. Sein Schwerpunkt liegt auf Blockchain-Technologie, Smart Contracts und dem Metaverse.