Das niederösterreichische Grundverkehrsgesetz
Wer in Niederösterreich in die Landwirtschaft einsteigen will, hat es nicht immer leicht. Grund dafür ist eine Regelung, die lang und sperrig formuliert ist: Das niederösterreichische Grundverkehrsgesetz, konkret § 6 (2). Unser Paragraph der Woche.
Die Grundverkehrsbehörde hat einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn es dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines leistungsfähigen Bauernstandes nicht widerspricht. Soweit ein solches Interesse im Einzelfall nicht besteht, ist die Genehmigung auch dann zu erteilen, wenn das Rechtsgeschäft dem Interesse an der Erhaltung, Stärkung oder Schaffung eines wirtschaftlich gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht. Die Genehmigung ist insbesondere nicht zu erteilen, wenn
1. der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist;
2. das Interesse an der Stärkung oder Schaffung eines oder mehrerer bäuerlicher Betriebe das Interesse an der Verwendung aufgrund des vorliegenden Vertrages überwiegt;
3. Gründe zur Annahme vorliegen, dass eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des land- und forstwirtschaftlichen Grundstücks nicht zu erwarten ist oder dass dieses ohne wichtigen Grund der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen wird oder
4. die Gegenleistung den ortsüblichen Verkehrswert ohne ausreichende Begründung erheblich übersteigt.
Hinter diesem etwas technischen Paragraphen versteckt sich eine Rechtsvorschrift, die vor allem neue landwirtschaftliche Betriebe in Niederösterreich behindern kann.
Denn die Behörde, die darüber entscheidet, ob z.B. ein brach liegender Grund von neuen Interessent:innen genutzt werden darf, hat laut § 1 die „Erhaltung, Stärkung und Schaffung einer leistungsfähigen bäuerlichen Land- und Forstwirtschaft entsprechend den natürlichen und strukturellen Gegebenheiten des Landes Niederösterreich“ zu berücksichtigen.
Was heißt das? Beim Geschäft mit Grund und Boden muss immer auch das Interesse der Landwirtschaft berücksichtigt werden. Was das niederösterreichische Grundverkehrsgesetz unter „natürliche und strukturelle Gegebenheiten“ versteht, ist wiederum Auslegungssache.
Beim Verfahren kommt es übrigens nach § 23 des Gesetzes mehreren Institutionen Parteienstellung zu, die ganz klar Interessensvertretungen sind: Je nachdem, was mit dem Grund genau getan werden soll, sind die Arbeiter-, Wirtschafts- oder Landwirtschaftskammer dabei.
Wer z.B. einen Hof übernehmen will, hat durch dieses Gesetz eine absurde Situation: Die niederösterreichische Bauernschaft kann neuen Landwirt:innen nämlich das Recht versagen, einen Grund zu erwerben. Ein Gesetz, das Besitzstandwahrung festschreibt.