Fußball: Jogo do dinheiro, Das Spiel des Geldes
Zu Zeiten von Pelé und Maradona sprach man bei Fußball noch vom „schönen Spiel“. Heute klingt Jogo bonito wie eine Geschichte, die es so nicht mehr geben kann.
Früher war Fußball in jeder Hinsicht einfacher. Die Taktik war nicht hochkompliziert und komplett durchgeplant, die Spieler waren nahbarer als Popstars, und die Vereine mussten nicht jeden Sommer Hunderte von Millionen auf den Tisch legen, um eine Chance auf gute Spieler zu haben. Der Grund dafür ist, dass Fußball immer mehr zu einem Spiel des großen Geldes geworden ist. Ein Rückblick.
Die Geburt und die Entwicklung
Die ersten Vorformen des Fußballs wurden im alten China gespielt: Schon vor rund 4.000 Jahren wurde dort mit einem runden Leder gekickt. Mehr Ähnlichkeiten gab es aber nicht. Als echte Geburtsstunde des modernen Fußballs gilt das 19 Jahrhundert in England. Im Jahr 1846 schrieben Studenten aus Cambridge die ersten Regeln für das Spiel auf. Der Sport entwickelte sich rasant: So wurde bald das Abseits eingeführt, das noch heute neue Fußball-Fans anfangs verwirrt, erste Vereine und der erste Fußballdachverband folgten – die heute noch bestehende „FA“. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam der Sport auf den europäischen Kontinent – auch hier verbreitete er sich, und auch in Österreich entstanden schnell erste Vereine.
Am 1. Mai 1904 wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Fußballs eine Ablösesumme für einen Spieler gezahlt: Der Nordire Bill McCracken wechselte von Lisburn FC nach Newcastle. Auf heute umgerechnet kostete er 70 Euro. Über die Jahrzehnte stiegen die Summen nach und nach an, bis 1973 zum ersten Mal mehr als eine Million Euro für einen Spieler gezahlt wurde: Die niederländische Legende Johan Cruyff wechselte für eine Million Euro von Ajax Amsterdam zum FC Barcelona. Die Transfersummen stiegen weiter an, aber bis 2003 ragte kein Verein besonders heraus. Bis Roman Abramowitsch kam.
Roman Abramowitsch, der Erste seiner Art
Der russische Oligarch war zwar nicht der Erste, der in einen Fußballverein investierte – aber der Erste in seiner Größenordnung. In seinen 19 Jahren beim FC Chelsea gab der Russe insgesamt 2 Milliarden Euro aus. Eine bis dahin unvorstellbare Summe. Doch Abramowitsch und seine Blues gaben jeden Sommer noch mehr Geld aus. Auch wenn der Verein aus London schon eine lange Tradition hat, so richtig erfolgreich wurde er erst mit Roman Abramowitsch. Im Sommer 2003 wurden zum ersten Mal in der Geschichte 100 Millionen Euro von einem Verein ausgegeben, im Jahr darauf gleich noch einmal.
Problematisch an der Übernahme durch Roman Abramowitsch ist die Art und Weise, wie er zu seinem Geld gekommen ist: Ohne korrupte Deals bei der Renovierung des Kremls hätte der FC Chelsea nie seinen Investor gefunden und wohl nie zahlreiche Titel gewonnen. Seit Abramowitschs Übernahme haben die Blues immerhin 5-mal die Premier League, 5-mal den FA-Cup und 2-mal die Champions League gewonnen.
Die Rolle Katars im Weltfußball
Heute spricht man bei „Big Money“ nicht nur vom FC Chelsea, sondern auch von zwei Vereinen, die vor zehn Jahren nicht viel unterschiedlicher hätten sein können: FC Barcelona und Paris Saint-Germain. Damals hatten die Katalanen gerade zwei Meistertitel gewonnen, und das mit dem vielleicht schönsten Spielstil der Geschichte: „Tiki-Taka“ und der FC Barcelona wurden zu untrennbaren Begriffen, die auch über die spanische Liga hinaus in die Nationalmannschaft strahlten. Als wichtige Offensivachsen ausfielen, suchte „Barca“ 2013 einen neuen Flügelspieler – und landete beim brasilianischen Star Neymar Jr. Er wechselte um schlappe 88 Millionen Euro vom FC Santos nach Spanien. Ausstiegsklausel: 222 Millionen Euro – eine Summe, von der niemand annehmen konnte, dass sie jemals bezahlt werden würde.
Doch als Paris Saint-Germain, oder kurz PSG, 2017 auf der Suche nach einem neuen Superstar war, wurden sie bei ebendiesem Neymar fündig. Die 222 Millionen, die nach Barcelona flossen, katapultierten den Transfermarkt in unvorstellbare Dimensionen. Seitdem sind 100-Millionen-Transfers keine Seltenheit mehr, sondern finden fast jährlich statt. Finanziert wird dieses Geld aus Katar, dem Gastgeberland der letzten Männer-Fußball-WM – die wiederum Lionel Messi, den siebenfachen Weltfußballer, von PSG als Werbegesicht hatte. Denn PSG gehört wie viele andere Namen im Fußball zu „Qatari Sports Investments“ und ist damit ein Werkzeug der Außenpolitik Katars. Im Finale standen sich mit Kylian Mbappé und Lionel Messi zwei Starstürmer des Pariser Vereins gegenüber. Ein voller Erfolg für eine Weltmeisterschaft, die durch Bestechung in den Wüstenstaat kam.
Symbolbild, produziert mit Midjourney AI
Die „Super League“ des Geldes
Paris Saint-Germain, Real Madrid, Juventus Turin – all diese Vereine stehen mittlerweile für hohe Ausgaben. Aber dieser Trend hat nicht nur Auswirkungen auf den Transfermarkt, sondern auch auf die Klubs selbst. So gab es die Pläne einer „Super League“, in der die finanzstärksten Vereine Europas nur noch gegeneinander spielen sollten. Viele der beteiligten Klubs litten seit Jahren unter hohen Schulden, ihre Führungsebenen schielten auf noch mehr Geld durch TV-Lizenzen einer Top-Liga. Die Pläne scheiterten nicht zuletzt am Widerstand der Fußballwelt und der Fans.
Heute könnte man aber sagen, dass es trotzdem eine Super League gibt: Die englische Premier League, deren Klubs nur selten finanzielle Probleme hatten. Dass sich in den letzten Jahren etwas verändert hat, zeigen die Zahlen: In den Transferperioden des vergangenen Sommers und Winters erzielten die Top-5-Ligen eine relativ ähnliche Gesamtbilanz aus Einnahmen und Ausgaben. Die französische Ligue 1 erzielte ein Plus von 92 Millionen, die deutsche Bundesliga ein Plus von 52 Millionen, die italienische Serie A ein Plus von 27 Millionen und die spanische La Liga ein Minus von 47 Millionen. Allein die englische Premier League machte ein Minus von über 2 Milliarden. Die „Prem“ scheint mehr und mehr zum Monopol für gute Spieler zu werden: Im letzten Winter gab allein der FC Chelsea mehr Geld für neue Spieler aus als die anderen Top-4-Ligen zusammen.
Das erfolgreichere PSG
Auch wenn Paris Saint-Germain inzwischen durch das Geld aus Katar der französische Rekordmeister ist und in der Ligue 1 dominiert, so hat der Hauptstadtclub bisher noch nicht sein eigentliches Ziel erreicht: Die Champions League. Kein Vergleich mit dem Sieger der englischen Premier League: einem Verein, der ohne einen saudischen Investor nicht halb so erfolgreich wäre. Die City Football Group, die dem Emirat Abu Dhabi gehört, kaufte sich 2008 die Mehrheit der „Skyblues“, oder wie wir sie eher kennen: Manchester City.
Seither ging es steil bergauf für die „Citizens“: Seit dem Einstieg aus Abu Dhabi gewann City sieben Meisterschaften, drei FA-Cups und in diesem Jahr auch den Großen: die Champions League. Doch nur weil City mehr Erfolge zu feiern hat oder – wegen Trainer Pep Guardiola – einen schöneren Fußball spielt, sind sie aus Wettbewerbssicht kein Stück weniger problematisch. Und Fußball lebt schließlich vom Wettbewerb.
Mit Wettbewerb zum „schönen Spiel“
Grundsätzlich hat jeder das Recht, in Fußball zu investieren – finanzielle Freiheit mit eigenem Kapital ist ein hohes Gut. Und auch im Fußball sollte es kein Investitionsverbot geben.
Im Gegenteil: Investitionen haben den Fußball vorangebracht, und er ist heute so weit entwickelt wie nie zuvor. Aber es wird problematisch, wenn Fußball-Dachverbände wie die UEFA und die FIFA es zulassen, dass einflussreiche Personen aus menschenrechtsverletzenden Staaten oder solche Staaten selbst in Fußballclubs investieren. Oder wenn wichtige Turniere wie die WM und die EM in solchen Staaten stattfinden, nur um den Namen des Landes oder der Personen besser zu vermarkten.
Mit Fußball kann man keine Menschenrechte verbessern. Genauso inakzeptabel ist es, dass es eine Fußballliga auf der Welt gibt, die mit ihrem viel größeren Kapital alles aufkauft, was im Fußball einen Namen hat. Es braucht Grenzen, was Vereine und Ligen im Vergleich zu ihren Konkurrenten ausgeben dürfen. Damit es einen fairen Wettbewerb gibt – und ein schönes Spiel.